Busch Willm: Unterschied zwischen den Versionen

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Wilhelm Kaiser, der Wirt mit den 450 Pfund Gewicht. - Herne in den 70er Jahren.
Wilhelm Kaiser, der Wirt mit den 450 Pfund Gewicht. - Herne in den 70er Jahren.


Auf dem evgl. Friedhof an der [[Kirchhofstraße]] befindet sich die Gruft, wo Wilhelm Kaiser, unbeschwert von allem Erdenleid, neben seiner Mutter zur letzten Ruhe gebettet liegt. Seine Mutter war eine geborene Hülsmann aus Pöppinghausen, die nach dem Tode ihres ersten Mannes, Kaiser, eine neue Ehe mit einem Busch einging. Wilhelm Kaiser wird daher heute noch fälschlicherweise „Wilhelm Busch“ oder „Busch=Willm“ genannt. Er wurde am 30. April 1849 geboren und starb mit 43 Jahren am 24. Oktober 1892 am Wasser. Seine Familie war altangesehen in Herne, die jüngste Schwester heiratete Karl von Forell auf Strünkede und lebt heute verwitwet im Rheinland. Das Stammhaus der Kaiser befand sich dort, wo heute die Wirtschaft Buschmann, gegenüber dem [[Bahnhof Herne (1847-1914)|Bahnhof]], steht. Als man dort das [[Postamt Herne (1895-1910)|Postamt]] errichten wollte, erbaute sich die Familie ein Haus an der Oststraße (heute [[Leibnizstraße]]). Das war in den 70er Jahren. Zu einer Zeit, als unsere heute ältesten Herner in der Blüte ihrer Jugend standen, war Wilhelm Kaiser einer jener Jungen, die in der  Vollkraft ihrer westfälischen Urwüchsigkeit zu allerlei Draufgängertum geneigt waren. So um 1872 diente er in Minden seine Soldatenjahre ab. Damals paßte Wilhelm Kaiser, den man scherzhaft „Kaiser Wilhelm“ getauft hatte, noch in die Uniform hinein, später nicht mehr. Wilhelm war gelernter Schlosser und arbeitete in den ersten Jahren auf der Gasfabrik von Shamrock 1=2. Später pachtete er auf dem Ochsenkamp eine Schneidmühle (jetzt Kappenberg). Aus zwei alten Eisenbahnwaggons machte er sich eine Schmiedewerkstatt. Hier gab er oft erstaunliche Proben seiner Kraft zum Besten. Wenn es ihm Spaß machte, spannte er seinen Bekannten das Pferd hinterm Pflug aus und zog diesen allein. Er war ein intelligenter Mensch und sammelte einen mit ihm durch Dick und Dünn gehenden Freundeskreis, zu denen manch alter Herner gehörte. Er konnte ein gehöriges Quantum Bier vertragen. Als er es damit zu toll trieb, wurde ihm auf Betreiben der Familie, die um seine Gesundheit besorgt war, das Trinken im Dorf Herne verboten, kein Wirt durfte ihm ein Glas verabreichen. Das scherte Wilhelm jedoch nicht, lag sein Vaterhaus doch an der Gemeindegrenze, und nebenan lag ja Baukau, also vergnügte er sich weiter in Baukau. Von seinen Freunden wurde er zu Fastnacht stets zum „König Gambrinus“ bestimmt, der mit allen Würden seines Amtes bekleidet, einen großen Zylinder auf dem Haupte, an den Füßen riesige Pappdeckelstiefel, auf dem großen Fasse von Strünkede durch die Gegend bis nach Recklinghausen=Bruch gezogen wurde. Diese Fastnachtsfeier dauerte unter Umständen 8 Tage. Er hatte mittlerweile das  ansehnliche Gewicht von über 300 Pfund und nahm später noch 150 Pfund zu.
Auf dem evgl. Friedhof an der [[Kirchhofstraße]] befindet sich die Gruft, wo Wilhelm Kaiser, unbeschwert von allem Erdenleid, neben seiner Mutter zur letzten Ruhe gebettet liegt. Seine Mutter war eine geborene Hülsmann aus Pöppinghausen, die nach dem Tode ihres ersten Mannes, Kaiser, eine neue Ehe mit einem Busch einging. Wilhelm Kaiser wird daher heute noch fälschlicherweise „Wilhelm Busch“ oder „Busch=Willm“ genannt. Er wurde am 30. April 1849 geboren und starb mit 43 Jahren am 24. Oktober 1892 am Wasser. Seine Familie war altangesehen in Herne, die jüngste Schwester heiratete Karl [[Von Forell (Adel)|von Forell]] auf Strünkede und lebt heute verwitwet im Rheinland. Das Stammhaus der Kaiser befand sich dort, wo heute die Wirtschaft Buschmann, gegenüber dem [[Bahnhof Herne (1847-1914)|Bahnhof]], steht. Als man dort das [[Postamt Herne (1895-1910)|Postamt]] errichten wollte, erbaute sich die Familie ein Haus an der Oststraße (heute [[Leibnizstraße]]). Das war in den 70er Jahren. Zu einer Zeit, als unsere heute ältesten Herner in der Blüte ihrer Jugend standen, war Wilhelm Kaiser einer jener Jungen, die in der  Vollkraft ihrer westfälischen Urwüchsigkeit zu allerlei Draufgängertum geneigt waren. So um 1872 diente er in Minden seine Soldatenjahre ab. Damals paßte Wilhelm Kaiser, den man scherzhaft „Kaiser Wilhelm“ getauft hatte, noch in die Uniform hinein, später nicht mehr. Wilhelm war gelernter Schlosser und arbeitete in den ersten Jahren auf der Gasfabrik von Shamrock 1=2. Später pachtete er auf dem Ochsenkamp eine Schneidmühle (jetzt Kappenberg). Aus zwei alten Eisenbahnwaggons machte er sich eine Schmiedewerkstatt. Hier gab er oft erstaunliche Proben seiner Kraft zum Besten. Wenn es ihm Spaß machte, spannte er seinen Bekannten das Pferd hinterm Pflug aus und zog diesen allein. Er war ein intelligenter Mensch und sammelte einen mit ihm durch Dick und Dünn gehenden Freundeskreis, zu denen manch alter Herner gehörte. Er konnte ein gehöriges Quantum Bier vertragen. Als er es damit zu toll trieb, wurde ihm auf Betreiben der Familie, die um seine Gesundheit besorgt war, das Trinken im Dorf Herne verboten, kein Wirt durfte ihm ein Glas verabreichen. Das scherte Wilhelm jedoch nicht, lag sein Vaterhaus doch an der Gemeindegrenze, und nebenan lag ja Baukau, also vergnügte er sich weiter in Baukau. Von seinen Freunden wurde er zu Fastnacht stets zum „König Gambrinus“ bestimmt, der mit allen Würden seines Amtes bekleidet, einen großen Zylinder auf dem Haupte, an den Füßen riesige Pappdeckelstiefel, auf dem großen Fasse von Strünkede durch die Gegend bis nach Recklinghausen=Bruch gezogen wurde. Diese Fastnachtsfeier dauerte unter Umständen 8 Tage. Er hatte mittlerweile das  ansehnliche Gewicht von über 300 Pfund und nahm später noch 150 Pfund zu.


Es kamen viele Menschen, die ihn ob seines Gewichtes bestaunen wollten, doch für solche Leute hatte Wilhelm keine Vorliebe und pflegte von ihnen zu sagen: „Alles son schwindsüchtiges Volk!“ Bei Festlichkeiten, so auf Kaisers Geburtstag, wollte niemand neben ihm sitzen. Nicht, weil er etwa unsympathisch war, das auf keinen Fall, aber, wer nach ihm die Schüssel erhielt, durfte sich nur den Mund lecken. Wilhelm aß nämlich für fünf. Daher war es nicht verwunderlich, daß sein Leibesumfang immer mehr zunahm. Dann kam jedoch die Zeit, wo ein flotter Bursch gern heiraten möchte. Auch Wilhelm versuchte auf Freiersfüßen zu gehen, aber die Mädel genierten sich, Bräute eines 450pfündigen Mannes zu werden. Wilhelm glaubte diesem Uebelstande abhelfen zu können. Was tat er nicht alles gegen seine Umfänglichkeit! Zuerst versuchte er täglich in Mengen Karlsbader Salz, und als das nicht half, nahm er die Sense zur Hand, um durch Grasmähen dünner zu werden. Die Bekannten, denen er so half, die Wiesen zu räumen, sahen ihn verständlicherweise recht oft bei sich. Ein Fräulein von Schloß Strünkede, in Diensten der v. Forell, die auch einen Freier suchte, hatte es ihm besonders angetan. Aber sie wollte schließlich nicht, auch sie nahm an Wilhelms Leibesumpfang Anstoß. Zuletzt besorgte man ihm ein strammes Mädel aus Essen, das ihn dann auch ehelichte. Wilhelm wurde nun Wirt. Wenn aber die Menschen seinetwegen kamen, dann verschwand er ungehalten; dieses Beschauen seiner Körperfülle ging ihm wider den Strich. Trotzdem war er noch als Junggeselle mit einem Herner namens Klappdorn bis nach Hamburg und Bremen hinauf gezogen, um als Kraftmensch Geld zu verdienen, aber man machte kein gutes Geschäft.
Es kamen viele Menschen, die ihn ob seines Gewichtes bestaunen wollten, doch für solche Leute hatte Wilhelm keine Vorliebe und pflegte von ihnen zu sagen: „Alles son schwindsüchtiges Volk!“ Bei Festlichkeiten, so auf Kaisers Geburtstag, wollte niemand neben ihm sitzen. Nicht, weil er etwa unsympathisch war, das auf keinen Fall, aber, wer nach ihm die Schüssel erhielt, durfte sich nur den Mund lecken. Wilhelm aß nämlich für fünf. Daher war es nicht verwunderlich, daß sein Leibesumfang immer mehr zunahm. Dann kam jedoch die Zeit, wo ein flotter Bursch gern heiraten möchte. Auch Wilhelm versuchte auf Freiersfüßen zu gehen, aber die Mädel genierten sich, Bräute eines 450pfündigen Mannes zu werden. Wilhelm glaubte diesem Uebelstande abhelfen zu können. Was tat er nicht alles gegen seine Umfänglichkeit! Zuerst versuchte er täglich in Mengen Karlsbader Salz, und als das nicht half, nahm er die Sense zur Hand, um durch Grasmähen dünner zu werden. Die Bekannten, denen er so half, die Wiesen zu räumen, sahen ihn verständlicherweise recht oft bei sich. Ein Fräulein von Schloß Strünkede, in Diensten der v. Forell, die auch einen Freier suchte, hatte es ihm besonders angetan. Aber sie wollte schließlich nicht, auch sie nahm an Wilhelms Leibesumpfang Anstoß. Zuletzt besorgte man ihm ein strammes Mädel aus Essen, das ihn dann auch ehelichte. Wilhelm wurde nun Wirt. Wenn aber die Menschen seinetwegen kamen, dann verschwand er ungehalten; dieses Beschauen seiner Körperfülle ging ihm wider den Strich. Trotzdem war er noch als Junggeselle mit einem Herner namens Klappdorn bis nach Hamburg und Bremen hinauf gezogen, um als Kraftmensch Geld zu verdienen, aber man machte kein gutes Geschäft.

Version vom 21. November 2016, 17:01 Uhr

Herner Anzeiger Nr. 199.2, 27. August 1934

Geschichten um Busch Willm

Wilhelm Kaiser, der Wirt mit den 450 Pfund Gewicht. - Herne in den 70er Jahren.

Auf dem evgl. Friedhof an der Kirchhofstraße befindet sich die Gruft, wo Wilhelm Kaiser, unbeschwert von allem Erdenleid, neben seiner Mutter zur letzten Ruhe gebettet liegt. Seine Mutter war eine geborene Hülsmann aus Pöppinghausen, die nach dem Tode ihres ersten Mannes, Kaiser, eine neue Ehe mit einem Busch einging. Wilhelm Kaiser wird daher heute noch fälschlicherweise „Wilhelm Busch“ oder „Busch=Willm“ genannt. Er wurde am 30. April 1849 geboren und starb mit 43 Jahren am 24. Oktober 1892 am Wasser. Seine Familie war altangesehen in Herne, die jüngste Schwester heiratete Karl von Forell auf Strünkede und lebt heute verwitwet im Rheinland. Das Stammhaus der Kaiser befand sich dort, wo heute die Wirtschaft Buschmann, gegenüber dem Bahnhof, steht. Als man dort das Postamt errichten wollte, erbaute sich die Familie ein Haus an der Oststraße (heute Leibnizstraße). Das war in den 70er Jahren. Zu einer Zeit, als unsere heute ältesten Herner in der Blüte ihrer Jugend standen, war Wilhelm Kaiser einer jener Jungen, die in der Vollkraft ihrer westfälischen Urwüchsigkeit zu allerlei Draufgängertum geneigt waren. So um 1872 diente er in Minden seine Soldatenjahre ab. Damals paßte Wilhelm Kaiser, den man scherzhaft „Kaiser Wilhelm“ getauft hatte, noch in die Uniform hinein, später nicht mehr. Wilhelm war gelernter Schlosser und arbeitete in den ersten Jahren auf der Gasfabrik von Shamrock 1=2. Später pachtete er auf dem Ochsenkamp eine Schneidmühle (jetzt Kappenberg). Aus zwei alten Eisenbahnwaggons machte er sich eine Schmiedewerkstatt. Hier gab er oft erstaunliche Proben seiner Kraft zum Besten. Wenn es ihm Spaß machte, spannte er seinen Bekannten das Pferd hinterm Pflug aus und zog diesen allein. Er war ein intelligenter Mensch und sammelte einen mit ihm durch Dick und Dünn gehenden Freundeskreis, zu denen manch alter Herner gehörte. Er konnte ein gehöriges Quantum Bier vertragen. Als er es damit zu toll trieb, wurde ihm auf Betreiben der Familie, die um seine Gesundheit besorgt war, das Trinken im Dorf Herne verboten, kein Wirt durfte ihm ein Glas verabreichen. Das scherte Wilhelm jedoch nicht, lag sein Vaterhaus doch an der Gemeindegrenze, und nebenan lag ja Baukau, also vergnügte er sich weiter in Baukau. Von seinen Freunden wurde er zu Fastnacht stets zum „König Gambrinus“ bestimmt, der mit allen Würden seines Amtes bekleidet, einen großen Zylinder auf dem Haupte, an den Füßen riesige Pappdeckelstiefel, auf dem großen Fasse von Strünkede durch die Gegend bis nach Recklinghausen=Bruch gezogen wurde. Diese Fastnachtsfeier dauerte unter Umständen 8 Tage. Er hatte mittlerweile das ansehnliche Gewicht von über 300 Pfund und nahm später noch 150 Pfund zu.

Es kamen viele Menschen, die ihn ob seines Gewichtes bestaunen wollten, doch für solche Leute hatte Wilhelm keine Vorliebe und pflegte von ihnen zu sagen: „Alles son schwindsüchtiges Volk!“ Bei Festlichkeiten, so auf Kaisers Geburtstag, wollte niemand neben ihm sitzen. Nicht, weil er etwa unsympathisch war, das auf keinen Fall, aber, wer nach ihm die Schüssel erhielt, durfte sich nur den Mund lecken. Wilhelm aß nämlich für fünf. Daher war es nicht verwunderlich, daß sein Leibesumfang immer mehr zunahm. Dann kam jedoch die Zeit, wo ein flotter Bursch gern heiraten möchte. Auch Wilhelm versuchte auf Freiersfüßen zu gehen, aber die Mädel genierten sich, Bräute eines 450pfündigen Mannes zu werden. Wilhelm glaubte diesem Uebelstande abhelfen zu können. Was tat er nicht alles gegen seine Umfänglichkeit! Zuerst versuchte er täglich in Mengen Karlsbader Salz, und als das nicht half, nahm er die Sense zur Hand, um durch Grasmähen dünner zu werden. Die Bekannten, denen er so half, die Wiesen zu räumen, sahen ihn verständlicherweise recht oft bei sich. Ein Fräulein von Schloß Strünkede, in Diensten der v. Forell, die auch einen Freier suchte, hatte es ihm besonders angetan. Aber sie wollte schließlich nicht, auch sie nahm an Wilhelms Leibesumpfang Anstoß. Zuletzt besorgte man ihm ein strammes Mädel aus Essen, das ihn dann auch ehelichte. Wilhelm wurde nun Wirt. Wenn aber die Menschen seinetwegen kamen, dann verschwand er ungehalten; dieses Beschauen seiner Körperfülle ging ihm wider den Strich. Trotzdem war er noch als Junggeselle mit einem Herner namens Klappdorn bis nach Hamburg und Bremen hinauf gezogen, um als Kraftmensch Geld zu verdienen, aber man machte kein gutes Geschäft.

Von seiner Hochzeit ist noch zu berichten, daß er damals Männlein wie Weiblein sternhagelvoll machte, da er es schon damals verstand, aus allen Sorten Alkohol ein gefährliches Gebräu zusammenzumischen. Der Schlenkamp war früher ein Wald, und dort hat Wilhelm mit den Hernern manches fröhliche Fest zu feiern verstanden. Er war außerdem ein guter Schütze und ist einmal sogar Schützenkönig gewesen. Mit der Donnerbüchse haben er und seine Freunde auch sonst manche Kunststücke gezeigt.

Aber seine 450 Pfund Körpergewicht wirkten sich später unheilvoll aus. Wie es bei umfangreichen Menschen meist der Fall ist, so litt auch Wilhelm zuletzt an der Wassersucht, daran er schließlich im blühenden Mannesalter von 43 Jahren starb. Wie beliebt er gewesen ist, zeigt sein Begräbnis. Der riesige Sarg wurde auf einem Bollerwagen zum Friedhof an der Kirchhofstraße gefahren und dort beigesetzt. Das Volk, so berichten Augenzeugen, riß den Friedhofszaun infolge des ungeheuren Andranges um, nur um zu sehen, wie ein echter Herner Junge und Schützenkönig, der dazu ein weithin bekanntes Original war, zur letzten Ruhe gebettet wurde. [1]

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Quelle

  1. Herner Anzeiger Nr. 199.2, 27. August 1934