Die Limburger Lehen der Strünkeder X.

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel

Leo Reiners widmete sich in den Jahren 1938/39 in einer Artikelserie den Limburger Lehen der Strünkede.

Herner Anzeiger
Samstag, den 4. Februar 1939
Nr. 30 (Drittes Blatt)

Die Limburger Lehen der Strünkeder

Letzter Versuch des Enterbten.— Der Tod des Herrn von Strünkede zu Crudenburg. — Wieder Differenzen um die Höhe der Lehnsgebühren.— Die Limburger Lehen Mitgift? — Drohung mit dem Heimfall.— Schlechte Wege verhindern die Reise nach Styrum.- Belehnung des unmündigen Conrad Ludwig von Strünkede.— Verschlechterung der Strünkeder Vermögensverhältnisse.


X.[1]

Am 25. September 1743 war, wie wir zuletzt darlegten, der Freiherr Ludwig von Strünkede aus der Dorneburger Linie als Universalerbe des Clevisch-Märkischen Regierungspräsidenten Johann Conrad von Strünkede mit den Limburger Lehen belehnt worden. Doch gab sich der bei der Erbfolge übergangene ältere Bruder des Belehnten, der Frhr. Carl von Strünkede zu Dornedurg, noch nicht zufrieden. In einem Schreiben vom 11. März 1744 aus Cleve an den Lehnsdirektor in Styrum (dort eingegangen am 13. März, Porto 4 Stüber) schreibt er, er verstehe nicht, weshalb seine Belehnung nicht nur von Monat zu Monat, sondern von Jahr zu Jahr aufgeschoben werde. Von niemand werde in Zweifel gezogen, „daß ein vasallus über lehen nicht Testiren Könne als mit Bewilligung des Lehn=Herrn und nechsten agnati (= Verwandten)". Wenn ein Lehnsherr dem zuwiderhandle, begehe er eine offenbare Ungerechtigkeit, indem er über eines anderen Gut disponiere, und eine Nullität (= Nichtigkeit). Da er das die Billigkeit liebende Gemüt des Grafen kenne, könne er sich die Erteilung des Lehnskonsenses nur so erklären, daß der Herr Graf gedacht habe, er, der Briefschreiber, als ältester „Klein Sohn“ (= Enkel) seines und seines Testators gemeinsamen Großvaters sei damit zufrieden. So enthalte der Lehnskonsens nichts anderes als die Erlaubnis, gegen göttliche und weltliche Rechte zu enterben und so unbesonnen zu testieren, wie der Testator das getan habe. „Nur hat es mein Seeliger Vetter als ein Dingen wo man die Kinder mit Bange macht, seinem Testamento ein Zu Verleiben gut gefunden.“ (Hiermit meint der Briefschreiber die Begründung seines Ausschlusses von der Erbschaft.) Da er sich u. a. „allzier (=in Cleve) mit dem im Königlichen Territorio Belegenen Lehen Belehnen lasse“, ersuche er, in Kürze einen Belehnungstermin anzuberaumen und ihm „mit ehister post“ zu schreiben, was die Lehnskammer tun werde.
Von einer Antwort ist aus den Styrumer Arhivalien nichts zu ersehen. Erst im Jahre 1749 beginnt ein neuer Strünkedisch=Styrumer Briefwechsel. In diesem Jahre (am 24. 2.) war Christian Otto Graf von Limburg gestorben, und sein Sohn Karl Joseph August Lehnsherr geworden. Damit war eine Lehnserneuerung fällig. Am 15. September 1749 schreibt Freiherr Ludwig von Strünkede von Strünkede aus an den Lehnsdirektor, sein jüngerer Bruder, der Herr von Crudenburg, sei „mit Hinterlaßung einer betrübten Witwe und fünf unmündige Kinder hieselbsten den 11ten diesen im Herren entschlaffen“[2]. Er sei dadurch behindert, den ihm zur Belehnung gesetzten Termin wahrnehmen zu lassen, und bitte, ihn um etwa sechs Wochen zu verlängern sowie ihm die Lehnjura und kanzleigebührnisse mitzuteilen. Zwar ist eine Abchrift des Antwortbriefes nicht vorhanden, doch geht aus mehreren Notizen hervor, daß die erbetene Verlängerung bis zum 9. Oktober gewährt worden ist. Was der Antwortbrief sonst noch enthielt, ist ersichtich aus dem Schreiben des Freiherrn Ludwig von Strünkede an den Lehnsdirektor vom 4. Oktober. Bei einer Rückkehr, so schreibt er, habe er dessen Schreiben erhalten. Er danke „zusorderst Vor die gütige Kondolence wegen absterben meines sehl. Bruders und dabey gethanen guthen wunsch". Was die Lehnserneuerung anbelange, so könne er „wegen publiquen Aiffairen, welche wie bekand in hiesigen Landen nunnehro nicht außgesetzet werden dürffen“, keines Bevollmächtigten habhaft werden, um ihn am 9. d. M., auf den der ordentliche und von der Regierung vorgeschriebene Gerichtstag in Castrop falle, abzusenden. Deshalb bitte er, den Lehnstermin in die darauf folgende Woche zu verlegen. Ueberdies seien die Lehns= und Kanzleigebühren allzu hoch angesetzt, zumal es sich nur um ein Lehen handle, über das nur ein Lehnsbrief ausgestellt werde. Bei der letzten Belehnung seien nur 10 Rthlr. kanzleigebühren bezahlt worden, „wobey nicht ohnerinnert seyn laßen kan, daß, alß in alten Zeiten eine gräffinn von Styrum an einen meiner Vorfahren Herrn und Besitzern dieses hauses Verheyrathet worden, derselben solche stucke pro dote mitgegeben und nur das Dominium directum vorbehalten worden[3], alß daß es damit eine andere Beschaffenheit alß mit anderen Lehnen hat". Er sei nach wie vor zur Lehnserneuerung bereit, solange man aber über die Gebühren nicht einig sei, würde es vergeblich sein, einen Bevollmächtigten abzusenden. Er ersuche daher den Lehnsdirektor, „sich näher und annehmlich nach dem herkommen zu erklähren, worüber gefällige Resolution nit bringern dieses mir außbitte".

Dem Strünkeder Boten ist indes kein Bescheid mitgegeben worden. Dafür antwortet der Lehnsdirektor im 17. Oktober dem Freiherrn von Strünkede, er habe ein Schreiben kurz vor der Abreise nach Styrum[4] erhalten und es sofort dem Grafen präsentiert. Diesem sei der Inhalt „sehr befremdet“ vorgekommen. Er habe gemeint, daß außer den Bedienten des Freiherrn von Strünkede noch andere ehrliche Leute hätten bevollmächtigt werden können. Dennoch habe der Graf zum Beweis seiner besonderen Achtung für das Haus Strünkede einen neuen Termin, aber unumstößich, auf den 5. November festzusetzen geruht, und er hoffe, um so mehr, der Freiherr von Strünkede werde ihn wahrnehmen lassen, als es der dritte Termin sei und der Graf in der Woche darauf „wieder nach Böhmen[5] zu dero Herrschaften Verreisen, und Vor dero Abreise die Lehns Renovationes Völlig zu Stande gebracht wißen" wolle. Der Freiherr von Strünkede müsse zweifellos sehr irrig unterrichtet sein, wenn er meine, daß er nur ein Lehen besitze, das gerade Gegenteil sei aus dem Styrumer Archiv, aus dem eine Reversal=Abschrift als Beweisstück beigefügt sei, zu ersehen. Wenn sie über drei besondere Lehen nur einen Lehnsbrief ausgestellt bekommen hätten, müßten sich die Vasallen billigerweise dafür bedanken, umal sie dadurch manchen Goldgulden für die Beförderung eines Lehnsbriefes ersparten. Es würden zuweilen viele separate Lehnsstücke von einer Person besessen, darum seien sie aber nicht ein Lehen. Wenn es also unstreitig sei, daß er, der Reichsfreiherr von Strünkede, drei diverse Lehnsstücke besitze, müsse er auch von jedem eine besondere Anerkennungsgebühr an den Lehnsherrn an Gold und Silber und für jedes Lehen 5 Goldgulden Kanzleigebühren bezahlen, wie es auch die übrigen Vasallen, z. B. v. Bodelschwing, taten. Er könne sich demnach nicht beschweren, die Kanzleigebühren seien zu hoch festgesetzt, sie seien der ordentlichen Taxe conform. Außerdem dürfe diesmal auf speziellen Befehl des Grafen, weil die Herren Vasallen die bisher aus besonderen Ursachen angewandte Großmut zu mißbrauchen und Folgerungen daraus zu ziehen angefangen hätten, nichts nachgelassen werden. Der verstorbene Herr Präsident von Strünkede habe aus vielen besonderen Erwägungen und Freundschaftsbezeugungen, wofür er auch nichts habe nehmen wollen, vieles nachgelassen erhalten. Wenn daraus aber nun Folgerungen gezogen wurden, was würden dann für verwunderliche Sachen herauskommen. Die zur Zahlung festgesetzten 10 Rthlr. Kanzleigebühren bezeugten ja offenbar, daß von den notwendigerweise geforderten ordentlichen Gebühren bereits ein ziemlicher Betrag aus Großmut nachgelassen worden sei, zumal sonst für einfache Kanzleigebühren 5 Goldgulden oder 7 Rthlr. 30 Stbr. nur selten hätten gezahlt werden müssen. Im übrigen erwarte man im Termin seine Qualifikation, da sich dann aufklären werde, „woher solche neue Dinge, so man bey dieser Cammer nie erhöret, ihren Ursprung erhalten".
Indes ist die Lehnserneuerung auch an dem neuen Termin nicht zustandegekommen. Die Gründe sind nicht ersichtlich, da kein Schriftstück darüber unter den Styrumer Archivalien vorhanden ist. Erst eine Eintragung im Lehnsprotokoll berichtet von weiteren Vorgängen. Danach hat am Sonnabend, dem 6. Juni 1750, der Limburg=Styrumsche Lehnsfiscal und Anwalt angezeigt, daß „obwohlen die Freyh. von Strünkede zu Strünkede und Aschberg zu Heidhofen, dann auch sicherer Joh. Beykamp zu Hiesfeld einigemalen, und zwar erstere beyde noch auf den 4ten und letzterer auf heute ad renovandum investituram... verabladet gewesen, dieselbe gleichwohl nicht in terminis erschienen, mithin damit Supinam contumaciam in non comparendo (= widerspenstigen Trotz durch Nichterscheinen) erwiesen, wie folglich auf diese Art ihren geleisteten Lehen Aid dem Hochgräfl. Hauße Styrum treu und hold zu seyn, in keinem Stuke nicht nachgekommen... Als bittet gegen dieselbe praevia citatione ad videndum et audiendum caducari feudum (= nach vorausgegangener Vorladung, das Lehen heimfallen zu sehen und zu hören,) in Rechten zu erkennen.“ Es wird beschlossen, den Vasallen mitzuteilen, daß sie sich innerhalb 14 Tagen zu verantworten haben, da sonst das Weitere gegen sie ergehen werde.
Ehe diese Belehnungssache zu Ende geführt ist, stirbt der Freiherr Ludwig von Strünkede am 11. 11. 1750. Damit tritt eine neue Situation ein. Die Lehnsnachfolge ist zu bewirken. Zunächst aber geschieht nichts. Erst am 25. Sept. 1751 muß der Lehnsdirektor sich beklagt haben, daß er von dem Absterben des Freiherrn von Strünkede nicht benachrichtigt worden sei, denn am 28. 10. 1751 schreibt der Hoffiscal L. R. denn am 28. 10. 1751 schreibt der Hoffiscal C. R. Frantzen von Strünkede aus dem Lehnsdirektor: der 25. September der verwittibten Freifrau von Strünkede und ihm, weil er „derselben vom Königlichen Pupillen Collegio als Curator beygeordnet“ sei, bekannt gemacht. Er könne nicht verstehen, warum der Todesfall der Lehnskammer unbekannt geblieben sein könne, da er doch dem Grafen in Styrum angezeigt worden sei und dieser darauf sehr gnädig zu antworten geruht habe. Das Schreiben an den Gerichtsschreiber Schümer könne man nicht als eine förmliche Vorladung zum Lehnsempfang ansehen, gleichwohl akzeptiere die Freifrau Vormünderin die Lehnsfolge ihres Sohnes. Weil sie aber auf eine Zeitlang von Strünkede fort ins Holländische verreise[6], werde gebeten, die förmliche Citation noch einige Zeit aufzuschieben. Durch Schreiben vom 10. November 1751 wird dann dem Herrn C. R. Frentzen, Advocatus legalis zu Bochum, bescheinigt, daß er auf die Styrumschen Lehen gemutet hat, und daß als Termin der neuen Investitur der 16. Dezember festgesetzt wird. Indes sieht sich Gerichtsschreiber Schümer am 14. Dezember zu einem Schreiben an den Lehnsdirektor veranlaßt, in dem er mitteilt, daß „wegen eingefallenen frostweiters es eine unmöglichkeit ist, die ohne dehm böse wege passiren zu können, um auf den zur Belehnung in Behuef des jungen Herrn Conrad Ludwig Baron von Strünckede auf dem HGräffl. Hause Styrum praesigirten termino d. 16. hujus zu erscheinen“. Man sei daher genötigt, um Aufschub bis nach dem Neujahrstage zu bitten. Der Aufschub wird bewilligt und ein neuer Termin auf den 4. März 1752 festgesetzt.
An dem neuen Termin meldet sich nun der Hoffiscal Frantzen aus Bochum nebst dem Gerichtsschreiber Schümer aus Herne, um „die Renovation der Investitur gegen praestation praestandorum" zu bewirken. Frantzen beanstandet jedoch die Lehnstaxe von 66 Goldgulden. Beim Nachsehen der Strünkeder Briefschaften habe er nicht gefunden, daß jemals so hohe Lehnsgebühren von den geringen Lehnsstücken bezahlt worden seien. Er sei bereit, das zu zahlen, was des Mündels Vater bei der Lehnserneuerung im Jahre 1743 gezahlt habe. Als Vormund sei er auch nicht imstande, ohne Vorwissen des Clev=Märkischen Pupillen=Kollegiums mehr zu bezahlen. Er bitte, die Renovation vorzunehmen, damit er nicht vergeblich gereist sei. Die Lehnskammer erklärt dazu, wenn sie auch nicht befugt sei, an den Lehnsgebühren etwas nachzulassen, so wolle sie doch, „weil der Pupilli Umstände sehr zurückgekommen sein sollen“. aus Consideration dieser und anderer Umstände das Heerwadium für die angebotene Summe annehmen, jedoch unter ausdrücklichem Vorbehalt der Genehmigung des Grafen, und ohne daß dieser Nachlaß den Nachfahren in irgendeiner Weise zustatten kommen solle. Frantzen bezahlt nun 60 Rthlr. Heerwadium und 10 Rthlr. Kanzleigebühren, Schümer schwört den Lehnseid in die Seele seines Prinzipalen, aber als nun die Quittung ausgestellt ist, beanstandet Frantzen den Satz, er habe geziemend um Ermäßigung der Taxe angehalten. Er protestiert weiter gegen alle Neuerungen, worauf die Lehnskammer erklärt, sie sei sich keiner Neuerungen bewußt, wohl aber erstrebe der „Curator sehr gefährliche und der Lehnskammer nachteilige Neuerungen. Wenn er nicht mit der Quittung zufrieden sei, wolle die Lehnskammer an den Nachlaß der Lehnsgebühren nicht gebunden sein und werde die vollzogene Investitur für null und nichtig erklären. Mit diesem Bescheide sind Frantzen und Schümer abgezogen. Was es dann noch gegeben hat, ist aus den Styrumer Archivalien nicht ersichtlich. Am 25. 9. 1752 ist aber die Belehnung endgültig vollzogen worden. An diesem Tage ist „nämlich in Styrum von Karl August „des H. R. Reichs immediater Graff zu Limburg, Bronckhorst Stirum Globen, Herr in Stirum, Wisch, Borckelohe und Gehmen p. Erb Bannerherr des Fürstenthums Geldren und der Graffschaft Zutphen. Herr der Herrschaften Waltsch, „Sckithal, Kleinfürwitz und Mockrow im Königreich Böhmen, der Römisch Kayser= und Königl. Maj. Maj Cammerherr pp.“ der Lehnbrief für den minderjährigen Conrad Ludwig Baron von Strünkede ausgestellt worden. Belehnungszeugen waren Joh. Bernh. Meyberg und Herm. Wisman. Unter dem gleichen Datum hat der Gerichtsschreiber Conrad Albrecht Adolph Schümer als bevollmächtigter des Curators Frantzen den Reversalbrief über die von Lehnsrat und Secretär Henrich Arnold Kopstadt in Gegenwart der bereits genannten Zeugen im Namen des Grafen vollzogene Belehnung unterschrieben und besiegelt.

Zurück | (Fortsetzung folgt.) Dr. L. Reiners.

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Quellen

  1. Online auf Zeitpunkt.nrw
  2. Anmerkung Reiners: Hiernach ist von Steinen, der angibt der Freiherr Sigismund von Strünkede zu Crudenburg, der jüngere Bruder Ludwigs, sei 1752 gestorben, „# berichtigen. Todestag war nach diesem Schreiben der 11. September 1797. „Hierselbsten" bezeichnet als Sterbeort Strünkede, doch ist die Leiche offenbar nach Crudenburg überführt worden, denn weder das reformierte nach das lutherische Kirchenbuch haben die Todeseintragung. Richtigzustellen ist auch von Steinens Angabe, Sigismund von Strünkede zu Krudenburg habe vier Kinder hinterlassen. Es waren fünf und gerade von dem am 7. 5. 1748 geborenen fünften, Ludwig Friedrich Sigismund Karl. (und seiner Schwester) werden wir noch hören.
  3. Anmerkung Reiners: Daß dies nicht stimmt, die Lehen vielmehr teils schon vor, teils erst nach der Heirat Reinerts von Strünkede mit Sophia von Limburg=Styrum erworben worden sind, haben wir eingangs dieser Artikelserie eingehend nachgewiesen.
  4. Anmerkung Reiners: Er muß also wohl in Essen oder sonstwo gewohnt haben.
  5. Anmerkungen Reinerts: In Böhmen besaß Graf Karl Joseph August von Limburg-Styrum die Herrschaften [1], Sckithal, Kleinfürwitz und Nockrow.
  6. Anmerkung Reiners: In Holland lagen die Besitzungen ihres ersten Gatten.