Hof Weusthoff am Düngelbruche (Reiners 1935)

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel

Am 11. Mai 1935 wurde im "Herner anzeiger" folgender Artikel von Dr. Leo Reiners über den Hof Weusthoff veröffentlicht, welchen wir hier gerne wiedergeben. [1]

Hof Weusthoff am Düngelbruche

Einst rundum mit Wasser umwehrt- Eine besondere Erscheinung unter den Herner Höfen

Eine besondere Stellung unter den Herner Bauernhöfen nimmt der Hof Weusthoff ein, denn er war einst wie ein Wasserschloss (siehe Strünkede, Schadeburg, Bladenhorst) ringsum von Wassergräben umgeben. Diese wehrhafte Anlage war noch im Jahre 1823 bei der Anlegung der Katasterurkarte vorhanden. Unsere nach dieser Karte angefertigte Zeichnung lässt den alten Zustand gut erkennen. Großer TextBevor wir darauf näher eingehen, sei etwas über die Lage des Hofes im allgemeinen gesagt. Er befindet sich, völlig einsam gelegen, zwischen der Berg= und Wiescherstraße. Zugängig ist er von dem Wege aus, der die Siedlung Altenhöfen mit der Wiescherstraße verbindet und dort im Zuge der Feldstraße nach Sodingen weitergeht. Dieser Weg führt am Hang des hier nach Süden ansteigenden Geländes entlang, das die Flurbezeichnung „Auf dem Kampe“ trägt. Die Erhebung sinkt aber dann zu einer Mulde ab, die hinter Weusthoffs Busch wieder zu der Constantiner Höhe ansteigt. In dieser Vertiefung liegt Weusthoffs Hof.
Sie ist schon durch die Flurbezeichnung Düngelbruch als sumpfig und wasserreich gekennzeichnet. In ihr entspringen mehrere Bäche (siehe Zeichnung), die den Westbach bilden helfen. Außerdem zeichnete sie sich einst durch einen großen Wald aus, der der Ausläufer der Herner Mark war und von dem Weusthoffs Busch, der für den Botaniker wegen seines urwüchsigen Pflanzenreichtums heute noch der interessanteste im Stadtgebiet ist, nur den Rest bildet. Noch vor 100 Jahren reichte dieser Wald bis an die die Zeichnung von oben bis unten wie ein Halbkreis durchziehenden Wege heran, vornehmlich die an den gestrichelt (d. h. mit nicht genau festliegenden Grenzen) gezeichneten Weg unten, der den Hof Weusthoff noch heute mit der Wiescherstraße verbindet, während der im rechten Winkel dazu (rechte untere Ecke der Zeichnung) abgehende Weg derjenige ist, der auf den bereits erwähnten Verbindungsweg zwischen Altenhöfen und Wiescherstraße mündet.

Kam man einst über diesen Zugangsweg zum Hof, so sah man sich großen Wasserflächen gegenüber, während der schmale Zugang zum Hof mit einem trotzigen rechtwinkligen Bau gesichert war. Dieser ist schon lange verschwunden. Heute liegt der Zugang zum Hof offen da, zur Linken des Ankömmlings ist nur noch ein kleiner Tümpel vorhanden, in dem Enten und Gänse herumschwimmen. Das ist alles, was von der einstigen wehrhaften Wasserbefestigung übriggeblieben ist. Man kann allerdings im Gelände noch teilweise die Böschungen der großen Gräfte feststellen. In der Zeit zwischen 1823 und 1870 ist schon ein Teil der Gräften verschwunden, denn die außerhalb des Zuganges punktiert gezeichnete Scheune ist mit einer Ecke in dem alten Wasserbereich erbaut. Auch diese Scheune steht heute nicht mehr, sie ist 1896 einer Brandstiftung zum Opfer gefallen. Sie dürfte wohl als Ersatz für die 1823 an der anderen Seite der Hofanlage direkt an dem hier sehr breiten Wege vorhanden gewesene Scheune erbaut worden sein.
Innerhalb der Wassergräben, die an der Rückseite der Anlage schmaler waren, weil hier wahrscheinlich der Wald und das Düngelbruch das Herannahen eines Feindes erschwerten und so natürlichen Schutz boten, lagen das große Bauernhaus, das kleine Backhaus und ein drittes Gebäude. Das Backhaus ist ebenso wie die Wassergräben, in deren Winkel es stand, verschwunden. Das dritte Gebäude hat vielleicht einmal den Alterssitz abgegeben, denn in der Feuerstättenliste von 1664 wird erwähnt, dass der Hof des Pächters Weusthoff zwei Feuerstätten habe, „deren eine seine Schwester, eine gebrächliche Persohn, bewohnet". An Stelle dieses Gebäudes entstanden zwischen 1870 und 1886 die punktiert gezeichneten Stall= und Schuppenanbauten, die (teilweise erneuert) heute noch vorhanden sind. Verschwunden ist auch das kleine Häuschen am Bache, der (wie die Zeichnung zeigt), nach" dem er sich mit einem zweiten Bächlein vereinigt hatte, eine teichartige Erbreiterung füllte und dann in Richtung Altenhöfen weiterfloß. Dagegen ist das Bauernhaus noch dasselbe wie 1823. Es bestand bei der damaligen Kartenaufnahme schon einige Zeit. Über sein genaues Alter und seine Erbauer unterrichtet der Deelenbalken, der folgende Inschrift trägt:

Johan Henderich Weusthof und Anna Maria
Schwen in der Wann Ehleite
Anno 1805 denn 9 Julius
Bauen und pflansen las dich nicht verdriesen
deine Nachkomen werden es wohl geniesen
befiel dem Herrn deine Wege und hof auf ihm
er wird dir geben was dein Hertz wünschet.
Hangohr.

Hangohr, der auch in anderen Balkeninschriften in Herne verewigt ist, war der Zimmermeister, der das Haus gebaut hat. Im Jahre 1805 wurde es vollendet. Die Namen des Ehepaares Johann Henrich Weusthoff und Anna Maria Schwen in der Wanne führen uns zu der Familiengeschichte der Weusthoffs. Ihr Name dürfte von dem Hof genommen sein, denn Weusthoff oder Woisthoff und Wosthoff. wie es in älteren Formen heißt, kommt von ahd wuosti oder wost: (= lat. vastus), was unangebaut, öde und nach Jellinghaus außer wüstes Land auch verhauener Wald heißt. Das lässt die Deutung zu, dass der Hof seinen Namen daher hat, dass er in unangebautem Bruchgebiet angelegt und der Platz für ihn wahrscheinlich vorher durch Waldrodung freigelegt wurde.

Wann die Weusthoffs sich zum ersten Male hier am Düngelbruche angesiedelt haben, ist nicht festzustellen, auffallend ist aber, dass sie sich weder der Gruppensiedlung Altenhöfen noch der Gruppensiedlung an der Wiescherstraße (Breilmann, Koppenberg, Wiesmann, Sehrbruch) angeschlossen, sondern die Form der Einzelsiedlung gewählt und dazu die Senke des Düngelbruches ausgesucht haben. Der „Wasserburg"=Charakter weist ebenfalls auf eine von den übrigen Bauern abweichende Herkunft hin. Man kann daher vermuten, dass die Gruppensiedlungen, die wir bei Altenhöfen als möglicherweise der Zeit der Brukterer angehörig nachgewiesen haben, vor dem kurz vor 700 nach Christi Geburt erfolgten Einfall der Sachsen in das Land der Brukterer entstanden, während der Hof Weusthoff einem Angehörigen des sächsischen Eroberer= und Herrenvolkes seine Entstehung verdankt, der einerseits zur Wahrung der sächsischen Herrschaft bestimmt und anderseits seiner Vereinzelung im eroberten Land wegen zu besonderer Sicherungen gezwungen war. Natürlich lässt sich das nur mutmaßen, beweisen lässt es sich nicht, wie überhaupt über die ältere Geschichte der Familie Weusthoff wenig bekannt ist, da alte Familienpapiere in der Familie nicht mehr vorhanden sind.
Zum ersten Male wird ein „Woisthoff“ im Jahre 1486 im Märkischen Schatzbuche erwähnt. Damals hatte er 6 Gulden an Steuern aufzubringen, wovon 3 Gulden bereits bezahlt waren und 3 Gulden noch ausstanden. Der Satz von 6 Gulden war der Höchstsatz, der erkennen lässt, dass der Hof Weusthoff zu den großen Bauernhöfen gehörte. Dann finden wir „Wosthoff“ in der Türkensteuerliste von 1542 wieder. Damals hatte er 2 Goldgulden Steuer zu zahlen. Das war zwar nicht der höchste Satz, aber einer der höchsten. In der Feuerstättenliste von 1664 steht „Pfächtiger Woisthoff“, der nach einer Matrikel von 1654 zu 5 Rthlr. 39 Stbr. Steuer veranlagt war. Damit war er von allen Herner Bauern der höchstbelastete Steuerzahler. Selbst der „Große“ Overkamp zahlte nur 4 Rthlr. 40 Stbr. Die Feuerstättenliste berichtet indes, dass der Hof Weusthoff grundherrliches Eigentum der Herren von Ossenbruch und die Weusthoffs nur Pächter geworden waren. Näheres darüber ist leider nicht bekannt. Der für 1654 bzw. 1664 genannte Pächter dürfte der „Henrich Jürgen Wüsthoff" gewesen sein, dem nach Angabe des Kirchenbuches im Jahre 1685 ein ehelicher Sohn starb.

Von einem weiteren Sohne, der 1693 starb, berichtet ein Grabstein, der einst auf dem Herner Friedhof (jetzt Alter Markt) stand, dann vor der Eingangstür des Hofes mit der Schrift nach unten lag und heute an einem Pfeiler der Gartenmauer steht. Er trägt die Inschrift: „Anno 1693 den 7. Janvary ist der ersammer Wilhellem Wuesthoff im Herren entschlaffen seines Alters 37 Jahr.“ Dieser „Wilhellem Wuesthoff“ ist wahrscheinlich der Hoferbe gewesen.

Der Erbauer des jetzigen Bauernhauses, Johan Henderich Weusthoff, war am 17. September 1765 geboren. Am 29. Oktober 1794 vermählte er sich mit Anna Maria Schwen in der Wanne, die am 20. April 1828 starb, während er noch bis 1838 lebte. Aus dieser Ehe gingen 9 Kinder hervor, das zweite, Johann Henrich (geb. 1797), erhielt den Hof, das vierte, Anna Maria (geb. 1801, gest. 1879), heiratete den Schulte am Esch und ist dort noch in einer Balkeninschrift verewigt. Der Hoferbe Johann Henrich vermählte sich am 17. August 1833 mit Anna Catharina Kley von Kley. Von den drei Kindern dieser Ehe übernahm später das älteste, der 1835 geborene Georg Henrich, den Hof. Er heiratete am 1. 2. 1863 Anna Maria Lisette Overkamp. Diese war die älteste Tochter Johann Henrich Overkamps (des „kleinen" Overkamp) aus dessen zweiter Ehe mit Gerdrut von Bickern (diese beiden Namen stehen noch am Hofe Overkamp, jetzt Evgl.=Kirchliches Jugend= und Wohlfahrtsamt, an der Kronprinzenstraße). Aus der Ehe von Georg Henrich Weusthoff und Maria Lisette Overkamp entsprossen fünf Kinder. Eins davon ist Frau Sanitätsrat Dr. Feldmann, ein anderes, der Sohn Wilhelm, wohnt jetzt noch auf dem Hofe. Die Geburt des vierten und fünften Kindes, eines Zwillingspaares (Caroline Lisette und Louis) im Jahre 1868 kostete die Mutter das Leben. Der Witwer sah sich genötigt, zum zweiten Male zu heiraten. Er ehelichte die jüngste Schwester seiner ersten Frau, Anna Maria Gertrud Henriette Overkamp. Von dem Zwillingspaar starb die kleine Karoline im Alter von 5 Jahren, Louis wurde 19 Jahre alt, fiel aber dann bei einem schweren Gewitter beim Pflügen hinter dem jetzigen Kommunalfriedhof einem Blitzstrahl zum Opfer.

Der schon genannte ältere Bruder Wilhelm, der jetzt den Hof bewohnt, hat keine Kinder, weshalb das Gut schon 1915 in den Besitz der Erbengemeinschaft Weusthoff übergegangen und daher nicht Erbhof geworden ist. Wilhelm Weusthoff gehörte früher dem Stadtverordnetenkollegium und dem Presbyterium der evangelischen Gemeinde an. Ein solches kirchliches Ehrenamt ist auch von manchen seiner Vorfahren bekleidet worden. Welch bedeutende Stellung die Weusthoffs in der Gemeinde einnahmen, geht auch daraus hervor, dass nach den Befreiungskriegen, als die Mark wieder mit Preußen vereinigt wurde und die Deputierten der einzelnen Stände in Münster den Huldigungseid leisten sollten, für den Amtsbezirk Herne die Bauern Heinrich Weusthoff (der Erbauer des Wohnhauses) und Rötger Overkamp dazu auserwählt und nach Münster entsandt wurden. Dr. L. R.


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Quellen