Bodenverhältnisse in und um Herne (Lindemann 1926) IV
Zwischen dem 22. Februar 1926 und dem 15. März 1926 erschien in der Lüner Zeitung eine 5teilige Artikelserie über die Bodenverhältnisse in Herne von einem Herrn "S. Lindemann". Wir zitieren diesen interessanten Bericht über die Geologie unserer Heimat in der vorgegebenen Reihenfolge.[1]
I.
Bodenverhältnisse in und um Herne
von S. Lindermann.
(Fortsetzung.)
Wir haben unsere Beobachtungen an den Ablagerungen der Eiszeit in Aufschlüssen gemacht, die den Erhebungen am südlichen Rande der Münsterschen Bucht angehören. Diese Erhebungen lehnen sich an die weiter südlich anstehenden Höhen des Steinkohlengebirges, und ihre Schichten bedecken letzteres hier bei uns. Die scharfe Grenze zwischen Kreide= und Steinkohlenformation (Karvon) zeigt sich deutlich südlich von uns, wo sie das Meßtischblatt Bochum in etwa westöstlicher Richtung durchzieht. Wir haben hier wieder eine Lücke im geologischen Ausbau. Über dem Karvon liegt bei normaler Folge als letztes Glied des Paläozoikums, des Altertums der Erdgeschichte, das Perm — nach der gleichnamigen russischen Provinz genannt. Es wird wohl auch als Dyas bezeichnet. Die Ablagerungen dieser Zeit sind in unserer Gegend nicht vertreten. Das Meer der Permzeit bedeckte nur die nördlichen und vornehmlich nordwestlichen Gebiete der Münsterschen Bucht. Dieses Meer war stark salzhaltig. Seine Schichten greifen in die des Karvons und der Kreidezeit hinein und überlagern sie zum Teil. Durch die Verbindung wird die Soole in die vorhandenen Kluftspalten hineingeleitet. So finden wir bei uns diese aus dem Norden und Nordwesten hergeleiteten Salzwasser. Nach dem Paläozoikum folgt als jüngere Formation das Mesozoikum, das Mittelalter der Erdgeschichte als dessen jüngste Ausbildung, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, die Kreide anzusehen ist. Unter der Kreide liegen aber normalerweise noch nach dem Vorkommen im Jura benannt — und Trias die Dreiheit aus Buntsandstein, Muschel, und Keuper. Diese Schichten fehlen in unserm Gebiet vollkommen: die oberste Schicht des Paläozoikums, das Perm, und die untersten des Mesozoikums, Jura und Trias. So ist nach dem Karvon das Land hier unbedeckt gewesen, bis nach langer Zeit das Kreidemeer die Landschaft überflutete und alles mit seinen Ablagerungen überschwemmte. Nicht weit von uns im Süden haben wir also die Grenze zweier zeitlich weitgetrennter Ausbildungen, eine geologische Grenze. Unterschiede hier und dort im Landschaftsbilde sind natürlich gegeben durch die verschiedene Gesteinsbeschaffenheit. Während die gefalteten Sandsteine der Steinkohlenzeit einen ausgeprägten Wechsel von Erhebungen und Vertiefungen ausweisen ist die hiesige Landschaft weit ruhiger und ausgeglichener. In der Karbongegend hat die Verwitterung in der langen Zeit seit jener Periode allerdings die ursprünglich scharfen Formen beträchtlich gemildert, jedoch ist es nicht schwer, die Unterschiede im Landschaftsbilde klar zu erkennen. —
Die Mergelhöhen südlich und südöstlich von Herne fallen nach Norden ab und geben über in die Münstersche Bucht. Mit einer geringen Neigung nach Norden breitet sich die Oberfläche aus. Nördlich der Emscher steigt das Land allmählich nach der gleichen Richtung hin an. In den Recklinghäuser Höhen sind die Kreideschichten wieder aufgeschlossen. Wir haben also einen südlichen und einen nördlichen Kreiderand. Dazwischen breitet sich ein Tal aus, das Hellwegtal. Es erstreckt sich von der Senne bis zum Rhein. Während der südliche Rand deutlich ausgeprägt ist durch die dem Steinkohlengebirge vorgelagerten Mergel, ist der Nordrand teils geschlossen, teils auseinandergerissen, so dass an diesen Stellen das Hellwegtal ohne weiteres in die Münstersche Bucht übergeht.
Wo dieser Nordrand eine Unterbrechung erfährt, ragen die Resterhebungen wie Inseln aus der Landschaft heraus, so bei Flierich, Kamen, Lanstrop, Brechten. Alle diese Inseln sind von einer Schicht des jüngeren Diluviums überlagert. Bei Castrop und Herne haben wir Inseln am Südufer des Hellwegtales. Bei Castrop erstreckt sie sich in nordwestlicher Richtung. Ihre Länge beträgt 4 Kilometer. Diesseits liegt Castrop, jenseits Bodelschwingh. Castrop selbst liegt im jüngeren Diluvium zwischen zwei Kreideinseln die gut 1 Kilometer in nordwestlicher Richtung auseinander liegen. Äußerlich macht sich dieser Mergelunterschied bemerkbar in den einschließenden Höhen von Castrop. Vielleicht haben diese Höhen nicht zuletzt Veranlassung dazu gegeben, Castrop gerade hier anzulegen, das somit eine Schutzanlage bat. Die westlich Castrop sich erstreckende Kreideinsel schickt einen Ausläufer bis in die Gegend östlich von Eickel. Ihre größte nordsüdliche Ausdehnung beträgt 6 Kilometer. In direkter Richtung von Herne nach Bochum wird sie zweimal durschnitten. Herne liegt wie Castrop mitten im jüngeren Diluvium. — Die Breite des von den Kreidehöhen eingeschlossenen Hellwegtales schwankt. Von Kamen aus verengt sich das Tal nach Dortmund zu. Hier hat es die geringste Breite von 2250 Meter. Es biegt nach Norden um und verbreitert sich. Von Herne, am südlichen Rande gelegen, bis südlich Recklinghausen, wo der Kreiderand beginnt beträgt die Entfernung 8 Kilometer. In der Richtung nach Bochum zu wird das Tal noch breiter. Von Bochum, das ebenfalls am Südrand liegt, sind es bis zum Nordrand 13 Kilometer. Dann verengt sich das Tal nach Westen zu immer mehr bis Osterfeld, wo es eine Breite von 3 Kilometern hat, und breitet sich zuletzt zum Rheine hin aus. Dem Verlauf des Tales folgt zum größten Teil die Emschertalbahn. Von Dortmund aus führt sie durch das jüngere Diluvium, worin der nördliche Teil Dortmunds liegt — der südliche liegt in der Kreide=, durchquert alsdann die alluvialen (jetztzeitlichen) Ablagerungen im Emschertal und durchfährt von Huckarde aus die lößbedeckte Kreide. Nördlich von Lütgendortmund tritt sie wieder ins jüngere Diluvium, berührt östlich von Castrop oben besprochene Kreideinsel und führt von da aus weiter durchs jüngere Diluvium über Herne, Wanne und wieder durchs Diluvium über Herne, Wanne und wieder durchs Diluvium der Emscher nach Osterfeld im jüngeren Diluvium. — Die Emscher selbst kommt aus dem Grenzgebiet zwischen Karbon und Kreide östlich von Aplerbeck, durchschneidet die Kreide und tritt bei Dorstfeld ins Gebiet des jüngeren Diluviums, das es bis zur Mündung in den Rhein durchfließt.
Verwandte Artikel
- Hauptseite (← Links)
- Bodenverhältnisse in und um Herne (Lindemann 1926) III (← Links)
- Bodenverhältnisse in und um Herne (Lindemann 1926) V (← Links)
