Ripp (1980) 4
QUELLENARBEIT
ehem.
Pädagogische Hochschule Berlin ‚ Historisches Seminar
H E R N E - DIE ENTSTEHUNG EINER RUHRGEBIETSSTADT
Der Einfluss von Bergbau und Industrie auf die Entwicklung der Stadt Herne - anhand einer Festschrift zur Einweihung des Rathauses 1912
von Winfried Ripp
Diese rasche Bevölkerungsvermehrung ist typisch für die Bergbaustädte des Ruhrgebietes.
Der Ausbau der Stadt (insbesondere der Versorgungseinrichtungen) konnte mit dieser sprunghaften Bevölkerungsentwicklung kaum mithalten. Herne hatte besonders in der Zeit bis 1897, dem Jahr seiner Stadtwerdung, das Aussehen eines Industriedorfes, das entlang der Straße vom Bahnhof bis zum alten Dorfkern sich entwickelte.[1]
Die Zechen bauten die für das Ruhrgebiet typischen Bergarbeiterwerkswohnungen, die sogenannte 'Kolonien' bildeten Diese befanden sich meist außerhalb des eigentlichen Dorfkernes in der Nähe der Zechen. Die ein- bis zweigeschossigen Häuser besitzen große Gartenflächen, die gut zum Gemüseanbau und zur Kleintierhaltung geeignet sind. Dadurch wurden die häufigen konjunkturellen Krisen des Bergbaus besonders zwischen 1873 und 1890 für die Bewohner der Zechenkolonien gemildert.
Gebäude und Einrichtungen, die der Stadt Herne ein städtisches Gepräge gaben, wurden erst nach und nach errichtet, da es an Steuereinnahmen fehlte und sich alteingesessene bäuerlich handwerklich orientierte Stadtverordnete dagegen sträubten.
Der Ausbau des Bergbaus und der Industrie, die das Leben ganz und gar bestimmten, gingen dagegen von in der gesamter deutschen Wirtschaft festzustellenden konjunkturellen Schwankungen abgesehen [2] , zügig voran.
Besonders der Bergbau hat der Stadt ihr Gesicht gegeben, das sich bis heute trotz des Endes seiner Ära (zu mindestens auf dem Herner Stadtgebiet)[3] erhalten hat. Eine geordnete städtebauliche Entwicklung konnte in Herne nicht stattfinden, da schon bald die Zechengeseilschaften systematisch Grundstücke aufkauften, um eine Bebauung zu verhindern. So wollten sie sich einer Haftung für zu erwartende Bergschäden an den Gebäuden entziehen.
Erst etwas später begann auch die Gemeinde planmäßig Grund und Boden für ihre Bauvorhaben zu erwerben. "So kam durch dieses Raufen von Industrie und Gemeinde um den Boden ein regelloser, von Zufällen und jeweiliger Finanzkapazität bestimmter Zug in die Bauplatzgewinnug der Gemeinde, die eine gesunde städtebauliche Entwicklung Hernes ... bis in die Gegenwart hinein verhindert hat und seinen Stadtleib durch jene fast völlig zerrissene und unfertige Form verunstaltete, die auch bei den Nachbarstädten nicht fehlt."[4]
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- ↑ Croon, H.: Städtewandlung und Städtebildung im Ruhrgebiet, S.498
- ↑ "Die Wirtschaftsbilanz, welche die. Hemer Industrie jeweils aufzuweisen hatte, deckte sich ... mit der der deutschen Industriewirtschaft überhaupt, und es war derselbe Rhythmus von An- und Abspannung, von Blüte und Kriese zubemerken.“ aus: Sieburg, H.O. ‚ a.a.O.‚ S. 149
- ↑ Fußnote in der Vorlage nicht lesbar (Anm. d. Redaktion)
- ↑ Sieburg, H.O. ‚ a.a.O. ‚ S. 152