Bahnhofstraße 111

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel
Bahnhofstraße 111
Bahnhofsplatz 1992 RVR HER 457 Ausschnitt.jpg
Bildinfo: Situation 1992. Das gelbe Haus oben links ist Bahnhofstraße 111.
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Letze Änderung: 28.01.2025
Geändert von: Andreas Janik
Bahnhofstraße 111
Kreisverkehr am 01.05.2017

Das Haus Bahnhofstraße 111 war ein Ein/Einhalbgeschossiges Wohn- und Geschäftshaus mit Zierputz. 2017 wurde es abgebrochen um einem neuen Komplex K111 Platz zu machen.

Das Haus hat eine lange Geschichte. Leo Reiners schrieb in seinem Artikel "Aus der Geschichte der Bahnhofstraße" über dieses Haus: "Kehren wir nunmehr zur Bahnhofstraße zurück, so treffen wir nördlich des erwähnten Durchgangs auf zwei kleine zweistöckige Häuser, an deren Stelle 1870 nur eins stand. Das Grundstück hatte zur "Koppenburg" gehört und war 1811 von dem Bauern Hermann Asbeck erworben worden. Dieser vergab es 1842 in Erbpacht, und das darauf erbaute Haus Bahnhofstraße 109/111 gehörte zwei verwandten Familien.
Der Hausteil Nr.109 mit dem zugehörigen Grundstück war an die Eheleute Fassbinder Conrad Lackmann und Gertrud geb. König in Erbpacht gegeben, der Hausteil Nr. 111 an die Eheleute Karl Weithe (1804 Ennepe 1872 Herne[1]) und Anna geb. Lackmann (1807-1881).
Dem Bauern Asbeck waren für die Erbpachtsgerechtigkeit jährlich von jeder der beiden Familien zu leisten: 4 Taler 15 Sgr. Erbpacht, drei Mannshanddienste im Sommer gegen übliche Kost und ein Gewinngeld von 10 Talern, das bei Eingehen einer zweiten Ehe auf die Hälfte ermäßigt wurde. Dieses Erbpacht-Überbleibsel einer früheren Zeit ist 1854 gelöscht worden.
Zwischen 1870 und 1877 sind an die Stelle des einen gemeinsamen Hauses zwei getrennte getreten.

Das nördliche gelegene Haus (Nr. 111), das von Karl Weithe auf den Bergmann Wilh. Weithe (geb. 1840) übergegangen war, wurde 1890 für den Schreiner Fritz Hülshoff aufgelassen.

Heiland Werbung von 1911

1899 gründete hier - als Fahrradlädchen - Heinrich Heiland sein Unternehmen, bevor er 1913 zur oberen Bahnhofstraße zog.

Im Haus firmierte vor 1900 die Möbelfirma Hermann Stuths. 1900 ist er fast in den Zwangskonkurs geraten, konnte sich aber daraus befreien. 1901 heiratete der Möbelhändler Hermann Stuth zu Herne Ida Reermann zu Altenbüren.
Am 2. August 1912 berichtet das Königliches Amtsgericht in Herne:."Im hiesigen Handelsregister Abt. A Nr. 204 ist heute zu der Firma Frau Hermann Stuth in Herne eingetragen als jetzige Inhaber der Kaufmann Max Elias in Herne." Hermann Stuth eröffnet zwar 1921 ein neues Möbelgeschäft an der Wiescherstraße 149, sein erstes bleibt im Besitz des Kaufmanns Max Elias.

1928 eröffnet hier das Möbelgeschäft Enker & Co[2] Es ist eine offene Handelsgesllschaft des Kaufmanns Sally Enker in Köln und des Kaufmanns Berthold Wollstein aus Herne. Max Elias gründet zusammen mit Frau Humberg geb. Löwenstein die Gesellschaft "Humberg & Co".

Anfang Oktober 1930 eröffnet hier ein neues Möbelgeschäft in diesen Räumen und nennt sich "Dortmunder Möbelhaus". Elias bekam Liquditätsprobleme und rutschte in den Konkurs.

Am 8. Januar 1931 wird die Firma "Frau Hermann Stuth, Inhaber Frau Elias" in "Elias & Co. in Herne" umbenannt. Die Gesellschafter waren Ehefrau Max Elias (Helene geb. Löwenstein) in Herne und die Witwe Johanna Soesmann in Herne. Schon im März 1931 ist Helene Elias alleinige Inhaberin und die Firma wird gelöscht. Im Dezember 1932 ist der Konkurs über das Vermögen Max Elias wegen Vermögenslosigkeit eingestellt worden.

Ebenfalls im Jahre 1931 wird der im Besitz der Witwe Friedrich Hülshoff geb. Mathilde Haarmann zwangsversteigert. Jetzt erwarb es 1932 die Stadt Herne um 1934 dann den Kaufmann Anton Kemper weiter zu verkaufen.

In der Zwangsversteigerung steht :

Gemarkung Herne, Flur 6,Nr. 975/26, groß 4,68 a, a) Wohn- und Geschäftshaus mit Hofraum, b) Lager und Werkstätte, c) Werkstatt.

Am 19. August 1932 eröffnet nun Hr. Christian Chaim Löwi hier sein Möbelgeschäft.

Es beginnt nun die schwärzeste Geschichte dieses Ortes. Alle jüdischen Bewohner werden in die Vernichtung geschickt.

Erinnerung
Ehret die Opfer
Benennt die Täter

Nie wieder Faschismus
Nie wieder Krieg
Löwi, Christian Chaim 	✡ 12.01.1886 	28.10.1938 nach Polen abgeschoben, 1941 Ghetto Stanislawow
Löwi, Taube, geb. Schächter ✡	23.12.1888 	28.10.1938 nach Polen abgeschoben, für tot erklärt.
Löwi, Toni ✡ 29.12.1886 	28.10.1938 nach Polen abgeschoben, für tot erklärt 
Elias, Max ✡ 05.02.1879  Emigriert in die Niederlande. 14. Mai 1940 bei der Bombadierung Rotterdams ums Leben gekommen.[3]
Elias, Helene, geb. Loewenstein ✡	16.04.1886 	1942 Westerbork, 28.05.1943 Sobibor [4]

Nun ist hier das Geschäft für Baustoffe und Farben von Anton Kemper "Kemper & Co G.m.b.H.", seit 1936 "Kemper& Co" und am Ende, "Kemper & Co. Ruth Kemper e. K." vorhanden. Gegründet am 13. April 1929 im Haus Bahnhofstraße 117 kauft Kemper das Haus von der Stadt Herne. Für 1943 ist eine Fleischerei publizistisch verbürgt.

Bei der Neugestaltung des Bahnhofsvorplates wurden alle Gebäude links neben diesem Haus abgerissen. So wurde es zu einem Eckhaus, was die Fensterlose Fassadenanlage zur Südseite (Bahnhof) erklärt.

1998 bis 2012 war hier "Kinderwagen Lordick" der Geschäftsführerin Ulrike Lordick-Bertgen nebst Ehemann Werner Bertgen angesiedelt, welches zuvor ab 1962 in Recklinghausen und ab 1978 im Haus Bahnhofstraße 119 beheimatet war.

Im April 2017 wurde das Gebäude abgerissen.

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Im Herbst 2020 zogen die ersten Mieter in einem vom Architekturbüro Kleihues + Kleihues aus Berlin geplanten Projekt, das Wohnhaus K111 an der Bahnhofstraße 111. Es wurde als einer der Gewinner des Architekturpreis Bochum 2023.

Objektbeschreibung

"Direkt gegenüber dem Herner Bahnhof wurde eine hochwertige Wohnanlage mit 36 barrierefreien und seniorengerechten Wohnungen realisiert. Das weithin sichtbare Eckgebäude bildet aufgrund seiner Höhe und auch der für Herne standardsetzenden Bauqualität künftig das Entrée zur Stadt. Dabei bezieht sich das Gebäude auf den Kontext, indem das abgestufte Volumen die Höhenentwicklung der benachbarten Gebäude aufgreift und so eine Harmonie im bisher heterogenen Stadtbild an dieser Stelle herstellt.

Die Ziegelfassade ist umlaufend gebändert und soll in ihrer Materialität bestehend aus einem dunkelroten Klinkerstein mit Kohlebrand Spuren an die bauliche Tradition des Ruhrgebiets anknüpfen. Die Fassade ist in einem Blockverband – Kopfschicht und Läuferschicht im Wechsel – errichtet, wobei die Läuferschicht im Relief um 2,5 cm eingerückt ist. Die solitärhafte Erscheinung des Gebäudes wird durch den bis auf die Eingangsbereiche geschlossenen Sockel unterstrichen. Dieser ist zur Gliederung in Gänze in der Reliefstruktur erstellt und bekommt durch die Schrägsetzung der Klinkersteine als Vermittler zwischen den Hauseingängen eine zusätzliche Akzentuierung. Die Dominanz des Klinkersteins wird in Form und Gestalt des umlaufenden Verblenders bis ins Innere der Loggien fortgesetzt. Während die Straßenfassaden durch eingezogene Loggien dem hektischen Treiben der Lage vis-à-vis zum Bahnhof Rechnung trägt, entfaltet sich durch expressiv auskragende Balkone die Fassade in den ruhigen abgeschirmten Innenhof neu.

Die zurückversetzen durch abgerundete Ecken eingeleiteten Eingangsbereiche heben sich durch Eichenholztüren in Kombination mit einem messingbrünierten Klingeltableau und passenden Beschlägen vom Bürgersteig ab und bilden auch haptisch einen hochwertigen Auftakt ins Gebäude. In der Lobby setzt sich mit der Verwendung von Anröchter Naturstein aus der Region Westfalen die hohe Qualität fort. Eine Briefkastenanlage aus Eichenholz mit einem Spiegeleinsatz bildet den Auftakt der vertikalen Erschließung. Das Material Eiche führt in Form eines Handlaufs auf einem Flachstahlgeländer zu seiner Wohnung.

Ein besonderes Augenmerk wird auf die nachhaltige Gestaltung und Ausstattung im Innern der barrierefreien Wohnungen gelegt. Auf insgesamt acht Etagen verteilen sich die Zwei- bis Vier-Zimmer-Wohnungen mit einer Größe zwischen 60 – 118 m². Alle Wohneinheiten verfügen über großzügige Loggien oder Balkone. In den oberen Etagen reicht der Blick bis weit in die Region des Ruhrgebietes mit seinen markanten Hochöfen und Zechen aus Klinker. Durch die Abstaffelung des Baukörpers entstehen Dachterrassen, welche den Wohnungen eine zusätzliche Qualität geben. Alle Wohneinheiten sind mit Eichenparkett ausgelegt. Die großen Holz-Aluminium Fenster lassen lichte Räume entstehen.

Das besonders energieeffiziente Gebäude, das mit Geo- und Solarthermie sowie einer Photovoltaikanlage ausgestattet ist, hat von der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB) eine Zertifizierung in Silber erhalten. "[5]

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Quelle