Inne Kolonie

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel

Anne stand in der Küche und wollte das Essen für ihren Mann, der innerhalb der nächsten halben Stunde vom Pütt kam, zubereiten. Die fiel ihr ein: Ich brauche ja noch ein paar Eier. Jetzt noch zum Lebensmittelgeschäft an der Ecke laufen: Nein.

Feldherrensiedlung Blücherstraße 1976
Hinterhöfe im Feldherrenviertel 1976
Straßenschild Lützowstraße

Friedhelm Wessel [1]

Sie beschloss, ihre Nachbarin zu fragen. Die Bergmannsfrau verließ die Wohnung und klopfte an der Türe der Parterrewohnung in der Horsthausener Feldherren-Siedlung. Nichts rührte sich.

„Komisch“, dachte Anne, denn sie hatte doch die Stimme ihrer Nachbarin Mia vernommen. Also ging sie nach Draußen und umrundete das Siedlungshaus.

Als sie um die Ecke bog, hörte sie Mia schon. Sie unterhielt sich mit Erna Komozak von Gegenüber. Mia lag wie gewohnt im Fenster, Erna stand auf der Blücherstraße. Die beiden Frauen nickten nur kurz und ließen sich nicht stören, denn Mia erzählte gerade den neusten Klatsch aus der Siedlung.

„Der Jupp Mahlmann ist gestern widder total besoffen nach Hause gekommen. Und die arme Inge hat für ihre Blagen nix zu beißen. Man, watt sind dat für Zustände“. Erna Komozak nickte zustimmend.

„Na, watt gibbt denn Neues,“ wollte die dralle Mia, die kurz ihr Fensterguckkissen schüttelte, von Anne wissen.

„Eigentlich nix, ich wollte...“ Da unterbrach Erna den Satz: „Ich habe gehört, datt die Irmchen von den Keppners einen Neuen hat. Stammt abba nich ausse Siedlung. Hat sogar ein Auto. Iss wohl son feinen Pinkel.“

Mia schaute ihre Gesprächspartnerin Erna erstaunt an. „Ne, sach bloss, die war doch lange mit dem langen Kossmann hier ausse Siedlung zusammen. Sollen ja bereits die Verlobung geplant haben. Und nun dat. Ne, die armen Keppners...“

Mia hob ihre fleischigen Schultern, die in einer buntgeblümten Kittelschürze steckten und Erna nickte. „Mia, ich wollte...,“ setzte Anne nach.

„Bei den Gerstings gibbt et Sonntag Kaninchenbraten. Der Arthur hat gestern zwei Hasen die Ohren langgezogen“, warf Erna ein.

„Ja, kann schon sein, die Ruth hat doch Geburtags, da kommt wieder die ganze Verwandtschaft und frisst sich bei denen durch“.

Mia lachte hämisch. „Abba wat wollse eigentlich sagen“, fragte auf einmal Mia, die bemerkte, das ihre Nachbarin sehr ungeduldig war.

„Ich wollte fragen, ob du mir drei Eier leihen kanns, kriechse morgen widder. Happ nur keine Lust, in dat Geschäft zu laufen“.

Mia lächelte: „Warum sachse denn dat nicht sofort. Ich hole sie und dann muss ich weiter machen, ich putze nämlich die Fenster. Abba siehse ja, kaum hasse dat Putzzeug inne Hand, da versammelt sich de Nachbarschaft unnerm Fenster. Watt willze dat machen. Ich will ja nich unhöflich sein“.

Und als sie ihr Kissen packte setzte sie nach: „Außerdem erfährse ja sons nix. Es sei denn, man rennt einmal die Woche zum Friseur wie die Hilde Keppner, watt meint ihr, wat die so alles aus Horsthausen erzählen kann.“ [2]


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Einzelnachweise

  1. Dieser Text wurde von Friedhelm Wessel zur Verfügung gestellt. Der Text darf nicht ohne Genehmigung verändert oder weitergegeben werden.
  2. Ein Artikel von Friedhelm Wessel