Neubau der Elektrizitätsversorgung Wanne=Eickel eingeweiht (1930)

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel

Am 28. April 1930 wurde in der Wanne-Eickeler Zeitung ein Artikel über die Eröffnung des Hauses Hauptstraße 89 a/b als Sitz der Elektrizitätsversorgung Wanne=Eickel veröffentlicht. [1]

Neubau der Elektrizitätsversorgung Wanne=Eickel eingeweiht
Ein erfreulicher Schritt vorwärts in der Entwicklung unserer Stadt

Vorderfront des Neubaues.

Nachdem die Elektrizitätsversorgung Wanne=Eickel schon zu Anfang dieses Monats aus der alten ehemaligen Kriegsküche in den Ende März fertiggestellten Neubau in der Hindenburgstraße neben dem Gaswerk übergesiedelt ist, fand Samstag Nachmittag gegen 5 Uhr mit einer kurzen schlichten Feier die Einweihung des neuen Heims unserer hiesigen Elektrizitätsversorgung statt. Zugleich konnte bei dieser Feier auf eine 25jährige Geschichte der Elektrizitätswirtschaft im Bezirk der heutigen Elektrizitätsversorgung zurückgeblickt werden. Wenn so der Neubau an der 25=Jahrwende der Elektrizitätswirtschaft im Raume unseres Stadtgebietes errichtet wurde und er als ein erfreulicher Schritt in der Vorwärtsentwicklung unseres Stadtgebietes gewertet werden muss, so kommt diesem imposanten Bauwerk zwischen den Stadtteilen Wanne und Eickel noch die besondere Bedeutung zu, dass es Brücken zwischen den Stadtteilen schlägt und dass es damit neben seiner großen Aufgabe der Versorgung unserer Stadt mit Strom auch zur inneren Festigung unseres Stadtgebietes beiträgt, wie ja überhaupt die Überschüsse unserer Elektrizitätsversorgung und deren rationelle und zielsichere Arbeit in steigendem Maße in den letzten Jahren zur finanziellen Festigung unserer Stadt beigetragen haben.

Unter Berücksichtigung dieser Zusammenlegung hatte man mit Recht die bescheidene Einweihungsfeier veranstaltet, zu der sich in der mit Blumen und Grün festlich geschmückten, dem Verkehr mit dem Publikum dienenden Eingangs= und Ausstellungshalle eine große Reihe geladener Gäste, u. a. die Vertreter der Stadt: Oberbürgermeister Kiwit und Beigeordneter Schumacher, die Mitglieder des Aufsichtsrates, die Vertreter der Fraktionen des Stadtparlaments, die am Bau beteiligten Architekten und Handwerker, die Angestellten und Arbeiter des Werkes und zahlreiche Vertreter der Presse eingefunden hatten.
Das neue Werkstättengebäude

Der Einweihungsakt

Nach einem Musikvortrag begrüßte zunächst Oberbürgermeister Kiwit, der Vorsitzende des Aufsichtsrates der Elektrizitätsversorgung, die zahlreich Erschienenen. Schon ein flüchtiger Blick auf den Bau zeige, dass etwas Schönes geschaffen sei. Dies Bauwerk beweise aber auch, dass es mit der Stadt Wanne=Eickel vorwärts gehe und dass das heimische Handwerk in der Lage sei, etwas Hervorragendes zu leisten. Von dem Grundsatze aus, die Arbeit möglichst zu verteilen, sei man auch bei diesem Bau ausgegangen, und so wurden 42 verschiedene Handwerksmeister herangezogen. Während die technische Bauleitung des an der Straße gelegenen Hauptgebäudes in Händen der Architekten Gobrecht und Revermann gelegen habe, sei das Werkstätten Gebäude unter Leitung des Architekten Grosch gebaut worden. Allen, die am Bau tätig gewesen seien, spreche er seinen Dank aus: besonders Herrn Böckling, dessen umsichtiger Führung und Leitung der schöne Bau unterstanden habe. Erwähnenswert sei vor allem, dass der Kostenanschlag nicht überschritten wurde, vielmehr sei eine Unterschreitung in Höhe von 10000 Mark festzustellen, was wohl zeige, dass die Pläne richtig durchkalkuliert worden seien und dass auch die Handwerker richtig kalkuliert haben. Mit dem Wunsche, dass sich die Elektrizitätsversorgung Wanne-Eickel weiter so erfreulich entwickle wie bisher und dass dieser Bau auf der Grenze zwischen den Stadtteilen Wanne und Eickel mit dazu beitragen möge, die beiden Stadtteile fester zusammenzuschließen, schloss Oberbürgermeister Kiwit seine Ausführungen.
Es nahm dann Direktor Böckling, der Leiter der Elektrizitätsversorgung, das Wort. Einleitend wies er auf den Doppelcharakter der Feier hin, die sowohl der Fertigstellung des neuen Heimes wie auch dem silbernen Jubiläum des Werkes gewidmet sei. Denn vor 25 Jahren nahm nach Abschluss eines Stromlieferungsvertrages mit der Bergwerksgesellschaft Hibernia das Elektrizitätswerk Holsterhausen als Vorläuferin der heutigen Elektrizitätsversorgung die Stromlieferung für den jetzigen Stadtteil Holsterhausen auf. Erst drei Jahre später wurde die Stromversorgung der Stadtteile Wanne und Eickel durch einen Konzessionsvertrag mit dem Elektrizitätswerk Westfalen sichergestellt. Die in diesem Vertrage vorgesehene Übereignung des Stromnetzes erfolgte durch die Gemeinde Eickel im Jahre 1919, durch die Gemeinde Wanne im Jahre 1920. In dem genannten Jahre schlossen die Gemeinden Eickel und Wanne einen Vertrag zur gemeinsamen Verwaltung der übernommenen Stromnetze ab. So entstand vor rd. 10 Jahren die Elektrizitätsversorgung Eickel-Wanne unter Zusammenfassung von Eickel, Wanne und Holsterhausen. Die Verwaltung der Elektrizitätsversorgung wurde dem Amt Eickel unterstellt. Die Stromnetze blieben jedoch Eigentum der einzelnen Gemeinden. Für Erweiterungen und Neuanlagen mussten Beschlusses der Gemeindevertretungen herbeigeführt werden. Der Überschuss wurde im Verhältnis der abgegebenen Kilowattstunden an die einzelnen Gemeinden verteilt.

Die alte Unterkunft "auf der Wenge" (Vorderfront)

Die Zusammenlegung der Gemeinden Wanne, Eickel und Röhlinghausen am 1. 4. 1926 bedingte eine neue Organisation für die Elektrizitätsversorgung Eickel-Wanne, zumal die Gemeinde Röhlinghausen in die Stromversorgung eingegliedert werden musste. Die obengenannten drei Gemeinden gründeten daher die heutige Elektrizitätsversorgung Wanne=Eickel mit einem Stammkapital von 100000 M und gaben ihr die Form einer kommunalen Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Die Stelle des Verwaltungsausschusses nahm der unter gleichen Gesichtspunkten gebildete Aufsichtsrat ein. Nach Beschaffung der notwendigen Geldmittel wurde von den Vereinigten Elektrizitätswerken Westfalen das Stromnetz Röhlinghausen übernommen, während die Gemeinden Eickel und Wanne das ihnen gehörige Verteilungsnetz als Darlehen zur Verfügung stellten.

Von Interesse dürfte sein, dass der Strompreis für Lichtstrom seit der Markstabilisierung von 35 Pfg. je kWh um 5 Pfg. niedriger bis vor nicht allzu langer Zeit lag als der des den Strom liefernden Großkraftwerkes. Bei dem jetzt dort eingeführten Kochstrompreis für Kleinabnehmer ist zu wünschen, dass auch der Elektrizitätsversorgung als Großabnehmer das gleiche Entgegenkommen gezeigt wird. Unter gleichen Verhältnissen braucht die Elektrizitätsversorgung Vergleiche mit anderen Städten bezgl. des finanziellen Ergebnisses in keinem Falle zu scheuen.
Direktor Böckling berührte dann die fortschreitende Entwicklung der Elektrotechnik, insbesondere die Entwicklung der Glühlampe sowie die Notwendigkeit moderner Propaganda der Elektrizitätswerke in enger Zusammenarbeit mit den Elektroinstallateuren, zum Nutzen aller Volksgenossen, des Landes und der Kommunen. Dieser Aufgabe konnte aber für eine Stadt von nahezu 100 000 Einwohnern die hiesige Elektrizitätsversorgung in der ehemaligen primitiven Kriegsküche der Gemeinde Eickel nicht gerecht werden. Nachdem seit der Stadtwerdung der Ausbau eines zusammenhängenden Stromnetzes zunächst gefördert wurde, verschloss sich nach Beendigung dieser Arbeiten der Aufsichtsrat der Gesellschaft nicht der Notwendigkeit der Schaffung einer geeigneten Unterkunft der Elektrizitätsversorgung, sodass heute beim Abschluss des 25. Lebensjahres nicht nur ein Rückblick, sondern auch ein freudiger Ausblick in die Zukunft möglich ist. Direktor Böckling schloss sich dann den Dankesworten des Oberbürgermeisters an die Architekten und die Firmen an, die bei der Errichtung des Neubaues mitgewirkt haben, wobei er noch betonte, dass der Bau einer großen Anzahl von Arbeitnehmern und Unternehmer firmen in der jetzigen schweren Zeit Arbeit gegeben habe, was zur Erleichterung der wirtschaftlichen Not beigetragen habe. Nachdem Direktor Böckling noch unterstrichen hatte, dass mit dem Neubau die Elektrizitätsversorgung Wanne=Eickel in den Stand gesetzt sei. mehr als bisher für die Elektrizitätswirtschaft Wanne-Eickels nach modernen Grundsätzen zu werben und ihr zu weiteren Erfolgen zu verhelfen, versicherte er, dass die Elektrizitätsversorgung das ihr entgegengebrachte Vertrauen nach Kräften rechtfertigen werde.
Elektroinstallateur Fliegner begrüßte noch im Auftrage der Installateure den Bau der neuen Unterkunft und erkannte dabei sowohl die Verdienste des Geschäftsleiters der Elektrizitätsversorgung wie des Aussichtsrates an. Wie in der Vergangenheit erhoffte er auch für die Zukunft ein ersprießliches Zusammenarbeiten zwischen der Elektrizitätsversorgung Wanne-Eickel und den Installateuren.
Mit einem Musikvortrag fand dann der eigentliche Einweihungsakt sein Ende: es schloss sich dann ein Rundgang durch das Gebäude und nachher noch ein kleines Zusammensein im Parkhaus in Eickel an, bei dem u. a. Stadtv. Westhoff für die erschienenen Gäste die Hoffnung aussprach, dass die Zweige des unter so sorgfältiger Geschäftsleitung stehenden Baumes der Elektrizitätsversorgung Wanne=Eickel sich weiter ausdehnen möchten. Direktor Böckling dankte für diese guten Wünsche und hoffte, dass das bislang der Elektrizitätsversorgung erwiesene Wohlwollen auch weiterhin ihr erhalten bleiben möge.

Bei diesem Zusammensein wurden auch noch im Hinblick auf die derzeitige Feuerschutzwoche einige Filmstreifen vorgeführt, die recht eindeutig auf die groß Feuersgefahr geflickter Sicherungen und falsch behandelter Bügeleisen etc. hinwiesen. Gleichzeitig gab damit die Elektrizitätsversorgung ein Bild davon, wie sie sich die praktische Werbe= und Aufklärungsarbeit über die Anwendung der Elektrizität und die spätere Ausnutzung des Vortragsraumes im neuen Gebäude denkt. Im Übrigen zeigte das Zusammensein im Parkhause, an dem auch ein Teil der Angestellten und Arbeiter der Elektrizitätsversorgung teilnahmen, das gute Verhältnis, das in diesem Betriebe zwischen der Leitung und den Arbeitnehmern herrscht, was nicht zuletzt auch zur Steigerung der Leistungsfähigkeit beitragen dürfte, zumal jetzt, was besonders von den Arbeitnehmern des Werkes anerkannt wird, die neuen Räume ein wesentlich besseres Arbeiten als die unzulänglichen früheren Räume erlauben.
Im Hof der alten Unterkunft "auf der Wenge".

Der Rundgang

durch die neuen Räumlichkeiten zeigte, dass bei diesem Bau das Bestreben geltend gewesen ist, zweckmäßig und einfach, aber doch gut zu bauen. Demgemäß kann auch die gesamte Anlage ansprechen, sowohl der Grundriss und die Aufteilung, als auch die Ausführung der einzelnen Räume und Anlagen. Ein genaues Bild über die Gesamtanlagen haben wir bereits früher gegeben, sodass wir uns das heute sparen können. Was wir damals zum Teil erst im Rohbau sahen, hat sich inzwischen, nachdem alles vollkommen fertiggestellt ist, als wirklich gelungen erwiesen. Welcher gewaltige Unterschied zwischen der früheren Unterbringung in der ehemaligen Kriegsküche in Eickel und der heutigen Unterkunft an der Hindenburgstraße besteht, gebt wohl am besten aus den hier wiedergegebenen Bildern der früheren und der jetzigen Anlagen hervor. Damals enge, unzulängliche, nur mangelhaft mit Tageslicht versehene Räume, heute geräumige, gut beleuchtete und ansprechende Büros und Werkstätten, die die Arbeitsfreudigkeit steigern und die nach praktischen Gesichtspunkten den Erfordernissen des Betriebes entsprechend angelegt sind und die daher den gesamten inneren und äußeren Verkehr sich reibungslos abwickeln lassen, wobei noch besonders bedeutungsvoll ist, daß der Neubau die Möglichkeit zur Unterbringung einer größeren Reihe von Werksangehörigen erlaubt hat, die nun im Falle von Störungen etc. jederzeit zur Stelle sind, was natürlich den Stromabnehmern zugute kommt, indem Störungen in Zukunft recht bald behoben sein werden. Nachdem nunmehr unsere Elektrizitätsversorgung eine ihre würdige Unterkunft gefunden hat, kann sie sich mit ganzer Kraft für ihre vielen Aufgaben im Interesse einer guten Stromversorgung unserer Stadt einsetzen.


Verwandte Artikel

Quellen