Presse- und Informationsarbeit von und für Migranten
Susanne Peters-Schildgen
Von Migrantinnen und Migranten herausgegebene Zeitungen und Zeitschriften informieren nicht nur über wichtige Tagesereignisse, Veranstaltungen und Nachrichten aus dem jeweiligen Heimatland, sondern verstärken darüber hinaus das ethnische Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb der jeweiligen Minderheit.
Im ersten Viertel dieses Jahrhunderts zählte die polnische Zeitung "Narodowiec" (Der Nationale), später "Naród" (Die Nation), neben dem in Bochum erschienenen "Wiarus Polski" (Polnischer Kamerad) zu den wichtigsten polnischen Tageszeitungen im Revier. Sie wurde seit 1909 von den beiden Redakteuren Michael Kwiatkowski und Josef Pańkowski herausgegeben und verzeichnete 1914 11.000 Abonnenten. Die Druckerei des "Narodowiec" befand sich in der Bahnhofstraße 76/78 im Hofgelände des später in den Besitz des Kaufhauses Fischer übergegangenen Grundstücks. Von der Bochumer Polenüberwachungsstelle als "gefährlichste polnische Zeitung" bezeichnet, stand der "Narodowiec" ebenso wie andere polnische Druckerzeugnisse unter schärfster Beobachtung.
Während der französischen Ruhrbesetzung wanderte Michael Kwiatkowski nach Lens in Nordfrankreich aus, wo der "Narodowiec" weiterhin bestand. Marjan Kwiatkowski, der Bruder Michaels, richtete in der Herner Druckerei die Verlagsgesellschaft "Sztandar Polski" ein. Von Dezember 1924 bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges erschien dort der "Naród" als einzige noch übriggebliebene polnische Zeitung im Ruhrgebiet. Für die polnische Jugend wurde in der Druckerei des "Naród" ein eigenes Magazin mit dem Namen "Młody Polak w Niemczech" (Junger Pole in Deutschland) hergestellt.
Heute bietet jeder Bahnhofskiosk eine große Auswahl an fremdsprachigen Zeitungen und Zeitschriften an. Erweitert wird das Informationsangebot durch ausländische TV- und Rundfunkmagazine. Seltener sind fremdsprachige Druckerzeugnisse, in denen ausländische Migrantinnen und Migranten mit regionalen und lokalen Nachrichten aus Deutschland versorgt werden.
An den beruflichen Belangen der ausländischen "Gastarbeiter" orientierten sich die hauptsächlich in den 1970er Jahren ins Leben gerufenen fremdsprachigen Werkszeitungen, z. B. die ab 1973 für die türkischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Firma Blaupunkt herausgegebene türkische Zeitung "Mavi Nokta Haberleri" (Blaupunkt-Nachrichten) und die erstmals 1979 erschienene Werkszeitung der Ruhrkohle AG, kurz "Bilgi" (Information) genannt. Mit Hilfe des Informationszentrums Dritte Welt konnte 1991 in einer Auflagenhöhe von 300 Exemplaren die erste Ausgabe der tamilischen Frauenzeitschrift "Frauentreff" gedruckt werden, in der die in Herne lebende Autorin Devika Gengatharan aus Sri Lanka ihren Landsleuten Unterhaltung, Lebenshilfe in der Fremde und Informationen zur deutschen Kultur anbot. Für die zahlreichen türkischen Migrantinnen und Migranten wurde 1992 das deutsch-türkische Rundfunkmagazin "Radio 'Merhaba'" (Guten Tag) eingerichtet, das jeden Sonntagabend über lokale und regionale Ereignisse berichtete. Im Mittelpunkt der Sendungen standen lnformationen über Ausländer- und Kommunalpolitik, Arbeitsmarkt, Bildung, Kultur, Sport und Jugend.
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Quellen
- ↑ Aus: Richard Breyer, Peter E. Nasarski, Janusz Piekalkiewicz, Nachbarn seit tausend Jahren, Deutsche und Polen in Bildern und Dokumenten, Mainz 1976, S. 235
- ↑ Aus: Auf dem Weg ins Paradies? Wanderungsbewegungen im Ruhrgebiet am Beispiel Herne, Seiten 35 - 36