Alois Weiß

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel
Version vom 14. August 2015, 17:08 Uhr von Andreas Janik (Diskussion | Beiträge) (Die Seite wurde neu angelegt: „ Aus Herne - Unsere Stadt 1966, Heft 5 S. 7 350px|thumb| ---- Stadtältester Weiß <br/> fe…“)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)

Aus Herne - Unsere Stadt 1966, Heft 5 S. 7


Stadtältester Weiß
feierte Diamantene Hochzeit

Diamantene Hochzeit konnten am 23. Oktober die Eheleute Aloys Weiß und Gertrud, geborene Seppel, feiern. Das Jubelpaar, das am 23. Oktober 1906 in Neurode den Bund für das gemeinsame Leben schloß, konnte an diesem Ehrentag zahlreiche Glückwünsche entgegennehmen. Unter den Gratulanten sah man Oberbürgermeister Brauner, den Stadtverordneten Wenner als den Nachfolger von Aloys Weiß in der Fraktionsführung, weitere Stadtverordnete, Bürgermeister Wehrenbrecht, den Bundestagsabgeordneten Ulrich Berger und viele andere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Wer aus diesem Kreis nicht persönlich erscheinen konnte, hatte schriftlich Glückwünsche übermittelt. „Tue mehr als deine Pflicht, auf Anerkennung rechne nicht!" lautete der Spruch, der einst bei Aloys Weiß in seinem kleinen, bescheidenen Arbeitszimmer im Kolpinghaus hing, der ihm in jüngeren Mannesjahren Leitsatz war, und nach dem er noch heute lebt. Er hielt sich erst recht an diese Worte, als er endgültig seinen Arbeitsplatz im „Pütt" mit dein Büro eines Arbeitersekretärs vertauschte. Schon früh kam er in die kommunalpolitische Arbeit, in der er in den Reihen der alten Zentrumspartei als einer der Aktivsten sehr bald führend war. In den Jahren nach dem ersten Weltkrieg trugen er und seine Familie alle Nöte mit, denen damals „der kleine Mann" ausgesetzt war, die er jedoch stets zu meistern verstand. Sein pfiffiger Humor, den er sich auch bis in sein hohes Alter bewahrt hat, aber auch seine starken Nerven triumphierten auch später in den Jahren der NS-Herrschaft über plumpen Terror und geistlose Gewalt. Er wie auch seine Freunde von der Katholischen Arbeiter-Bewegung, die er in der Zeit der Bedrückung und Verfolgung in seinem Bereich nur noch stärker gemacht hatte, waren nach dem Zusammenbruch unter den ersten, die wieder am neuen Aufbau mit Hand anlegten. Als einer der maßgeblichen Mitbegründer der CDU in Herne nach dem Zusammenbruch gehörte Aloys Weiß zu den ersten Stadtverordneten, in deren Händen das Wohl ihrer Heimatstadt oder Wahlheimat Herne lag. In all diesem Auf und Ab der bewegten Zeitläufe stand Aloys Weiß seine Lebensgefährtin Gertrud verständnisvoll, mittragend, mitdarbend, stärkend, helfend und mitfreuend treu zur Seite. Erst im Jahre 1956 zog Aloys Weiß sich aus der aktiven kommunalpolitischen Arbeit etwas zurück. Damals war er 75 Jahre alt, und das Ehepaar feierte gerade seine goldene Hochzeit. Das alles war damals auch für die politisch und weltanschaulich Andersdenkenden ein Anlaß, sein Leben im Dienst der Gemeinschaft achtungsvoll zu würdigen und ihm für sein unermüdliches und opferbereites Wirken zu danken. Der schönste Achtungserweis auch vor aller Öffentlichkeit war die Tatsache, daß die führenden Köpfe des Herner kommunalpolitischen Lebens, die im politischen Alltag in Erfüllung ihres Auftrages seine „Gegner" waren, ihm in den reiferen Lebensjahren menschlich in aufrichtiger Freundschaft verbunden waren, weil man wußte und achtete, daß jeder und jede Seite nach der eigenen Art und Überzeugung für das Gemeinwohl wirkte.
Der Staat ehrte damals Aloys Weiß mit dem Bundesverdienstkreuz, seine Kirche zeichnete ihn durch die Verleihung des päpstlichen Ordens „Pro Ecclesia et Pontifice" aus, und der Rat der Stadt Herne verlieh ihm den Ehrentitel „Stadtältester", In einer feierlichen Sondersitzung des Hauptausschusses der Stadt Herne wurde Aloys Weiß am 18. Juli 1961 durch Oberbürgermeister Brauner der Ehrenring der Stadt überreicht. Aloys Weiß erwiderte bei dieser Gelegenheit, daß viele Wünsche anläßlich seines 80. Geburtstages, dem Tag der offiziellen Ehrung durch die Stadt, darin gegipfelt hätten, er möge 100 Jahre alt werden. Er meinte damals dazu: „Das habe ich aber gar nicht vor schon mit Rücksicht auf die städtischen Finanzen." (Als Stadtältester war Weiß ein kleiner „Ehrensold" zugesprochen.) Seinen Dank für alle Ehrungen, die man ihm zugedacht hatte, verband damals Aloys Weiß schließlich mit dem Wunsch an die Hauptausschußmitglieder aller Fraktionen: „Seien Sie in Zukunft viel öfter so einig, wie Sie es bei meiner Ehrung waren zum Wohle unserer Stadt!"
R. G. Lange