Der Wohltätigkeitsbazar auf Schloss Strünkede (1901)

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel

Der Wohltätigkeitsbazar auf Schloss Strünkede (1901): Ein Symbol christlicher Nächstenliebe

Bochumer Kreisblatt (20.07.1901) Wohltätigkeits Bazar Strünkede.jpeg

Im Sommer des Jahres 1901 wurde das altehrwürdige Schloss Strünkede in Herne zum Schauplatz eines außergewöhnlichen Ereignisses. Vom 26. bis 28. Juli fand dort ein Wohltätigkeitsbazar statt, organisiert von den Frauenvereinen beider Konfessionen sowie dem Verein gegen Verarmung und Bettelei. Das Ziel dieser dreitägigen Veranstaltung war es, Spenden zur Unterstützung Hilfsbedürftiger in den Gemeinden Herne, Baukau und Horsthausen zu sammeln. Anzumerken ist dabei, das es sich um die dritte Ausgabe eines Bazars handelte.

Historischer Kontext und Organisation

Schloss Strünkede, ein Relikt vergangener Zeiten, bot mit seinem Schlossgraben, prächtigen Gärten und historischen Räumlichkeiten eine ideale Kulisse. Die Idee zum Bazar stammte von Frau Bergrath Behrens, die gemeinsam mit den Bürgermeistern von Herne und Baukau sowie weiteren engagierten Persönlichkeiten die Leitung übernahm. Die Großindustrie der Region sowie viele Freiwillige unterstützten das Vorhaben finanziell und organisatorisch.

Vielfältiges Programm und beeindruckende Kulisse

Das Angebot des Bazars war außergewöhnlich vielfältig: Verkaufsstände in historischen Themenwelten, eine naturgetreue Nachbildung eines Bergwerks, gastronomische Angebote, Musikdarbietungen und ein Tanzlokal boten den Besuchern ein buntes Erlebnis. Besonders beeindruckend war die Nutzung der historischen Räumlichkeiten, etwa des Rittersaals, in denen Verkaufs- und Gewinnbuden aufgebaut wurden. Auch der Garten des Schlosses, umgeben von majestätischen Bäumen, wurde kreativ in das Gesamtkonzept eingebunden.

Die Veranstaltungen im Überblick

Verkaufs- und Gewinnstände

In den Rittersälen des Schlosses wurden zahlreiche Verkaufs- und Gewinnbuden errichtet. Dort konnten Besucher handgefertigte Waren, Kunstgegenstände und regionale Spezialitäten erwerben. Besonders beliebt waren:

  • Altmärkische Spinnstube: Ein Ort, an dem traditionelle Handwerkskunst präsentiert wurde.
  • Nürnberger Bratwurstglöckli: Mit frisch zubereiteten Spezialitäten.
  • Wiener Kaffeehaus: Wo feinste Mehlspeisen und Kaffeespezialitäten serviert wurden.
  • Naturgetreues Bergwerk: Im Burgverlies des Schlosses wurde eine Schachtanlage nachgebildet, die die Besucher in die Welt des Bergbaus eintauchen ließ.

Gastronomische Angebote

Die Damen des Balletts schafften es 78 Jahre später auf das Titelblatt der Stadtillustrierte.

Die Verpflegung war eine zentrale Attraktion:

  • Winzerbude: Eine Station, die erlesene Weine aus der Region anbot.
  • Altholländische Kaffeebude: Mit Kaffee und niederländischen Spezialitäten.
  • Erfrischungsstationen im Garten boten diverse Getränke, während zahlreiche Ausschänke für das leibliche Wohl sorgten.

Jahrmarkt und Unterhaltung

Für ein buntes Treiben sorgten die Jahrmarktsattraktionen:

  • Karussell und Hippodrom: Besonders beliebt bei Kindern und Familien.
  • Schießbuden und Hexenschaukel: Luden zur Kurzweil ein.
  • Varieté: Künstlerische Darbietungen, die von Akrobatik bis Gesang reichten.[1]

Tanz und Musik

Ein großer Tanzsaal im Freien sorgte für abendliche Unterhaltung. Verschiedene Musikkapellen, darunter eine Zigeunerkapelle, spielten auf und schufen eine ausgelassene Stimmung. Inselgasthaus und Bootsfahrten

Eine Insel im Schlossweiher beherbergte das „Gasthaus zur Deutschen Flotte“, das mit Booten erreichbar war. Besucher konnten die Idylle genießen und auf dem Wasser verweilen.

Die Eröffnung des Bazars erfolgte in festlichem Rahmen, begleitet von Ansprachen des Bürgermeisters Schaefer, des Amtmanns Karl la Roche und des Landrats Gerstein. Alle betonten die Bedeutung der christlichen Nächstenliebe und lobten die Einheit der Konfessionen und die tatkräftige Mitarbeit der Beteiligten. Eine besondere Ehre wurde dem Bazar durch die deutsche Kaiserin Augusta Victoria zuteil, die Geschenke aus der Königlichen Porzellanmanufaktur beisteuerte.

Ein finanzieller und sozialer Erfolg

Der Bazar übertraf alle Erwartungen. Schon am Eröffnungswochenende war der Besucherandrang überwältigend, und die Einnahmen beliefen sich auf über 32.000 Mark, ein damals beträchtlicher Betrag. Nach Abzug der geringen Unkosten verblieb ein Nettoertrag von rund 30.000 Mark. Dieser wurde zu gleichen Teilen zwischen dem Verein gegen Verarmung und Bettelei sowie den evangelischen und katholischen Frauenvereinen von Herne und Baukau aufgeteilt.

Ein Symbol für Einheit und Solidarität

Der Bazar war nicht nur ein finanzieller Erfolg, sondern auch ein Ausdruck von Solidarität und Einigkeit über konfessionelle und gesellschaftliche Grenzen hinweg. Die harmonische Zusammenarbeit der verschiedenen Gruppen und die Begeisterung der Besucher machten die Veranstaltung zu einem Meilenstein im sozialen Engagement der Honoratioren. 1903 wurde der Anregung des Landrates Gerstein entsprochen und aus dem Bemühungen eines Bazars der Vaterländische Frauenverein - Vorläufer des Roten Kreuzes - in Herne gegründet.

Quellen:

  1. Gladbecker Zeitung vom 17. Juli 1901, online auf Zeitpunkt.nrw
  2. General-Anzeiger für Dortmund vom 18. Juli 1901, online auf Zeitpunkt.nrw
  3. Märkischer Sprecher vom 27. Juli 1901, online auf Zeitpunkt.nrw
  4. Bochumer Kreisblatt vom 30. Juli 1901, online auf Zeitpunkt.nrw
  5. Wittener Volks-Zeitung vom 31. Juli 1901, online auf Zeitpunkt.nrw
  6. Castroper Anzeiger vom 6. August 1901, online auf Zeitpunkt.nrw
Dieser Artikel, diese genealogische oder textliche Zusammenstellung bzw. dieses Bild wird von Andreas Janik (ehem. Johann-Conrad) für das Wiki der Herner Stadtgeschichte zur Verfügung gestellt und unterliegt dem Urheberrecht. Bei einer Verwendung dieser Abbildung und/oder dieses Textes - auch als Zitat - außerhalb des Wikis der Herner Stadtgeschichte ist die Genehmigung beim Autor einzuholen.

Vorbereitet mit Hilfe von KI.

Verwandte Artikel

  1. Vgl.: Luise Crux