Eine Herner Schreckenschronik von 1795: Unterschied zwischen den Versionen

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Es war also ein sehr unrühmliches Ende, das Preußens Krieg gegen das revolutionäre Frankreich genommen hatte. Es überließ die übrigen deutschen Landesteile (bes. Süddeutschland) ihrem Schicksal, trat das eigene linksrheinische Gebiet ab und ließ sich dafür von den Franzosen spätere Entschädigungen auf der rechten Rheinseite (natürlich auf kosten anderer deutscher Fürsten) versprechen. Der preußische König hatte also wenig Berechtigung, nach dem Friedensschluß von Basel, wie unsere Chronik berichtet, ein großes Friedensfest anzuordnen. Der Psalm 100, der den Predigten zugrundegelegt werden sollte, ist ein Dankpsalm, wie auch Jsaias 12 Vers 6 lautet: „Jauchze und juble, Bürgerschaft Zion; denn groß ist in deiner Mitte der Heilige Israels“.
Es war also ein sehr unrühmliches Ende, das Preußens Krieg gegen das revolutionäre Frankreich genommen hatte. Es überließ die übrigen deutschen Landesteile (bes. Süddeutschland) ihrem Schicksal, trat das eigene linksrheinische Gebiet ab und ließ sich dafür von den Franzosen spätere Entschädigungen auf der rechten Rheinseite (natürlich auf kosten anderer deutscher Fürsten) versprechen. Der preußische König hatte also wenig Berechtigung, nach dem Friedensschluß von Basel, wie unsere Chronik berichtet, ein großes Friedensfest anzuordnen. Der Psalm 100, der den Predigten zugrundegelegt werden sollte, ist ein Dankpsalm, wie auch Jsaias 12 Vers 6 lautet: „Jauchze und juble, Bürgerschaft Zion; denn groß ist in deiner Mitte der Heilige Israels“.


Das, was uns jedoch über dieses staatspolitische Geschehen hinaus örtlich am meisten interessiert, ist die Schilderung der '''furchtbaren Ruhrepidemie''' in unserer Heimat. Wir haben die Masthoffschen Angaben in den '''Herner Kirchenbüchern''' im wesentlichen bestätigt gefunden. Danach setzte die Ruhr, die in den alten Kirchenbüchern mit „Dissenterie“ bezeichnet wird, tatsächlich gleich nach Jacobi 1794 ein, denn der erste starb an dieser Seuche am 28. Juli. Im Oktober klang sie ab, der November brachte nur noch zwei Tote. Insgesamt bezeichnen die Kirchenbücher einundvierzig Tote, die in dieser Zeit an „Dissenterie“ starben. Wenn unser Chronist von über sechzig spricht, so hat er wahrscheinlich auch noch solche hinzugerechnet, deren Tod eine andere Ursache hatte. Immerhin war es ein fruchtbares Sterben fast Tag um Tag. Das erhellt am besten aus folgender Aufstellung der damals an „Dissenterie“ gestorbenen Herner.
Das, was uns jedoch über dieses staatspolitische Geschehen hinaus örtlich am meisten interessiert, ist die Schilderung der '''furchtbaren Ruhrepidemie''' in unserer Heimat. Wir haben die Masthoffschen Angaben in den '''Herner Kirchenbüchern''' im wesentlichen bestätigt gefunden. Danach setzte die Ruhr, die in den alten Kirchenbüchern mit „Dissenterie<ref>Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Dysenterie</ref>“ bezeichnet wird, tatsächlich gleich nach Jacobi 1794 ein, denn der erste starb an dieser Seuche am 28. Juli. Im Oktober klang sie ab, der November brachte nur noch zwei Tote. Insgesamt bezeichnen die Kirchenbücher einundvierzig Tote, die in dieser Zeit an „Dissenterie“ starben. Wenn unser Chronist von über sechzig spricht, so hat er wahrscheinlich auch noch solche hinzugerechnet, deren Tod eine andere Ursache hatte. Immerhin war es ein fruchtbares Sterben fast Tag um Tag. Das erhellt am besten aus folgender Aufstellung der damals an „Dissenterie“ gestorbenen Herner.


==Er erlagen der Seuche:==
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In dieser zweiten Totenliste finden wir Familien wieder, die zwei Jahre vorher, 1794, auch schon einen Toten zu beklagen hatten (Z. B. Spickermann in Baukau, Trösken in Herne, Schulte zu Berge und Jacob in Herne). Von einer furchtbaren Nacht der Eltern berichtet auch die Eintragung über Grüter in Baukau, die zu gleicher Nachtstunde beide Söhne dahinsterben.
In dieser zweiten Totenliste finden wir Familien wieder, die zwei Jahre vorher, 1794, auch schon einen Toten zu beklagen hatten (Z. B. Spickermann in Baukau, Trösken in Herne, Schulte zu Berge und Jacob in Herne). Von einer furchtbaren Nacht der Eltern berichtet auch die Eintragung über Grüter in Baukau, die zu gleicher Nachtstunde beide Söhne dahinsterben.
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Version vom 26. August 2015, 11:56 Uhr

Der Originaltext/Artikel dieser Seite stammt von Leo Reiners. Dieser Text ist im Kontext der Entstehungszeit zu betrachten und kritisch zu hinterfragen, hat aber nach wie vor einen lokalgeschichtlichen Wert. Als historisches Dokument stellt er einen Diskussionsbeitrag dar, der heutige Sichtweisen bestätigen oder ergänzen kann. Er wurde ggf. von der Redaktion für dieses Wiki berichtigt und eingerichtet.
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Autor Leo Reiners
Erscheinungsjahr 1935

Eine Herner Schreckenschronik von 1795
Von Krieg, Seuche Hungersnot und Teuerung – Die Jahre nach der Französischen Revolution – „Zu wißen hiemit Erben und Nachkomen…“

„Kund und zu wißen sen hiemit Erben und Nachkommen, das 1792 des Frühlings der Erschrecklich blutvergießene Krieg mit Frankreich den Anfang genommen, wo der König, Friderich Wilhelm von Preußen mit seiner Arrme in Frankreich einrückte, wo ihnen aber die Franzosen den Kompas abgenommen, wo die Preußen in 5 tagen kein brot in ihrem munde gehabt haben, daß leuder Viele vor großer hungersnoth haben sterben müßen, wo sie eine unbeschreibliche menge Von menschen und Vieh Verloren haben, und haben sich im Jahr 1793 über den Reihn wieder zurück gezogen, wo im Jahr 1793, den 21ten Februwari das gericht über den König von Frankreich von seinen eignem Volke das haupt abgeschlagen worden ist, wo der König von Preußen der König von England und der Kaiser samt alle Reichs Churfürsten drey jahr Krieg geführet haben, warum sie sehr viel menschen blut haben aufopfern müßen, wo aber der friede 1795 den 5ten April ist von den Königlichen gesanten unterschrieben worden, Wo im jahr 1794 nach Jacobi, auch die böse ansteckende seuche und Krankheit nemlich die rothe Ruhr in etlichen gegenden starck regierete das in der hiesigen gemeine zu Herne binnen zwen monat zeit wurden über die 60 leuchen zur erde verscharret wurden, welche aus dieser zeutlichkeit in der Ewigkeit sind übergangen wo fast waren da 6 bis sieben auf einmal über Erden gestanden, wo viele häuser fast ler gestorben sind, da aber Endlich der weise gott dieses schicksal und große plage, von dem menschen hinwegnahm, da schickte gott die große theurung alhir daß fast die geringe menschen (= armen Leute) vor hunger haben sterben müßen wo das Schefel rogen 1794 von Michael bis weihnacht dren rt. (Reichstaler) kostet, und die haber 1 rt. 55 stb. (Stüber) und der weitzen 4 rt. Zehn stb. Kostet Wo die Theurung immer mehr und mehr aufgestiegen ist, 1795 den 5ten Mertz kostet das schefel rogen 5 rt. Und der weitzen 5 rt. 30 stb. und die gerste 3 rt. 36 stb. und die haber 2 rt. 36. 1 Tausend pfund heu kostet 21 rt. im diesem jahr stand auch der Frost dren monatlang immer aneinander weg, darnach den 1ten Men kostet das schefel rogen 6 rt. 30 stb. und die gerste 4 rt. 30 und die haber 4 rt. Da wurde die hungersnoth so groß das die geringe Menschen (= armen Leute) des nachts herum giengen und die leute um brod ansprechen mußten, das sie das liebe brod nicht mehr verdienen Konten, darnach starfete gott der Herr mit seiner ruthe, einige unsere benachbarten brüdern mit dem hagelschlag, in dem amte Bochum, dieses geschahe den 1ten Mey 1795. Dieses vorige Jahr wurde dadurch eine benachbarte Bauerschaft Hiltrop, gerte, und Harpen wurde in eine traurige Lage dadurch gesetzet, das ihnen daß Winterkorn alle kurtz geschlagen, und vernichtet wurde, dieses geschahe, in der Monat, Juny 1794. (Von hier ab ist die Schrift zwar die derselben Hand, aber doch um so viel anders, daß man das Folgende als späteren Zusatz erkennt.) 1795 Den 31. Mey wird daß Friedenfest von seiner Königlichen Majestät Von Preußen anbefohlen zu feyren, wo der text genommen ist aus dem 100 Psalm Davids v. 4. 5. Jesaia 12. Vers 6. Wo der Friede zwischen dem französischen Natzionalkonvent, Und dem König von preußen den 5ten April in der Stadt Basel ist völlig gemacht worden, den die hungersnoth wurde so groß daß in paris und Frankreich die menschen täglich 3 loth brod wurde zugeleget. Das sich die Eltern von dem geschrey ihrer Kinder rißen, und sich lebendig ersäufeten, Den 28ten Mey kostet daß schefel weitzen 8 rt. 40 stb. daß schefel rogen 7rt. 50 stb. daß schefel gerste 5rt. daß schefel haber 4 rt. 18 stb. in Frankfurter Curß bezahlet auf dem Markte zu Witten, mit wahrheit gekostet hat, alhier mußten die menschen nach der Stadt Hamm und Soest ihr brodform herhielten.“

Was hier „für Erben und Nachkommen“ aufgeschrieben wurde, weil es seiner Schrecklichkeit wegen dem Schreiber für alle Zeiten festhaltenswert erschien, fanden wir unter Familienpapieren des Bauern Masthoff (auf dem ehemaligen Klüseners Hof an der Bergstraße). Es ist ein doppelseitig beschriebenes Blatt, dessen Verfasser nicht genau feststeht. Entweder ist es Henrich Georg Vortmann gt. Masthoff, der 1776 die Witwe des 1775 verstorbenen Henrich Wilh. Masthoff, eine geborene Clas, heiratete, oder der Sohn aus erster Ehe, Johann Wilh. Masthoff, der später den Hof bekam. Der Verfasser schrieb, wie aus dem Text hervorgeht, den Hauptteil Anfang Mai 1795, denn er berichtet noch von dem Hagelschlag im Amt Bochum, der sich am 1. Mai 1795 ereignete. Der spätere Zusatz ist Ende Mai 1795 gemacht. Der Verfasser spricht nämlich von dem Friedensfest am 31. Mai als noch bevorstehend, notiert aber die Getreidepreise vom 28. Mai.

Was hat es nun mit dem in dieser Schreckenscronik Erzählten auf sich? Zunächst berichtet der Verfasser von der Französischen Revolution, die für die neue Geschichte das umwälzendste Ereignis gewesen ist. Er berührt allerdings nur die Enthauptung des französischen Königs (Ludwig XVI.), die er auf den 21. Februar 1793 verlegt, wärend sie in Wirklichkeit am 21. Januar 1793 erfolgte. Wichtiger zu berichten war ihm der Krieg mit Frankreich. Auf Drängen der gesetzgebenden Verfammlung, die auf die verfassunggebende Nationalversammlung 1791 gefolgt war, hatte sich im Jahre 1792 der König Ludwig XVI. zum Krieg mit dem deutschen Kaiser entschlossen. Wegen Begünstigung der Emigranten durch deutsche Fürsten - zahlreiche Adlige, darunter mehrere Prinzen des königlichen Hauses, waren ins Ausland, besonders in die Rheingegenden, geflohen; ein gleicher Versuch des Königs und seiner Familie war kurz vor der Grenze vereitelt worden - sowie wegen anderer Streitpunkte bestand schon länger ein Zerwürfnis zwischen Frankreich und den deutschen Fürsten. Preußen trat als Verbündeter Oesterreichs mit in den Krieg ein. Ein preußisches Heer rückte über die Grenze, und sein Befehlshaber, der Herzog von Braunschweig, veröffentlichte eine drohende Erklärung, in der er in einem nach dem Urteil der Historiker herausforderden Tone jede Kränkung und Beschimpfung des französischen Königs blutig strafen verhieß. Die Folge war, daß Ludwig XVI. jetzt vielen Franzosen als Verbündeter des Landesfeindes und Verräter Frankreichs galt. Es kam zu einem Pöbelsturm aufs Schloß, der König mußte mit seiner Familie in die Nationalversammlung flüchten, die ihn einstweilen der königlichen Gewalt enthob und mit seiner Familie im „Temple“ in Gewahrsam brachte. Gleichzeitig erzwang der Pöbel die Einsetzung eines neuen Gemeinderates in Paris, in dem so berüchtigte Männer wie Danton, Robespierre und Marat die Führung hatten. Die gesetzgebende Versammlung löste sich auf, in ganz Frankreich wurde für den „Nationalkonvent“ neu gewählt. Die Gegner wußte Danton durch die Septembermorde (mehr als 1000 als verdächtig verhaftete Royalisten wurden hingemordet) einzuschüchtern. Die erste Handlung des Nationalkonvents war die Ausrufung der Republik (21. September 1792), der einige Monate später die Hinrichtung des Königs und die grausige Herrschaft der Guillotine folgte.

Das alles hatte der Herzog von Braunschweig, übrigens ein Neffe des berühmten Generals im Siebenjährigen Kriege, mit seinen Drohungen nicht nur nicht verhindern können, sondern im Gegenteil noch gefördert. Er war mittlerweile mit den preußischen Truppen, die durch österreichische verstärkt waren, bis in die Argonnen vorgerückt. Hier aber hemmten schlechtes Wetter, grundlose Wege, Krankheiten, Schwierigkeiten in der Verpflegung (siehe unsere Chronik) und die Unentschlossenheit des Oberfeldherrn den Vormarsch. Bei Valmy stieß man auf das französische Heer. Der Herzog von Braunschweig wagte aber keine Schlacht, sondern trat nach einer erfolglosen Kanonade auf die französische Stellung den Rückzug nach dem Rhein an. Dagegen besiegten die Franzosen ein österreichisches Heer bei Jemappes in Belgien, ein anderes französische Heer drang aus dem Elsaß rheinabwärts vor und besetzte 1792 Mainz. Als in diese gefährliche Situation noch die Schreckensnachricht von der Hinrichtung des französischen Königs hineinplatzte, wurden die Engländer mobil. Auf Betreiben ihres Ministers Pitt vereinigten sich alle Nachbarmächte Frankreichs (England, Holland, Spanien und die kleinen italienischen Staaten samt Oesterreich und Preußen) zu einem großen Bunde gegen Frankreich. Es entstand der sog. Erste Koalitionskrieg,der am Niederrhein, in Süddeutschland und in Italien geführt wurde. In Frankreich wurden alle waffenfähigen Bürger bis zum Alter von 25 Jahren ausgehoben, die von jungen verwegenen Generalen (z.B. Bonaparte in Italien) geführt wurden. Das preußische Heer, das Mainz wiedererobert hatte, ging trotz mehrfacher Siege (bei Pirmasens und Kaiserslautern) Ende des Jahres 1794 über der Rhein zurück. Von da ab bis 1814 ist das linke Rheinufer in der Gewalt der Franzosen geblieben. Neue Wirren in Polen und das Mißtrauen Oesterreichs bestimmen bald darauf den preusischen König, mit Franreich den Sonderfrieden von Basel (1795) zu schließen, in dem Preußen seine linksrheinischen Besitzungen (Geldern, Mörs, einen Teil von Cleve) an Frankreich abtrat.

Es war also ein sehr unrühmliches Ende, das Preußens Krieg gegen das revolutionäre Frankreich genommen hatte. Es überließ die übrigen deutschen Landesteile (bes. Süddeutschland) ihrem Schicksal, trat das eigene linksrheinische Gebiet ab und ließ sich dafür von den Franzosen spätere Entschädigungen auf der rechten Rheinseite (natürlich auf kosten anderer deutscher Fürsten) versprechen. Der preußische König hatte also wenig Berechtigung, nach dem Friedensschluß von Basel, wie unsere Chronik berichtet, ein großes Friedensfest anzuordnen. Der Psalm 100, der den Predigten zugrundegelegt werden sollte, ist ein Dankpsalm, wie auch Jsaias 12 Vers 6 lautet: „Jauchze und juble, Bürgerschaft Zion; denn groß ist in deiner Mitte der Heilige Israels“.

Das, was uns jedoch über dieses staatspolitische Geschehen hinaus örtlich am meisten interessiert, ist die Schilderung der furchtbaren Ruhrepidemie in unserer Heimat. Wir haben die Masthoffschen Angaben in den Herner Kirchenbüchern im wesentlichen bestätigt gefunden. Danach setzte die Ruhr, die in den alten Kirchenbüchern mit „Dissenterie[1]“ bezeichnet wird, tatsächlich gleich nach Jacobi 1794 ein, denn der erste starb an dieser Seuche am 28. Juli. Im Oktober klang sie ab, der November brachte nur noch zwei Tote. Insgesamt bezeichnen die Kirchenbücher einundvierzig Tote, die in dieser Zeit an „Dissenterie“ starben. Wenn unser Chronist von über sechzig spricht, so hat er wahrscheinlich auch noch solche hinzugerechnet, deren Tod eine andere Ursache hatte. Immerhin war es ein fruchtbares Sterben fast Tag um Tag. Das erhellt am besten aus folgender Aufstellung der damals an „Dissenterie“ gestorbenen Herner.

Er erlagen der Seuche:

Datum Eintragung
am 28. Juli Georg Henrich Trösken in Herne, 5 Jahre alt,
am 31. Juli Maria Margar. Wittelmann (=Wietelmann) in den Altenhöfen, 22 Jahre alt,
am 1. Aug. Anna Marg. Knop in den Altenhöfen, 31 Jahre alt,
am 3. Aug. Joh. Rötger Kielmann in den Altenhöfen, 31 Jahre alt,
am 10.Aug. Joh. Georg Schlingermann in Herne, 9 Jahre alt,
am 11.Aug. Anna Gertrud Voskühler in Herne, 66 Jahre alt,
am 12.Aug. Anna Marg. Witwe Graeve in den Altenhöfen, 85 Jahre alt,
am 14.Aug. Anna Maria Hartmann aus dem Dippenbruch, Kirchspiels Wanne-Eickel, so sich seit halben Jahr bei dem Henrich Georg Coelhoff auf der Riemker Foede aufhielt, 60 Jahre alt,
am 14.Aug. Anna Marg. Breilmann Ehefrau Dux in Herne, 53 Jahre alt,
am 15.Aug. Cath. Gertrud Düppe auf der Riemker Foede, 7 Jahre alt,
am 15.Aug. Engel Serbruch Witwe Veihoff in Herne, 76 Jahre alt,
am 15.Aug. Anna Marg. Kremer in Herne, 12 Jahre alt,
am 16.Aug. Johann Diederich Sengerhoff bei Herne, 6 Jahre alt,
am 19.Aug. Died. Henrich Grüter gt. Ruhe in Herne, 34 Jahre alt,
am 20.Aug. Joh. Wilh. Jacob, 60 Jahre alt,
am 22.Aug. Joh. Henrich Nölle modo Clas am Stamm, 11 Jahre alt,
am 24.Aug. Joh. Died. Wiesmann, der seit viellen Jahren bei Died. Overkamp in Herne als Knecht gewohnt, 63 Jahre alt,
am 24.Aug. Johann Schulte zu Holsterhausen, 76 Jahre alt,
am 24.Aug. Anna Gertrudt Knop Ehefrau Sibbe in der Bauerschaft Holsterhausen (am 18. August war des Henrich Sibbe in den Röhen, Bauerschaft Holsterhausen, todt geborenes Söhnlein in aller Stille beigesetzt worden; hier lag also eine doppelte Tragik vor),
am 25.Aug. Maria Cath. Düppe auf der Riemker Foede, 3 Jahre alt,
am 26.Aug. Johann Henrich Clas, 6 Jahre alt,
am 28.Aug. H. Georg Nölle modo Clas am Stamm, 5 Jahre alt,
am 29.Aug. Joh. Fried. Kampmann zu Holsterhausen, 42 Jahre alt,
am 31.Aug. Anna Maria Hesse in den Altenhöfen, 4 Jahre alt,
am 2.Sept. Cath. Elis. Eickmann zu Holsterhausen, 11Monate alt,
am 2.Sept. Elis. Trösken Ehefr. Besse in Herne, 52 Jahre alt,
am 2.Sept. Anna Cath. Ehefr. des Andreas Schulte auf der Landwehr, 64 Jahre alt,
am 3.Sept. Rötger Wittelmann in den Altenhöfen, 75 Jahre alt,
am 4.Sept. Maria Elis. Murmann bei Sehrbruch dessen Eltern Einwohner sind, 3 Jahre alt,
am 5.Sept. Georg Punge zu Bauckau, 52 Jahre alt,
am 18.Sept. Died. Henrich Esmann modo Wiskamper zu Holsterhausen, 78 Jahre alt,
am 21.Sept. Anna Maria Hollermann Ehefrau des Soldaten Wilh. Stratenhoff auf dem Eickeler Bruch, der im Kriege ist. Sie war nach Holsterhausen gekommen, um die Ihrigen zu verpflegen, die diese Krankheit hatten und wurde von derselben befallen und starb daran, ihr Alter ist 39 Jahre, ist auch hier auf dem Kirchhofe begraben.
am 30.Sept. Johan Caspar Partmann zu Hiltrop, 5 Jahre alt,
am 5.Okt. Anna Cath. Herbert, eine Tochter des Papier Machers zu Sodingen, alt 1 Jahr 11 Monate,
am 9.Okt. Anna Magar. Spithaubt Witwe des Henrich Joh. Spickermann zu Holsterhausen, 69 Jahre alt,
am 11.Okt. Rötger Hollermann zu Holsterhausen, 69 Jahre alt,
am 21.Okt. Johannes Zech, ein alter Invalide, der ehedem unter dem Hamschen Regiment gedienet, aus Sachsen gebürttig und sich ohngesehn bei Schulte zu Bergen 20 Jahr aufgehalten, Alter ohngefähr 80 Jahr.

Zu diesen Toten der lutherischen Gemeinde kommen noch die Toten der reformierten. Es sind:

Datum Eintragung
am 9.Aug. „Unserm Meister (=Schulmeister) Balz seine Ehefrau“,
am 23.Aug. „der Blinde Mann Schneider
am 24.Aug. „an eben der Krankheit seine Tochter“.

Läßt man die Totenstille auf sich wirken, so redet sie in der Tat eine erschütternde Sprache. Nicht nur wenn man die Einwohnerzahl des ländlichen Kirchspiels in Vergleich zu der Mengen der Toten setzt, ist das Bild furchtbar, sondern vor vor allem, wenn man die Härte des Schicksalsschlages betrachtet, mit der einzelne Familien heimgesucht worden sind. Die Familie Wietelmann in Altenhöfen verlor die Tochter und den Großvater, der Familie Düppe auf der Riemker Voede kurz hintereinander zwei Kinder, ebenso die Familie Nölle gt. Clas am Stamm, bei Hollermann in Holsterhausen starb der alte Vater, zuvor aber die verheiratete Tochter, die zur Pflege gekommen war und deren Ehemann als Soldat im Kriege stand. Bei Sibbe in den Röhen starben Mutter und Kind im Wochenbett, bei Clas in Herne starb der einzige Sohn. Man kann es also wohl verstehen, wenn der Verfasser der Chronik das Wüten des Todes zugleich mit Krieg und Teurung als so furchtbar ansah, das er glaubte, es Erben und Nach kommen schriftlich überliefern zu müssen. Er hat aber dabei nicht aufgezeichnet, daß im Jahre 1796 die Seuche erneut und zwar diesmal hauptsächlich in Baukau ausgebrochen ist. Das Kirchenbuch berichtet zu dieser Zeit über folgende Todesfälle an „Dissenterie“:

Datum Eintragung
am 22.Sept. Anna Maria Funke aus Crange, diente als Magd bei Trösken zu Baukau, ist auf Verlangen nach Crange gebracht worden, 18 Jahre alt
am 23.Sept. Heinrich Wilh. Spickermann zu Baukau, 9 Jahre alt.
am 25.Sept. (nach dem Kirchenbuch der ref. Gemeinde) Slünder (Schlünder) oder Detmer eine Tochter Anna Maria im 2. Jahr
am 30.Sept. Anna Maria Wittenberg gt. Artmann zu Baukau, 11 Jahre alt,
am 2.Okt. Georg Lackmann zu Baukau, 72 Jahre alt,
am 3.Okt. Magarethe von der Höhe Ehefr. Diederich Trösken in Herne, 70 Jahre alt,
am 3.Okt. Witwe Bergelmann bei Herne, 72 Jahre alt,
am 4.Okt. Anna Christine Schulte zu Berge, 24 Jahre alt,
am 5.Okt. Anna Elisabeth Cosmann zu Baukau, 74 Jahre alt,
am 9.Okt. „Morgens zwischen 3 und 4 Uhr starben des Georg Grüter zu Baukau genandt Baukau zu Baukau an der Dissenterie, seine benden Söhne, der älteste hieß Georg Henrich und war 4 Jahr 6 Monath alt. Sie sind beide in eine Gruft bengesetz worden.“
am 10.Okt. Joh. Diederich Hasselmann zu Baukau, 10 Monathe alt.
am 14.Okt. Cath. Marg. Jacob in Herne, 1 Jahr 6 Monate alt,
am 19.Okt. Anna Elis. Rensinghof, eine Tochter des Schneiders Georg Rensinghoff, welcher in Baukau auf Spickermann Grunde wohnt, alt 1 Jahr 9 Monate.
am 5.Nov. Anna Maria Elis. Serres zu Baukau, 8 Jahr 6 Monate.

In dieser zweiten Totenliste finden wir Familien wieder, die zwei Jahre vorher, 1794, auch schon einen Toten zu beklagen hatten (Z. B. Spickermann in Baukau, Trösken in Herne, Schulte zu Berge und Jacob in Herne). Von einer furchtbaren Nacht der Eltern berichtet auch die Eintragung über Grüter in Baukau, die zu gleicher Nachtstunde beide Söhne dahinsterben.

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