Aus der Geschichte der Bahnhofstraße IV

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel

Originaltext und Bild aus dem Herner Anzeiger vom 16. November 1935. Abgeschrieben und mit neuen Absätzen und Überschriften versehen von Andreas Janik.

Aus der Geschichte der Bahnhofstrasse

IV.

Auf die Häuserreihe die sich um 1870 von der Kirchhofstraße bis zur späteren Behrensstraße hinzog, folgte, durch eine lange Lücke getrennt, an der südlichen Ecke der Von-der-Heydt-Straße eine kleine Häusergruppe. Das erste Haus dieser gruppe ist nicht in den alten Katasterkarten enthalten. Es war nämlich, trotzdem es schon lange vor der Neumessung von 1877 bestand, nicht eingemessen. Das wird, da die Vermessung von Gebäuden zum Kataster nicht Zwang ist, öfter vorgekommen sein, so daß die Karten, welche die zwischen 1823 und 1870 vorhandenen Gebäude enthalten, nicht ganz vollständig sind.

Bahnhofstraße 63

Das Haus, das wir meinen, ist heute die Wirtschaft Osthold, Bahnhofstraße 63. Das Grundstück gehörte, wie die ganze Ecke Von=der=Heydt= und Bahnhofstraße, der 1. evgl. Pastorat. Von dieser kaufte es 1857 der Lehrer Clemens August Westerhoff, der in diesem Jahre angeblich aus Gesundheitsrücksichten seinen Dienst quittierte und Kaufmann wurde, für 579 Taler 22 Sgr. (Es handelte sich um 54 Ruten 30 Fuß. Im Jahre 1831 hatte Boos für 32 Ruten an der Ecke Kirchhofstraße nur 111 Taler gegeben.[1] >Es war also eine ganz erhebliche steigerung der grundstückspreise an der Bahnhofstraße eingetreten, nachdem die Bahnhofstraße zur Provinialstraße ausgebaut worden und der Bahnhof Herne entstanden war.) Lehrer a.D. Westerhoff erbaute auf dem Grundstück sogleich ein Haus. Dazu benötigte er Geld. Der Reichsgraf Otto v. Westerholt Giesenberg [2] gab ihm ein Darlehen von 2000 Talern und übernahm außerdem Wechselverbindlichkeiten in Höhe von 3000 Talern. Für diese insgesamt 5000 Taler stellte Heinrich Schmidt zu Sodingen die selbstschuldnerische Bürgschaft, wofür Westerhoff ihn 1865 den besitz verpfändete. Es kam aber bald zur Versteigerung, in der Schmidt zu Sodingen das anwesen erhielt. Er verkaufte es 1867 für 6800 Taler an den Kaufmann Waldemar Rocholl weiter. Dieser erbaute 1898 anstelle des alten ein neues Haus mit Wirtschaft, eben die heutige Wirtschaft Osthold. Das Haus kam 1905 an seine Witwe, die eine geboene Ernestine Baltz war, 1908 war der Wirt Eduard Klüsener Eigentümer, seite 1923 gehört es der Ehefrau Julius Eising, Emilie geb. Meinhardt.

In der Von=der=Heydt=Straße folgt das Haus des

Maurers Wagner und dahinter die kath. Notkirche

Biede lagen auf demselben Grundstück. Dieses hatte der Marurer Moritz Wagner im Jahre 1857 von der evgl. Gemeinde zu Herne für 385 Taler gekauft und darauf ein Haus mit den heutigen hausnummern Von=der=Heydt=Straße 3, 5 und 7 erbaut. Das Hinterhofgelände verkaufte er 1860 an die kath. Gemeinde, erwarb er aber 1874 wieder. Schließlich fand eine Teilung statt. Das Besitztum Nr. 5/7 (heute Flake) ging von der witwe des Maureres Wagner in den besitz des Händlers und Wirtes Heinrich Leushacke über, 1910 erwarb es das Bürgerliche Brauhaus, 1911 der Wirt Heinrich Finkemeyer, 1925 der Wirt Wilh. Flake. In diesem Jahre erfolgte auch der Umbau des Wohn= und Wirtshauses. Das Haus Nr. 3 hatte mit der Zeit einen Schlachthausanbau erhalten, denn der Metzger Friedrich Wilhelm Schmitz hatte es erworben. 1908 wurde der Kaufmann Michael Brücken in Hagen Eigentümer, 1910 der Kaufmann Heinrich Klein, der es 1911 umbaute.

Und nun die kath. Notkirche. Sie war

die erste katholische Kirche in Herne,

seitdem 1561 die Einführung der reformation begonnen hatte. Nach rd. 300 Jahren waren so viele Katholiken zugewandert, daß ihre Zuteilung zur Pfarrei Eickel sich nicht länger tragbar erwies. Es mußte ([1858]]) ein eigener Gottesdienst in Herne eingerichtet werden, der zunächst von Eickel aus wahrgenommen wurde, dann blieb der Vicar von Eickel, Gustav Schmelzer war es, in Herne wohnen und wurde 1861 bei der errichtung der kath. gemeinde Herne der Missionsgeistliche. 1862 wurde Kaplan Schwartz, 1873 Kaplan Strickmann sein Nachfolger. Der Neuaufbau eines katholischen Gemeindelebens in Herne ging von Eickel aus. Die dortige Gemeinde war es auch, die die Grundstücke für die erste Kirche ankaufte. Nachdem die katholische Mission zu Herne 1861 errichtet worden war und staatliche Anerkennung gefunden hatte, wurde der Besitztitel auf sie überschrieben. Den antrag dazu stellte 1863 der eickeler Kirchenvorstand selbst (gezeichnet: Hachmann, Pfarrer, Bönninghaus, Dubel).

Das Kirchengrundstück bestand aus zwei Teilen, aus der Parzelle I 447/151 und der Parzelle I 444/151. Das Urgrundstück I 151, es war die Ecke Von=der=Heydt>= und Bahnhofstraße, gehörte der evgl. 1. Pastorat. Die Parzelle I 447*151 wurde, wie schon ausgeführt, dem Maurer Moritz Wagner lt. Vertrag vom 30.1,1860 abgekauft. Sie war 19 Ruten 80 Fuß groß und lag hinter seinem Hause. Die Parzelle I 444/151, die 46 Ruten 30 Fuß umfaßte, lag neben dem Wagnerschen grundstück und gehörte dem Schmied Sassenhoff, der es, ebenso wie Wagner, 1857 von der evgl. Gemeinde gekauft hatte. Dadurch, daß die katholische Gemeinde diese Grundstücke im Jahre 1860 erwarb, kam das Kuriosum zustande, daß die erste katholische Kirche nach der Reformation auf einem Grundstück entstand, das 3 Jahre vorher noch der evgl. Pastorat gehört hatte. Diese wiederum hatte es bei der Teilung der Gemeinheit Koppelheide erhalten.

Auf dem angekauften Grundstück wurde Kirche und Schule errichtet. Aber er dauerte nicht lange, da war die Zahl der Katholiken so groß geworden, daß die Bonifatiuskirche an der Bahnhofstraße, die 1874



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