Stadtverordnetenwahl Herne 12. März 1933 nach Wahllokalen: Unterschied zwischen den Versionen

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==Die Ergebnisse der Stadtverordnetenwahl vom [[12. März]] [[1933]]==
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Die Mehrheit an Stimmen im Wahllokal ist Fett gedruckt. <ref>Herner Anzeiger 13. März 1933.</ref>
 
Die Ergebnisse der Stadtverordnetenwahl vom [[12. März]] [[1933]]Die Mehrheit an Stimmen im Wahllokal ist Fett gedruckt.
 
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!  !! <small>Wahllokal</small> !! <small><small>Zahl der Wahlberechtigten</small></small> !! <small><small>NSDAP</small></small> !! <small><small>SPD</small></small> !! <small><small>KPD</small></small> !! <small><small>Zentrum</small></small> !! <small><small>Kampffront Schwarz-Weiß-Rot</small></small> !! <small><small>Evg. Volksdienst</small></small> !! <small><small>Polenliste</small></small> !! <small><small>Mittelstand</small></small> !! <small><small>Kath. Polenpartei</small></small> !! <small><small>Vereinigung der Haus-und Grundbesitzer</small></small>
!  !! <small>Wahllokal</small> !! <small><small>Zahl der Wahlberechtigten</small></small> !! <small><small>NSDAP</small></small> !! <small><small>SPD</small></small> !! <small><small>KPD</small></small> !! <small><small>Zentrum</small></small> !! <small><small>Kampffront Schwarz-Weiß-Rot</small></small> !! <small><small>Evg. Volksdienst</small></small> !! <small><small>Polenliste</small></small> !! <small><small>Mittelstand</small></small> !! <small><small>Kath. Polenpartei</small></small> !! <small><small>Vereinigung der Haus-und Grundbesitzer</small></small>
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==17 Nazis kommen ins Stadtparlament==
<big>Wählertreue beim Zentrum. - Ungeheure Lähmung im Marxismus. - Selbstausschaltung der uneinigen Mittelständler und Polen. Schwarz-braune Koalition oder Regierungskoalition? - Das Zentrum als zweitstärkste Partei.</big><br />
Selten ist ein Wahltag nach außen so wenig in die Erscheinung getreten wie der gestrige. Ein Fremder, der in unsere Stadt gekommen wäre würde wirklich nichts davon gemerkt haben, dass wir zum soundsovielten (aber für lange Zeit wohl zum letzten) Male zur Wahlschlacht aufgeboten waren. Auch die Wahlvorbereitungen waren dank der Kürze der Zeit nur schwach gewesen. Einige Wahlversammlungen, einige Plakate, einige Flugblätter, ein Propagandamarsch-das hatte es gegeben, aber es war gar nicht zu dem üblichen Aufgebot und zu den üblichen Auseinandersetzungen gekommen. Ehe sich so etwas hätte entfalten können, war der Wahltag schon da. Und dieser selbst war so von dem freundlichen Zauber des Vorfrühlings übergossen, dass zum Profitieren und Kampfeseifer gar keine Laune entstand. So verlief der Wahltag denn ungewöhnlich ruhig und friedlich. Das Interesse war auch durchaus nicht so stark wie am Sonntag vorher. Dennoch hielt sich die <big>Wahlbeteiligung</big> mit 79,5 Prozent fast auf der Höhe der vorjährigen Wahlen, die 80 Prozent gebracht hatten, und überstieg die Wahlbeteiligung bei der letzten Stadtverordnetenwahl am 17.11.1929 sogar um ein Erkleckliches, denn damals betrug sie nur 72,4 Prozent. Mit der Rekord-Wahlbeteiligung des vorigen Sonntages hält die gestrige allerdings keinen Vergleich aus. Danach gemessen, ist sie nämlich um 12,5 Prozent zurückgegangen.<br />
Wer nun gemeint hatte, die gestrige Wahl würde im stärkeverhältnis der Parteien zueinander keine wesentliche Verschiebung mehr bringen ist nicht wenig überrascht worden. Denn nach der Reichstagswahl am 5. März hätten erhalten müssen: NSDAP 15 Sitze - sie erhielt 17, SPD 7 Sitze - sie erhielt 6, KPD 12 Sitze - sie erhielt 10, Zentrum 10 Sitze - es erhielt auch 10, Kampffront Schwarz-Weiß-Rot 8 Sitze - sie erhielt 4, Evgl. Volksdienst 1 Sitz - er erhielt 1. Schon hieraus wird offenbar, dass bei SPD und KPD ein unerwartet starker Rückgang, bei der NSDAP eine wegen der Ausstellung von Mittelstandslisten nicht erwartete Stabilität eingetreten ist. Diese Entwicklung wurde schon deutlich, als <big>die Ergebnisse der Provinziallandtagswahl</big>, die zuerst festgestellt wurden einliefen. Danach hatten erhalten: <ref>Herner Anzeiger vom 13. März 1933</ref>
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!  !!  !! Reichstagswahlen vom 5.3. !! Zunahme oder Abnahme !! Verlust <small>hätte sein müssen entsprechend der geringen Beteiligung</small>
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| NSDAP || 16588 || 16990 || -402 || 2123
|-
| SPD || 6693 || 8497 || -1804 || 1062
|-
| KPD || 9862 || 14442 || -4580 || 1805
|-
| ZENTRUM || 10744 || 11410 || -666 || 1426
|-
| SchwWR || 3660 || 3681 || -21 || 460
|-
| DV || 196 || 337 || -141 || 42
|-
| Ev.V || 1283 || 1194 || 89 || 149
|-
| Staatsp. || 87 || 154 || -67 || 19
|}
Aus diesem Ergebnis ging hervor, dass die NSDAP statt der geringen Wahlbeteiligung entsprechend, 2123 Stimmen weniger zu haben, nur 402 Stimmen weniger aufwies als vorigen Sonntag.
Bei der SPD dagegen war ein Rückgang um 1804 statt 1062 Stimmen und bei der KPD sogar um 4580 statt 1805 Stimmen eingetreten. Danach mußte <big>eine gewaltige Lähmung im marxistischen Lager eingetrieben sein, während die NSDAP ihre Aktivität behalten hatte.</big><br />
Das Zentrum steht aber der nationalsozialistischen Bewegung wenig nach. Nach der Wahlbeteiligungsziffer hätte es 1426 Stimmen verlieren müssen, es hatte aber nur 666 weniger, hatte sich also als ebenso aktiv in seiner Wählerschar erwiesen wie die NSDAP. Allerdings hat auch der Kampfblock Schwarz-Weiß-Rot sich gut behauptet. Denn statt 460 hat er nur 21 Stimmen verloren, wozu indes nicht wenig die Deutsche Volkpartei beigetragen hat, die 100 Stimmen mehr verlor, als der Wahlbeteiligung entsprochen hätte. Die einzige mit einer Stimmensteigerung herausgenommene Partei war diesmal der Evangel. Volksdienst, der statt 191 Stimmen zu verlieren, 89 hinzugewann. Allerdings ohne dadurch viel kräftiger geworden zu sein. Die Staatspartei setze ihren Auflösungsprozess rapide fort. Nach diesem Ergebniss der Provinziallandtagswahl konnte <big>das Ergebnis der Stadtverordnetenwahl</big> nicht mehr überraschend sein. Zwar war zu berücksichtigen, dass zur Stadtverordnetenwahl 2 Polenlisten und zwei Mittelstandslisten hinzukamen, die das Bild etwas verschieben konnten. Aber es hat sich nicht viel verschoben. Dennoch ist es interessant, diese Verschiebung zu betrachten. Dabei ist zu bedenken, dass die Zahl der Wahlberechtigten geringer war, denn bei der Stadtverordnetenwahl ist Bedingung, dass der Wählende 6 Monate am Orte wohnt. Darum betrug die Zahl der Wahlberechtigten auch nur 61336 gegen 62627 bei der Prov.-Landtagswahl, also 1291 weniger. Es erhielten:
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!  !! Bei der Stadtverordnetenwahl !! Bei der Provinziallandtagswahl !! + oder -
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| NSDAP || 15867 || 16388 || -721
|-
| SPD || 6490 || 6693 || -203
|-
| KPD || 9683 || 9862 || -177
|-
| ZENTRUM || 9979 || 10744 || -765
|-
| SchWR || 714 || 3856 || -142
|-
| EV || 1420 || 1283 || 137
|-
| POLEN || 844 ||  ||
|-
| Liste Ellersiek || 433 ||  ||
|-
| Kath. Polen || 387 ||  ||
|-
| Liste Sprenger || 443 ||  ||
|}
Auffallend ist bei dieser Verschiebung der Zuwachs des Evgl. Volksdienstes. Die Verluste des Zentrums und der NSDAP werden erklärt durch die 1031 Stimmen, die die Polenlisten, und die 878 Stimmen, die die Mittelstandslisten erhalten haben. Die übrigen Verluste erklären sich durch die um 1201 geringere Wahlberechtigtenzahlen. Sehr auffallend ist, dass die Polen 1031 Stimmen erhielten (Die Liste Kwiatkowsti vielmehr als die Liste Wirt), während bei der Landtagswahl am vorigen Sonntag auf die Polenliste nur 693 Stimmen entfielen. Hier zeigt sich, wie auch beim Evgl. Volksdienst, dass örtlich doch andere Gesichtspunkte gelten als in der großen Politik. Hätten die Polen, statt sich zu zersplittern, eine einzige Liste gewählt, würden sie ihren Sitz wieder errungen haben. So haben sie durch Uneinigkeit gar nichts erreicht und obendrein den katholischen Einfluß im Staatsparlament geschwächt. Aber auch die Mittelstandslisten sind ohne Ergebnis geblieben, eine gerecht Strafe für soviel persönlich und Kirchtumspolitik.
<big>Die Mandatsverteilung</big> sieht nun so aus:
:NSDAP 17 (bisher 2, davor 0)
:SPD 6 (bisher 9, davor 12, davor 5)
:KPD 10 (bisher 11, davor 12, davor 12)
:Zentrum 10 (bisher 11, davor 10, davor 9)
:SchWR 4 (bisher 4, davor 5, davor mit HM 10
:Ev. B. 1 (bisher , davor 0)
Das Stadtparlament hat also eine ganz ungeheure Verschiebung zur NSDAP hin erhalten, die Linke ist von 20 auf 16 Mandate zurückgegangen (nach den Wahlen des vorigen Jahres, die für die KPD Rekordzahlen brachten, müßte der Rückgang stärker sein, es gilt aber der Vergleich mit 1929, wo die KPD 660 Stimmen weniger erhielt als gestern), das Zentrum jedoch hat sehr gut abgeschnitten. Das eine Mandat, das verloren ging, war erst bei der vorigen Stadtverordnetenwahl auf nur 8927 Stimmen gewonnen worden.


==Weblinks==
==Weblinks==
*http://home.arcor.de/schneider-haranni/Herne_ns_06.12.02/Wahlergebnisse/wahlergebnisseherne.html
*http://home.arcor.de/schneider-haranni/Herne_ns_06.12.02/Wahlergebnisse/wahlergebnisseherne.html
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==Verwandte Artikel==
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==Quellen==
==Quellen und Anmerkungen==
<references />
<references />


[[Kategorie:Politik]]
[[Kategorie:Politik]]

Aktuelle Version vom 9. April 2017, 15:15 Uhr

Die Ergebnisse der Stadtverordnetenwahl vom 12. März 1933

Die Mehrheit an Stimmen im Wahllokal ist Fett gedruckt. [1]

Wahllokal Zahl der Wahlberechtigten NSDAP SPD KPD Zentrum Kampffront Schwarz-Weiß-Rot Evg. Volksdienst Polenliste Mittelstand Kath. Polenpartei Vereinigung der Haus-und Grundbesitzer
1 Schneider, La-Roche-Str. 88 1584 433 165 249 240 87 32 31 4 2 15
2 Korte, Baukauer Str. 111 1226 226 164 237 162 84 22 29 5 3 14
3 Back, Bismarckstr. 90 1246 225 161 151 308 80 37 18 4 6 15
4 Neweling, Bismarckstr.75 1185 362 111 99 279 115 16 11 3 6 3
5 Krollmann, Bahnhofstr. 123 1411 491 79 108 276 142 45 2 11 2 9
6 Mallwitz, Strünkeder Str. 50 1414 309 140 330 203 79 16 20 5 5 7
7 Arndt, Bertastr. 14 1348 268 222 285 132 47 31 35 7 3 9
8 Kuhlmann, Hafenstr. 31 1510 296 144 377 204 53 48 34 5 27 5
9 Kramwinkel, Roonstr. 45 1401 379 99 161 274 80 45 6 4 35 19
10 Grothaus, Ludwigstr. 60 1048 264 68 225 166 64 21 6 3 28 13
11 Wippermann, Ludwigstr. 113 1090 247 90 282 113 86 34 10 3 13 5
12 Lücking, Scharnhorststr. 31 1138 284 111 224 122 68 38 11 13 32 16
13 Kasino Friedrich der Große 3-4 1448 395 271 218 196 92 46 0 0 2 2
14 Osthold, Bahnhofstr. 63 1210 493 86 91 127 132 14 1 18 0 10
15 Hochstrate, Jean-Vogel-Straße[2] 18 1543 515 116 151 279 98 24 7 7 1 19
16 Markmann, Jean-Vogel-Str. 32 1484 400 68 192 317 156 27 7 18 2 15
17 Köhlhoff, Jean-Vogel-Str. 53 1605 465 136 205 297 132 31 4 4 0 16
18 Dietze, Mont-Cenis-Str. 27 1399 426 128 173 286 93 22 16 14 0 8
19 Jäger, Mont-Cenis-Str. 93 1556 327 222 280 266 101 19 16 7 4 17
20 Steins, Wiescherstr. 13 1501 542 172 184 216 110 30 4 3 3 14
21 Franke, Bahnhofstr. 7 1017 456 79 82 124 117 25 0 1 0 7
22 Krehmer, Wiescherstr. 110 1549 328 298 257 215 88 23 5 7 2 16
23 Tünnesen, Wiescherstr. 182 1472 211 309 310 203 89 30 11 0 6 4
24 Krok, Bergstraße 126 1214 231 215 232 117 65 38 4 9 4 25
25 Merz, Flottmannstr.72 1362 386 260 207 120 53 48 7 3 0 10
26 Borgmann, Altenhöfener Str. 35 1548 547 145 132 304 98 25 9 1 6 14
27 Finkemeyer, Bochumer Str. 69 1695 650 129 130 240 138 30 0 8 1 32
28 Bertram. Hiberniastr. 39 1408 425 119 235 204 75 52 18 6 4 12
29 Strickmann, Shamrockstr. 44 1459 476 118 186 245 115 44 1 10 4 12
30 Thomas, Grenzweg 16 1026 334 61 165 117 73 17 8 10 0 5
31 Bernicken, Brunnenstr. 42 1470 288 119 315 232 74 46 46 10 7 9
32 Kath. Gesellenhaus Neustr. 1660 495 141 156 373 125 35 28 13 7 12
33 Nordsiek, Von-der-Heydt-Str. 55 1489 368 117 276 314 61 34 30 5 8 8
34 Kersten, Bochumer Str. 184 1658 409 285 273 208 44 38 7 14 4 10
35 Schulte-Mittelmann, Dorfstr. 1483 395 145 166 336 79 34 9 27 6 1
36 Kasino Teutoburgia 1598 373 131 325 241 40 36 13 8 11 0
37 Ellinghaus, Castroper Str. 366 1345 226 97 412 139 31 8 31 7 31 2
38 Plumpe, Kirchstr. 57 1045 216 63 144 326 67 16 6 12 8 1
39 Möller, Mont-Cenis-Str. 197 1437 239 174 259 240 76 48 22 14 15 4
40 Borgmann, Mont-Cenis-Str. 247 1264 305 103 229 206 59 40 48 18 6 1
41 Wiegmann, Am Kricken 6 1159 208 109 280 158 42 23 9 12 17 3
42 Koperz, Fritz-Ebert-Str. 33 1155 235 98 174 262 56 44 28 15 19 8
43 Blome, Ringstr. 27 1422 329 163 199 266 60 46 8 47 19 1
44 Döhmann, Mont-Cenis-Str. 407 825 195 73 118 131 60 18 6 12 26 1
45 Schulte, Holthauser Str. 288 1209 195 184 201 175 30 24 22 26 2 16
61336 15867 6490 9685 9979 3714 1420 644 433 387 445

17 Nazis kommen ins Stadtparlament

Wählertreue beim Zentrum. - Ungeheure Lähmung im Marxismus. - Selbstausschaltung der uneinigen Mittelständler und Polen. Schwarz-braune Koalition oder Regierungskoalition? - Das Zentrum als zweitstärkste Partei.

Selten ist ein Wahltag nach außen so wenig in die Erscheinung getreten wie der gestrige. Ein Fremder, der in unsere Stadt gekommen wäre würde wirklich nichts davon gemerkt haben, dass wir zum soundsovielten (aber für lange Zeit wohl zum letzten) Male zur Wahlschlacht aufgeboten waren. Auch die Wahlvorbereitungen waren dank der Kürze der Zeit nur schwach gewesen. Einige Wahlversammlungen, einige Plakate, einige Flugblätter, ein Propagandamarsch-das hatte es gegeben, aber es war gar nicht zu dem üblichen Aufgebot und zu den üblichen Auseinandersetzungen gekommen. Ehe sich so etwas hätte entfalten können, war der Wahltag schon da. Und dieser selbst war so von dem freundlichen Zauber des Vorfrühlings übergossen, dass zum Profitieren und Kampfeseifer gar keine Laune entstand. So verlief der Wahltag denn ungewöhnlich ruhig und friedlich. Das Interesse war auch durchaus nicht so stark wie am Sonntag vorher. Dennoch hielt sich die Wahlbeteiligung mit 79,5 Prozent fast auf der Höhe der vorjährigen Wahlen, die 80 Prozent gebracht hatten, und überstieg die Wahlbeteiligung bei der letzten Stadtverordnetenwahl am 17.11.1929 sogar um ein Erkleckliches, denn damals betrug sie nur 72,4 Prozent. Mit der Rekord-Wahlbeteiligung des vorigen Sonntages hält die gestrige allerdings keinen Vergleich aus. Danach gemessen, ist sie nämlich um 12,5 Prozent zurückgegangen.
Wer nun gemeint hatte, die gestrige Wahl würde im stärkeverhältnis der Parteien zueinander keine wesentliche Verschiebung mehr bringen ist nicht wenig überrascht worden. Denn nach der Reichstagswahl am 5. März hätten erhalten müssen: NSDAP 15 Sitze - sie erhielt 17, SPD 7 Sitze - sie erhielt 6, KPD 12 Sitze - sie erhielt 10, Zentrum 10 Sitze - es erhielt auch 10, Kampffront Schwarz-Weiß-Rot 8 Sitze - sie erhielt 4, Evgl. Volksdienst 1 Sitz - er erhielt 1. Schon hieraus wird offenbar, dass bei SPD und KPD ein unerwartet starker Rückgang, bei der NSDAP eine wegen der Ausstellung von Mittelstandslisten nicht erwartete Stabilität eingetreten ist. Diese Entwicklung wurde schon deutlich, als die Ergebnisse der Provinziallandtagswahl, die zuerst festgestellt wurden einliefen. Danach hatten erhalten: [3]

Reichstagswahlen vom 5.3. Zunahme oder Abnahme Verlust hätte sein müssen entsprechend der geringen Beteiligung
NSDAP 16588 16990 -402 2123
SPD 6693 8497 -1804 1062
KPD 9862 14442 -4580 1805
ZENTRUM 10744 11410 -666 1426
SchwWR 3660 3681 -21 460
DV 196 337 -141 42
Ev.V 1283 1194 89 149
Staatsp. 87 154 -67 19

Aus diesem Ergebnis ging hervor, dass die NSDAP statt der geringen Wahlbeteiligung entsprechend, 2123 Stimmen weniger zu haben, nur 402 Stimmen weniger aufwies als vorigen Sonntag. Bei der SPD dagegen war ein Rückgang um 1804 statt 1062 Stimmen und bei der KPD sogar um 4580 statt 1805 Stimmen eingetreten. Danach mußte eine gewaltige Lähmung im marxistischen Lager eingetrieben sein, während die NSDAP ihre Aktivität behalten hatte.

Das Zentrum steht aber der nationalsozialistischen Bewegung wenig nach. Nach der Wahlbeteiligungsziffer hätte es 1426 Stimmen verlieren müssen, es hatte aber nur 666 weniger, hatte sich also als ebenso aktiv in seiner Wählerschar erwiesen wie die NSDAP. Allerdings hat auch der Kampfblock Schwarz-Weiß-Rot sich gut behauptet. Denn statt 460 hat er nur 21 Stimmen verloren, wozu indes nicht wenig die Deutsche Volkpartei beigetragen hat, die 100 Stimmen mehr verlor, als der Wahlbeteiligung entsprochen hätte. Die einzige mit einer Stimmensteigerung herausgenommene Partei war diesmal der Evangel. Volksdienst, der statt 191 Stimmen zu verlieren, 89 hinzugewann. Allerdings ohne dadurch viel kräftiger geworden zu sein. Die Staatspartei setze ihren Auflösungsprozess rapide fort. Nach diesem Ergebniss der Provinziallandtagswahl konnte das Ergebnis der Stadtverordnetenwahl nicht mehr überraschend sein. Zwar war zu berücksichtigen, dass zur Stadtverordnetenwahl 2 Polenlisten und zwei Mittelstandslisten hinzukamen, die das Bild etwas verschieben konnten. Aber es hat sich nicht viel verschoben. Dennoch ist es interessant, diese Verschiebung zu betrachten. Dabei ist zu bedenken, dass die Zahl der Wahlberechtigten geringer war, denn bei der Stadtverordnetenwahl ist Bedingung, dass der Wählende 6 Monate am Orte wohnt. Darum betrug die Zahl der Wahlberechtigten auch nur 61336 gegen 62627 bei der Prov.-Landtagswahl, also 1291 weniger. Es erhielten:

Bei der Stadtverordnetenwahl Bei der Provinziallandtagswahl + oder -
NSDAP 15867 16388 -721
SPD 6490 6693 -203
KPD 9683 9862 -177
ZENTRUM 9979 10744 -765
SchWR 714 3856 -142
EV 1420 1283 137
POLEN 844
Liste Ellersiek 433
Kath. Polen 387
Liste Sprenger 443

Auffallend ist bei dieser Verschiebung der Zuwachs des Evgl. Volksdienstes. Die Verluste des Zentrums und der NSDAP werden erklärt durch die 1031 Stimmen, die die Polenlisten, und die 878 Stimmen, die die Mittelstandslisten erhalten haben. Die übrigen Verluste erklären sich durch die um 1201 geringere Wahlberechtigtenzahlen. Sehr auffallend ist, dass die Polen 1031 Stimmen erhielten (Die Liste Kwiatkowsti vielmehr als die Liste Wirt), während bei der Landtagswahl am vorigen Sonntag auf die Polenliste nur 693 Stimmen entfielen. Hier zeigt sich, wie auch beim Evgl. Volksdienst, dass örtlich doch andere Gesichtspunkte gelten als in der großen Politik. Hätten die Polen, statt sich zu zersplittern, eine einzige Liste gewählt, würden sie ihren Sitz wieder errungen haben. So haben sie durch Uneinigkeit gar nichts erreicht und obendrein den katholischen Einfluß im Staatsparlament geschwächt. Aber auch die Mittelstandslisten sind ohne Ergebnis geblieben, eine gerecht Strafe für soviel persönlich und Kirchtumspolitik.

Die Mandatsverteilung sieht nun so aus:

NSDAP 17 (bisher 2, davor 0)
SPD 6 (bisher 9, davor 12, davor 5)
KPD 10 (bisher 11, davor 12, davor 12)
Zentrum 10 (bisher 11, davor 10, davor 9)
SchWR 4 (bisher 4, davor 5, davor mit HM 10
Ev. B. 1 (bisher , davor 0)

Das Stadtparlament hat also eine ganz ungeheure Verschiebung zur NSDAP hin erhalten, die Linke ist von 20 auf 16 Mandate zurückgegangen (nach den Wahlen des vorigen Jahres, die für die KPD Rekordzahlen brachten, müßte der Rückgang stärker sein, es gilt aber der Vergleich mit 1929, wo die KPD 660 Stimmen weniger erhielt als gestern), das Zentrum jedoch hat sehr gut abgeschnitten. Das eine Mandat, das verloren ging, war erst bei der vorigen Stadtverordnetenwahl auf nur 8927 Stimmen gewonnen worden.

Weblinks

Verwandte Artikel

Quellen

  1. Herner Anzeiger 13. März 1933.
  2. Viktor-Reuter-Straße
  3. Herner Anzeiger vom 13. März 1933