Das Bauernhaus und sein Hausrat (Harmann 1921) Weerth
c. Erläuterungen der Aufnahmen
Wir halten uns im Folgenden an die besterhaltenen Bauernhaustypen unserer Gegend. Das auf Bl. XI u. XII dargestellte Werth'sche Gehöft, Typ I, gehört zu den ältesten ihrer Holzbauten. Es wurde im Jahre 1744 erbaut und zwar für einen Grundbesitz von etwa 20 Morgen Land. Der Grundriss ist dreischiffig von Giebel zu Giebel. Die Orientierung des Gebäudes mit seinem nach Westen zu gelegenen Deelentor ist umgekehrt wie vielfach üblich. Bestimmend war für diese Lage ein vorbeiführender Weg. Mit Rücksicht auf die Wetterrichtung hatte ursprünglich die Deele einen Vorschutz. So war das Tor um 1 "fack" zurückgelegt und schlug nach außen auf. In den an die Deele angrenzenden Abseiten befinden sich rechts der Kuhstall, links der Pferdestall. Die Wohnzone hat im Erdgeschoss 3 Räume, von denen der mittlere die Küche ist. Südlich anschließend liegt eine Stube, mit welcher eine kleine in die Abseite des Wirtschaftsteiles eingreifende Kammer in Verbindung steht. Auf der entgegengesetzt liegenden Seite der Stube befindet sich eine Aufkammer mit darunter liegendem Keller.
Die Decke des Kellerraumes liegt in halber Höhe des Erdgeschosses und die Sohle etwa 80 cm unter dem Küchenflur. Keller und Aufkammer sind von der Küche aus zugänglich. Von der Aufkammer aus führt eine kleine Treppe zu einem Raum, der über der in der nördlichen Abseite des Wirtschaftsteiles belegenen Milchkammer sich aufbaut. Die von der der Küche nach außen und zur Deele führende Tür ist zweiteilig. Die Küche besaß in früheren Zeiten eine offene Feuerstelle mit einem Rauchfang, von welchem aus der Rauch in die über der Küche liegende Rauchkammer hochstieg, um von hier aus durch einen aus Lehmstakung erbauten Kamin ins Freie zu gelangen. Über den südlich der Küche belegenen Stuben befinden sich im Obergeschoss Kammern von gleichen Abmessungen. Der Zugang zu diesen erfolgt über den ersten Lauf der in der Deele liegenden zweiläufigen Treppe. Das Fachwerk besteht aus Eichenholz mit Lehmstakung.
Die Stärke der bei den Fachwänden zur Verwendung gelangten Hölzer schwankt zwischen 12/14 u. 19/22 cm. Die Eckpfosten weisen fast durchweg den Querschnitt von 18/20 - 19/22 cm auf und die Binderpfosten den von 17/19 - 16/20 cm. Alle übrigen Hölzer haben geringere Stärken. Die Deckenbalken, von denen jedes Zimmer nur 1 - 2 Stück besitzt, sind über dem Erdgeschoss in die Binderpfosten eingezapft. Über dem Erdgeschoss und den Stallräumen erfolgte die Auflagerung der Dachbalken in der Weise, daß man Balken und Pfosten einfach überblattete und die Pfosten höher führte, bis zu der über den Dachbalken liegenden Fußpfette, in die sie eingezapft wurden. Die Binderbalken kragen etwa 25 - 30 cm aus, um Platz für eine Abscheerfläche zu gewinnen. Das Dach ist unter 53° gegen die Horizontale geneigt. Ursprünglich bestand es nur aus Sparren und Hahnenbalken und stimmt darin mit der Dachkonstruktion des echten Sachsenhauses überein. Die Mittelpfetten und schrägen Stuhlsäulen sind spätere Zutaten, die nach Fortfall des Strohdaches eingebaut wurden. Die Unterstützung der Sparren erfolgt am Fußende durch eine durchlaufende Fußpfette, auf die sie aufgedollt sind, in der Mitte durch die in die Sparren eingezapften Hahnenbalken und am First durch einfache Überblattung. Die Mittelpfette ist ohne jede Verbindung mit den Sparren. Sie ruht auf den schräggestellten Pfosten. Die Dachhaut bestand ursprünglich aus Stroh, musste aber aus feuerpolizeilichen Gründen gegen Mitte des vorigen Jahrhunderts dem heutigen Hohlziegeldach weichen.
Die Giebeldreiecke sind mit Eichenbreitern von etwa 1½" Stärke senkrecht verschalt. Zum Schutze gegen das Wetter haben diese einen Überhang von etwa 35 cm. Die Entfernung der Binder beträgt 2,20 - 2,60 m. Die Binderpfosten sind durchgehend.
Die Fundamente bestehen aus Feldsteinen mit Lehmmörtel, sie greifen, wo sie keine Unterkellerung umschließen, etwa 0,40 - 0,70 m in den Boden ein. Ihre Stärke schwankt zwischen 45 & 53 cm. Die Deele hat 4 Binderfelder, welche durch etwa 25/28 cm starke Bundbalken bestimmt wurden. Diese Bundbalken haben in der Deele kurze Kopfbänder, die mehr dekorativ wie aussteifend wirken.
Der Boden der Deele besteht aus Kieselpflaster, das in Feldern von etwa 47 - 48 cm Breite in Richtung quer zur Längsachse der Deele verlegt ist und zwar so, dass die Felderenteilung durch 2-3 Reihen größerer Kiesellinge von etwa 5 - 10 cm Länge, 3-4 cm Breite und etwa 7 - 8 cm Tiefe erfolgt. Die Felder selbst sind in Spitzbogenform ausgepflastert und zwar wurde das Pflaster in feuchtem Lehm verlegt und erhielt später durch mehrfaches Stampfen seine Festigkeit. Die Küche hatte ursprünglich das gleiche Pflaster, das aber in neuerer Zeit einem Ziegelsteinpflaster weichen musste. Die Erdgeschossdecken werden aus 2"[1] starken Eichenbohlen gebildet, die mit Nut und Feder versehen sind. Als Träger dienen in jedem Raum nur ein, höchstens 2 gleichmäßig verteilte Eichenbalken, von denen ein jeder etwa 20/24 cm stark ist. Die Bohlen sind stark genug, derartige große Spannen zu überspannen. Zwischendecken, sowie Verputz der Decken sind nicht vorhanden.
Der Boden des Speichers hat als Belag einfache, stumpf gegeneinander gestoßene Bohlen, die im Wohntrakt mit Holzmägeln befestigt sind, wobei die Nägel etwa 2 - 3 cm vorstehen. Die Stallungen haben Steinkrippen und Raufen aus Eichenbreitern, die von starken Knüppelhölzern gehalten werden. Über den Ställen befindet sich auf jeder Seite im zweiten Binderfeld, vom Deelentor an gerechnet, ein Raum für den Abwurf von Futtermitteln abgetrennt, die, nach Bedarf, von dort aus in die Raufen gefüllt werden.
Über den Ställen war einst auch die Kornkammer eingerichtet; zur Zeit dient die über der Küche liegende frühere Rauchkammer als solche. Um das Wohnhaus gruppieren sich noch einige Nebengebäude, wie Scheune, Schweinestall und Backhaus, die aber allesamt jüngeren Datums sind.
Das Backhaus ist von besonderem Interesse. Es hat noch sein altes Aussehen. Die Ausführung besteht auch hier aus Eichenfachwerk mit Lehmstakung. Eigenartig ist, dass man hier die Decke in den über dem Backofen liegenden Felde durch Strohlehm mit gespaltenen Haselnussruten – feuersicher verputzte. Der Putz hat fast 2 Jahrhunderte überdauert.
Das auf Blatt XIII u. XIV dargestellte Bauernhaus Böckmann in
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Quelle
- ↑ Zoll