Urkunde 1949 Juni 22 Informationen über Lager in der Stadt Herne
Am 22. Juni 1949 schrieb Stadtrat Kuhn an den "international traycing Service in Göttingen mit Betreff "Anformation über Ausläder-Läger."
Wir geben den Wortlaut des Schreibens, welches im Original im Digitalen Archiv der Arolsen Archies eizusehen ist, hier wieder.
C: Kriegsgefangenen Lager
1. Herne-Börnig, Schadeburgstrasse.
Die in dem fraglichen Lager untergebrachten Gefangenen waren auf der Zeche Erin in Castrop-Rauxel beschäftigt. Das Lager führte die Nummer 651 F. Es war belegt mit ca.
800 Russen,
160 Franzosen und ab Ende 1943 ca.
100 Italienern.
Dieses Lager bestand nach den hier getroffenen Feststellungen von Juli 1940 bis März 1945.
2. Kriegsgefangenen-Lager Gastwirtschaft Eckmann, Herne, Mont-Cenis-Str. 491.
Dieses Lager bestand von September 1940 bis März 1945 und unterstand der Stalag Dortmund. Hier waren ca.
30 Franzosen
untergebracht, die bei den Bauern in den Stadteilen Herne-Holthausen und Sodingen beschäftigt waren.
3. Kriegsgefangenen-Lager evgl. Gemeindehaus, Herne, Brombergerstr. 12
In diesem Lager waren ca. 160 Franzosen
untergebracht und zwar von September 1941 bis Ende 1944. Sie unterstanden dem Pionierstab Essen. Von Ende 1944 bis März 1945 wurde das Lager mit ca.
100 Italienern
belegt.
4. Kriegsgefangenen-Lager Friedrich der Große I-II Herne, Ledigenheim, Ludwigstrasse. In diesem Lager waren 1943 ca. 120 Franzosen untergebracht.
5. Kriegsgefangenen-Lager Zeche Julia, Herne. 1943 waren hier ca. 900 Russen und Ukrainer untergebracht.
6. Kriegsgefangenen-Lager Gaststätte Neweling, Herne, Bismarckstrasse. In diesem Lager waren ca. 300 - 400 Franzosen untergebracht.
7. Kriegsgefangenen-Lager Zeche Friedrich der Grosse III-IV, Herne, Zechenring. Hier waren im Jahre 1943 ca. 250 Russen untergebracht.
8. Kriegsgefangenen-Lager Zeche Constantin, Herne, Gysenberg. In diesem Lager waren 1943 ca. 500 Russen untergebracht.
9. Kriegsgefangenen-Lager 3254, Herne, Vinckestrasse 61. In diesem Lager waren ca. 60 Russen untergebracht, die bei der Reichsbahn eingesetzt waren. Die Wachmannschaft wurde vom Landesschützen-Batl. 1-479 gestellt.
10. Kriegsgefangenen-Lager 3212, Herne, Feldstr.6 (alte Ziegelei) Stalag IV.D. - Dortmund. In diesem Lager waren 12 franz. Kriegsgefangene untergebracht, die in der Zeit vom 1.7.41 bis 19.5.43 bei folgenden Bauern beschäftigt waren: Koppenberg, Menken, Stegmann, Kölling, Galland, Schulte, Heiermann und Abendroth.
D) Arbeits-Läger. --,
1. Arbeits-Lager Herne, Hafenstrasse 31. 1943 waren hier 60 russische u. belgische Zivilarbeiter u. vom 9.3.1945 bis 27.3.1945 ca. 155 italienische Zivilarbeiter untergebracht.
2. Arbeits-Lager Fa. Dorn, Herne, Dornstrasse. 4 In diesem Lager waren ca. 120 männl. und 130 weibl. Holländer, Polen, Russen, Ukrainer, Litauer u. Franzosen untergebracht.
3. Arbeitslager Fa. Schüchtermann & Cremer-Baum, Herne, Baumstrasse. Hier waren ca. 31 männl. u. 35 weibl. Russen, Franzosen u. Belgier untergebracht.
4. Arbeitslager Zeche Teutoburgia, Herne-Börnig, Schadeburgstrasse., Das Lager bestand von 1940 bis Ende 1943. Es war belegt mit russischen Zivilarbeitern und -arbeiterinnen. Ende 1943 wurde das Lager aufgelöst, und die Insassen ca. 500 __ in ein Lager nach Castrop-Rauxel, Zeche Erin, Schacht 3, verlegt. Wachmannschaften waren in diesem Lager nicht vorhanden, da die Insassen in ihrer persönlichen Freiheit keiner besonderen Beschränkung unterlagen. [sic!]
5. Arbeits-Lager Zeche Mont-Cenis, Schacht II-IV, Herne, Mont-Cenis-Strasse. In diesem Lager waren ca. 300 Polen u. Ukrainer • untergebracht. Wachmannschaften waren in diesem Lager nicht vor-handen, da die Insassen in ihrer persönlichen Freiheit nicht beeinträchtigt wurden.
6. Arbeits-Lager, Herne, Kantstrasse 28. Das Lager war nur mit weiblichen Insassen belegt. Es waren ca. 50 Ukrainerinnen. Wachmannschaften waren nicht vorhanden.
7. Arbeits-Lager, Herne, Castroperstrasse (Kasino Teutoburgia). In diesem Lager waren ca. 300 Belgier untergebracht. Das Lager fiel am 9.11.1944 einem Bombenangriff zum Opfer, wobei 7 Belgier getötet wurden. Nach der Zerstörung des Lagers, wanderten die Insassen wieder in ihre Heimat zurück.
8. Arbeits-Lager, Herne, Schulstrasse 14. In dem Lager waren ca. 150 fläm. u. 100 belgische Zivilarbeiter untergebracht, die im Luftschutzbunkerbau eingesetzt waren.
9. Arbeits-Lager, Herne, la-Roche-Strasse. In diesem Lager waren ca. 100 Italiener untergebracht.
Zur Orientierung der damaligen Lage im Stadtkreis Herne hinsichtlich der Verwendung der Insassen von Lägern, Weise ich darauf hin, dass die Kriegsgefangenen-Läger in Herne der Wehrmacht "Kontroll-Offizier Bergbau, Wachbezirk Rauxel, 4. Komp. Lds.-Schützen-Bett. 492, Castrop-Rauxel" unterstanden und, soweit wir aus hiesigen Aktenunterlagen feststellen konnten, dann hinsichtlich Verwaltung an das M-Stammlager VI A Hemer übergingen. Akten der Wehrmachtsdienststellen sind hier nicht vorhanden. Das hiesige Wehrbezirks-Kommando wurde vor Ausgang des Krieges nach anderwärts verlegt und sollen auch dessen Akten vernichtet worden sein. Ich weise darauf hin, daß die Läger durch den einsetzenden und sich ständig steigernden Bombenkrieg zum Teil zerstört bezw. zum Schutz der Insassen wiederholt verlegt wurden. bezüglich der Arbeitsläger ist darauf hinzuweisen, daß auch diese durch den Bombenkrieg hinsichtlich Standort und Arbeitseinsatz einem ständigen Wechsel unterlagen. Wurde z.B. eine Nachbarstadt durch einen Großangriff zerstört, so wurden diese Kommandos zu Aufräumungsarbeiten usw. eingesetzt und kamen vielfach, nicht mehr in ihre Ausgangsstellungen zurück. Der Einsatz von ausländischen Arbeitskräften (Facharbeiter) die zur Errichtung von Luftschutzbunkern und zivilen Luftschutzkellern Verwendung fanden, unterstanden auch der Wehrmacht "Bau-und Arbeits-Batl." Nach Erledigung der Arbeiten wanderten diese zwecks anderweitigen Einsatzes nach anderen Orten. Da diese wie oben erwähnt, der Wehrmacht unterstanden, befinden sich hierüber hier keine Akten.
Bei Durchführung der Suchaktion im Jahre 1946 wandten wir uns deshalb zur Erfassung aller im Stadtkreis Herne tätig gewesenen Ausländer an sämtliche Arbeitgeber, Krankenhäuser, Arzte, Friedhofsämter usw. Da Herne von einem Großbombenangriff verschont geblieben war, konnten aus den erhaltenen Lohnbüchern usw. die hier beschäftigt gewesenen Ausländer wesentlich erfasst werden.
Der Oberstadtdirektor In Vertretung:
(KUHN) Stadtrat
Siehe auch
Quelle
- Arolsen Archivs, DocID: 82408037 Direktlink