Die Limburger Lehen der Strünkeder XIII.

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel

Leo Reiners widmete sich in den Jahren 1938/39 in einer Artikelserie den Limburger Lehen der Strünkede.

Herner Anzeiger
Samstag, den 4. März 1939
Nr. 48 (Drittes Blatt)

Die Limburger Lehen der Strünkeder

Übergang auf die Crudenburger Linie der Strünkeder.— Andere Bewerber abgewiesen.— Besitzveränderung der Lehnshöfe - Das Buersche Lehnsgut bleibt unauffindbar.- Ende der Reichsherrschaft Styrum.
XIII. und Schluß[1]

Am 21. Mai 1778 erhalt Caroline von Strünkede die Antwort auf ihre Bewerbung um die Limburger Lehnsstücke. In dieser Antwort wird ihr gesagt, die Lehnsstücke seien feuda mere masculina, reine Mannlehen. Außerdem habe sich der nächste Agnat[2], der Freiherr Sigismund von Strünkede zu Crudenburg, bereits gemeldet und Mutschein sowie Mitteilung über den Belehnungstermin erhalten.
In der Tat hatte sich Frhr. Sigismund von Strünkede zu Crudenburg in einem Schreiben vom 28. April 1778 an den Lehnsdirektor Kopstadt gewandt, sich als einzigen männlichen Agnaten bezeichnet, unter Beifügung von zwei Reichstalern für Gebühren um den zwischenzeitlichen Mutschein sowie um Mitteilung der Lehnsgebühren und des Belehnungstermins gebeten und durch einen von Pastor Schindler ausgestellten Auszug aus dem Crudenburger Kirchenbuch über seine am 20. Mai 1748 erfolgte Taufe (geboren war er am 7. 5.) und elf Taufpaten sowie durch eine Bescheinigung des Weseler Richters Pagenstecher, daß er ein vollbürtiger Sohn weiland des Freiherrn Sigismund von Strünkede zu Crudenburg sei und sonst keine Söhne von diesem am Leben seien, seine Qualification nachgewiesen.
Am 22. Mai hat Kopstadt in einem Schreiben an den Grafen Philipp Ferdinand von Limburg=Styrum dargelegt, wie es um die Strünkeder Lehnsstücke bestellt war. Als „annoch der eintzige Agnat“ habe sich der Frhr. Sigismund von Strünkede zu Crudenburg ein Herr von 30 Jahren, gemeldet. „Den Muthschein schließe zur Ausfertigung und Uebersendung nach Crudenburg über die Duisburger Post anbey; und zweifle nicht der bestimte Termin werde Ew. Hochedelg. gefällig seyn. 200 rthl. Edictmäßig habe pro laudemio et Jurivus gefodert; und 2 rtyl. Currant hat Er für den Muthschein eingesendet.“ Herr Krahne, so fährt Kopstadt fort, habe sich wegen der Freiin Carolina von Strünkede gemeldet, doch sei einstmals der Consensus testandi an den Präsidenten von Strünkede ausdrücklich auf die Agnaten eingeschränkt worden. Es habe sich dann noch ein Joh. Wilh. von Clutenberg von und zum Diepenbeck aus Cleve gemeldet und einen Stammbaum angeschlossen. Dieser sei aber undeutlich und scheine selbstgemacht zu sein. Wenn „Struncks" und „Strunckede“ einerlei sein sollten, wie der Herr meine, so komme seine Verwandtschaft zu den letzteren von einer „Sie“ her, helfe ihm also nichts.
Dem Freiherrn Sigismund von Strünkede zu Crudenburg wird also der Mutschein übersandt und Termin auf den 16. Juni festgesetzt, Carolina von Strünkede und Joh. Wilh. v. Clutenberg zum Diepenbeck in Cleve erhalten Absagen. Dem letzteren wird mitgeteilt, aus dem angeführten Stammbaum komme nichts Vorteilhaftes für ihn heraus, er werde sich also besser, als geschehen, qualificiren müssen.
Die Belehnung des Freiherrn Sigismund Ludwig Friedrich Karl von Strünkede zu Crudenburg fand, wie vorgesehen, am Dienstag, dem 16. Juni 1778, statt. Er hatte hierzu als Bevollmächtigten einen Joh. Herm. Hencke aus Drevenack im Clevischen entsandt. Dieser wies (nach dem Lehnsprotokoll) anstelle einer Qualification des Frhr. v. Strünkede zu Crudenburg ein von der Märkischen Ritterschaft seiner Schwester, der verehelichten Frau von Palandt, die bekanntlich Haus Strünkede erbte, erteiltes Zeugnis vor, woraus hervorging, „daß sein Großvater Johann Conrad von Strünkede ein leiblicher Sohn des hier belehnten weyland Godfried Frh. von und zu Strünckede geweßen". Dieses Zeugnis liegt unter den Styrumer Archivalien noch vor. Es tragt das Datum „Heren, d. 20. Aprill 1774“ und ist ausgestellt von Ständedirektor Frhr. v. Plettenberg zu Heren. In ihm wird der Frau Sophie Charlotte Louise Henriette Baronesse von Palandt gebornen Baronesse von Strünkede von dem Hause Crudenburg auf Ansuchen bescheinigt, daß die Familie von Strünkede seit vielen Jahrhunderten das Haus Strünkede besessen und von jeher für adelig, stifts= und rittermäßig anerkannt worden sei, wie denn noch am 16 Nov. 1695 der Johann Conrad Freiherr von und zu Strünkede bei der Märkischen Ritterschaft mit dem Wappen seines Vaters, des Gottfried Frhr von und zu Strünkede, und seines Großvaters, des Frh. Conrad von und zu Strünkede, aufgeschworen worden sei. Der letztgenannte Johann Conrad sei der Annichvater (= Urgroßvater) der Baronesse von Palandt geb. Baronesse von Strünkede vom Hause Crudenburg.
Diese Qualifikation und die Vollmacht wurden, wie das Lehnsprotokoll besagt, für hinlänglich angenommen. Doch machte das Heergeweide noch Schwierigkeiten. Wie oben bemerkt, wurden 200 Reichstaler für Heergeweide und Kanzleigebühren gefordert. Hencke bat aber „um einen Nachlaß, zumal sein H. Principalis doch noch zur Zeit nichts eigenes habe, und alles würde negotiiren (= beschaffen) müßen, das Heergewayde auch sonst nie so hoch bezahlet worden“.
Man war aber, wie immer in Geldfragen den Strünkedern gegenüber, entgegenkommend und begnügte sich mit 140 Reichstalern, nämlich 100 für das Heergeweide und 40 für die Kanzleigebühren für drei Lehen.“ Hencke nahm den Nachlaß an und bezahlte das Geld, legte namens seines Auftraggebers in Gegenwart der Zeugen Hermann Dräckmann und Bernhard Lisefeld den Lehnseid ab, empfing den Lehnsbrief und stellte den Reversalbrief aus.
Die hohe Forderung von ursprünglich 200, dann 140 Reichstalern an Heergeweide und Kanzleigebühren rührte, wie aus einer Notiz in den Styrumer Archivalien hervorgeht, daher, daß „wegen des Collateralfalls (= Heimfall)“ das doppelte Heergeweide gefordert wurde.
Indes war immer noch ungeklärt, wo der Hof zu Berge eigentlich lag. Daher schrieb der Freiherr Sigismund von Strünkede zu Crudenburg am 27. November 1778, obgleich er auf sein Schreiben vom 17. Juli wegen der Verdunkelung des Lehngutes zu Berge noch keine Antwort erhalten habe, hoffe er doch, daß die Lehnskammer zu Styrum zur Erforschung dieser Verdunkelung das Nötige vorkehren und veranstalten werde. Er teilt dann weiter mit, er habe am 16. November seinen Bevollmächtigten Hencke ins Märkische geschickt, um die zu Martini fällig gewesenen Pächte der Styrumer Lehen zu erheben. Als aber Hencke den Lehnbauern Düngelmann vorgefordert habe, habe sich herausgestellt, „daß dieses Guth Vor bereits etlichen Jahren Von dem dasigen Jurisdictions Richter an die Freyfrau von Strünkede öffentlich, und Von dieser wiederum an den Richter daselbst Herrn Geheimen Rath Grolman zu Bochum Verkaufft worden, welcher sich auch in die Völlige Possession dieses Lehn=Guthes gesetzet, und mir also die praestatio onerum feudalium (die Leistung der Lehnslasten) schwer gemachet werde. Ich sehe mich dahero gedrungen Ewer Wohlgebohren dieses nicht allein anzuzeigen, sondern auch um Manutenentz (= Schutz) zu bitten, den Colonum Düngelman Von seiten der Lehn=Cammer die Nötige ordres der jährlichen praestandorum wegen zuzustellen, und wie solches geschehen, mir eine geneigte advis (= Bericht) Von denen Vorkehrungen zukommen zu laßen, damit wißen können, was, und welchergestalt ich meine Messures (= Maße) zu nehmen[3] habe.
Was auf dieses Schreiben hin geschehen ist, ist aus den Styrumer Archivalien nicht mehr zu ermitteln. Ueberhaupt sind die nun folgenden Schreiben so gering an Zahl, daß man über das weitere Schicksal der Limburger Lehen nicht mehr viel erkennen kann. Die Belehnten betrachteten das Lehngut mehr oder weniger als ihr Eigentum. Daher klagt Kopstadt in einem Brief vom 26. 3. 1785: „.. Die Cavalier find unartig. Die weitere Probe haben Wir an dem v. Strünckede, der den Hemmers Hoff vor Strünckede einem Schulten zu Langfurth verhandeln wollen, und an eben diesem wegen des Guts Berge im Büerschen Gericht, so noch nicht wie der ausgefündiget ist, doch bin ich auf der Spur, daß der Frh. v. Fürstenberg zur Horst den selben als Creditor antichreticus (= nutznießender Gläubiger) Vielleicht gar als Käuffern defructuiren solle.“
Im Jahre 1803 ist Graf Philipp Ferdinand von Limburg=Styrum tot. Von seinem Nachfolger Graf Ernst Maria von Limburg=Styrum mußten die Vasallen ihre Lehen neu empfangen. Mit Briefen vom 18. 10. 1803 wurden die Lehnsbesitzer ausgefordert, am 26. Oktober bei der Lehnskurie zur Lehnserneuerung zu erscheinen. Dabei wird der Hof zu Berge „Berger olim Beelen Guth im Vest Recklinghausen Kirchspiel Bur“ genannt. Daraus könnte man folgern, daß der Hof zu Berge inzwischen wiedergefunden worden sei, aber das Wort olim = einst weist darauf hin, daß „Beelengut“ ein älterer Ausdruck für diesen Hof ist. In der Tat findet sich an dieser Stelle unter den Styrumer Archivalien der Rest eines vorläufigen Lehnsbriefes aus dem Jahre 1752, in dem die Limburger Lehen der Strünkeder aufgeführt sind, statt Hof zu Berge aber „Hof Beelen zum Berge“ geschrieben steht. Wahrscheinlich hat dieser Lehnsbrief den Anlaß dazu gegeben, im Jahre 1803„Berger olim Beelengut“ zu schreiben, so daß wahrscheinlich auch damals noch nichts Näheres über diesen Hof ausfindig gemacht war.[4] Genannt wird in den Einladungsschreiben außer dem „Berger olim Beelengut“ nur noch der Zehnte zu Pöppinghausen, von den anderen Lehen (Düngelmann, Schulte in der Langfurt, Zehnten aus Risse und Büchte in Holthauen) ist nicht die Rede. Leider hören hier die Styrumer Archivalien auf. Sie sagen uns nichts mehr über das Aufhören des Lehnsbandes, das in anderen Fällen durch eine Summe Geldes abgelöst worden ist. Zum Schluß sei noch bemerkt, daß die unmittelbare Reichsherrschaft Styrum von den Franzosen dem Großherzogtum Berg einverleibt worden ist, der Graf Ernst Maria von Limburg=Styrum 1809 gestorben ist, nachdem er seine Schwägerin, das Freifräulein Maria Margareta von Humbracht im Kronstadtischen Damenstift zu Frankfurt, zur Generalerbin eingesetzt hatte, und Lehnsdirektor Marcks von ihr 1821 das Haus Styrum kaufte.

Wir sind am Ende unserer Darstellung über die Limburg=Styrumer Lehen an die Strünkeder angelangt. Sie erfolgte in aller Ausführlichkeit, weil das Styrumer Archiv uns das bisher umfangreichste Strünkeder Material überliefert hat und in ihm nicht nur ein Stück Herner Hofesgeschichte enthalten ist, sondern auch ein Querschnitt durch Jahrhunderte Strünkeder Familien= und Vermögensgeschichte.
Dr. L. Reiners. Zurück.

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Quellen

  1. Online auf Zeitpunkt.nrw
  2. Anmerkung Reiners: Unter Agnaten verstand man die Verwandtschaft durch männliche Mitglieder der Familie im Gegensatz zu Cognaten, den Verwandten durch weibliche Geschlechterfolge.
  3. Anmerkung Reiners: Den Ausdruck „Maße nehmen“ in diesem Sinne kennen wir heute nicht mehr, wohl noch das Hauptwort dazu „Maßnahme“.
  4. Nach einer Auskunft des Katasteramtes Gelsenkirchen hat sich dort für den Anfang des vorigen Jahrhunderts kein Beelengut in Buer feststellen lassen. – Im übrigen erklärt unsere Darstellung über das lehen „Hof zu Berge“ die bei Döhring („Chronik von Strünkede und den umgebenden Gemeinden“ Baukau 1896, S. 39) in einer angeblich aus dem Jahre 1786 stammenden „Vasallen=Tabelle“ wiedergegebene Bemerkung. „Die Freifrau v. Palland … besitzt ferner … außerhalb Landes den Hof zu Berge im Kölnischen, so aber verdunkelt“.