Im Vorort „Vor Ort“

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel
Dieser Artikel wurde 1980 von Christian Stiebling für die Bürgerillustrierte "Herne - unsere Stadt - 01/1980"[1] verfasst (sic!). Die Fotos stammen ebenfalls von Christian Stiebling. Der Artikel wurde wieder veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung von Christian Stiebling, der Stadt Herne, Pressebüro und des Stadtarchivs Herne

Mit dem Bücherbus unterwegs

Im Bücherbus der Stadt Herne (1980) [2]

Hin und wieder sieht man ihn durch die Stadt fahren oder an seinen Haltestellen stehen - den grell grün-grün gestreiften städtischen Büchereibus. „Fahren Sie mal dienstags mit", so wußte Bibliothekar Günther Döppe, „am besten nachmittags, das ist die aufregendste Tour!"

Um 12.45 Uhr an einem solchen Dienstag ging's dann pünktlich los. Mit viertausend Büchern an Bord und 210 PS unter der Motorhaube setzte sich der gerade erst sechs Monate alte Bus von der Laderampe am Kulturzentrum in Richtung Emsring in Bewegung.

Einige Kinder und Jugendliche warteten schon sehnsüchtig auf den Lesestoff-Transporter. Sie konnten es kaum erwarten, daß sich endlich die automatischen Falttüren öffneten. Und als es dann so weit war, gab es dann auch kein Halten mehr. Im Nu war eine Plastikwanne voller Comics restlos geplündert. Der kleine Thomas hielt stolz drei Asterixhefte fest in der Hand und ließ sie fortan nicht mehr los.

Immerhin gehören alle Asterixabenteuer, und nicht nur die Geschichten des cleveren kleinen Galliers, achtfach zur Ausstattung des Wagens. Vergriffen sind die gleichwohl immer. Und so geht es mit fast dem ganzen Lesestoff im Bus. „Ich habe Ihnen ein Stückchen Kuchen mitgebracht", sagt eine erwachsene „Kundin" und demonstriert so den Erfolg, den sie mit einem ausgeliehenen Kochbuch hatte.

Als die Stadt den Bus für 300.000 Mark kaufte, sollte er vor allem städtische Randgebiete mit Lesestoff versorgen. Mitlerweile werden einmal wöchentlich 16 Haltepunkte für je eine Stunde angefahren – eine Ergänzung zu der Hauptstelle im Kulturzentrum und den elf stationären Nebenstellen im Stadtgebiet. Zur Bordbesatzung gehören neben Günther Döppe die Assistentin Ursula Stricker und Fahrer Klaus Walper – die Kunden sind überwiegend Jugendliche und Kinder. Erwachsene frequentieren die mobile Bücherei nur zu rund 25 Prozent.

Bei der Busausstattung wurde nichts vergessen – eine eigene Heizung oder Belüftung für jede Witterung, Stereoanlage, Toilette, ausfahrbare Trittstufe und beheizbare Außenspiegel. Hinzu kommen Zusatzbatterien, da der Wagen demnächst mit einer EDV-Anlage ausgerüstet werden soll. [2]

Außer Büchern hat der Bus eine Cassettenauswahl und einige Spiele dabei, und ein eigenes Magazin mit 12.000 Büchern zum Nachfassen befindet sich im Kulturzentrum. Für die Emsring-Kinder kommt der Bus zur richtigen Zeit. Nach der Schule können sie direkt Bücher entleihen – kostenlos, wie jeder Service der Stadtbücherei. Der 14jährige Thomas hat nach einigem Suchen neue Pferdebücher entdeckt, und die kleine Nicole interessante Abenteuerschmöker gefunden. Besonders populär sind auch die „drei Fragezeichen" von Alfred Hitchcock. „Haben Sie keine Bücher über Raumschiffe," platzt Peter dazwischen - aber auch ihm kann geholfen werden. Leer geht ein kleiner Steppke aus, der unbedingt eine Cassette von den „Bee Gees" mit nach Hause nehmen möchte, aber er will am nächsten Dienstag wiederkommen.

Nächster Haltepunkt der dienstäglichen Tour ist die Zietenstraße. Hier stürmen regelmäßig türkische Kinder den Bus - deshalb werden immer nur zehn Personen auf einmal eingelassen, sonst ist die Hektik zu groß. Nach kurzem Suchen hat ein kleiner Türke ein Malefiz-Spiel entdeckt – völlig begeistert begutachtet er seinen „Fund" auf einer Bücherbusbank. Besonders suchen die Kinder nach türkischer Kinderliteratur – auch diese hat die rollende Bücherei an Bord. Kinderbücher werden meist in dreifacher Ausführung mitgenommen und Romane zweimal, um die Wünsche an allen Haltepunkten befriedigen zu können. Denn: Im Januar wurden knapp. 10.000 Bücher und Cassetten entliehen, und rund 2.300 Besucher kamen in den Bus.

Mitnehmen kann jeder soviel Bücher, wie er möchte – nur müssen diese binnen vier Wochen wieder zurück sein. Literatur aus anderen Büchereien kann besorgt werden. Falsch lag jedoch ein kleiner Türke, der einige Cassetten entlieh und diese nach wenigen Minuten wiederbrachte – der Vater hatte ihn belehrt, daß man keinen Recorder habe. [3]

Die Leselust hat sie gepackt. [2]

Die damaligen Haltestellen

Montag

Dienstag

Donnerstag

Freitag

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Quellen

  1. Herne - unsere Stadt - 01 / 1980
  2. 2,0 2,1 2,2 Foto von Christian Stiebling (1980)
  3. Ein Artikel von Christian Stiebling