Rathaus Wanne
Amtshaus Wanne – Rathaus Wanne-Eickel – Rathaus Wanne
Rathäuser sind mehr als nur Gebäude zur Unterbringung von Stadträten, Oberbürgermeistern und Ämtern. Schon im ausgehenden Mittelalter zeugten diese Häuser durch ihre repräsentative Erscheinung vom steigenden Selbstbewusstsein des Bürgertums und von der wachsenden Macht der Städte. Nicht zufällig stehen sie zumeist am oder auf dem Marktplatz, der schon in der Antike Mittelpunkt des öffentlichen Lebens war. Die Italiener bevorzugten den zweigeschossigen Rathausbau mit Turm, einer offenen Halle im Erdgeschoss und einem Saal im Obergeschoss. Im mittelalterlichen Deutschland entstanden fast ausschließlich Saalbauten, Renaissance und Barock orientierten sich häufig am Palast. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts überwiegen historisierende große Gebäude, später häufig zweckgerichtete kastenförmige Verwaltungsbauten. Sowohl die Wanne-Eickeler als auch die Herner bauten ihre repräsentativen Verwaltungssitze zu Beginn der 1900er Jahre, also zu einer Zeit, als historische Stile modisch waren, aber „neue Sachlichkeit“ und Jugendstil an Boden gewannen.
Das Amtshaus Wanne ist nach Plänen von Amtsbaumeister Otto Zahn errichtet worden. Mit den Ausschachtungsarbeiten wurde am 14. März 1903 begonnen. Der Neubau konnte bereits im November 1904 fertiggestellt und bezogen werden. Die feierliche Eröffnung fand am 19. Januar 1905 statt. Trotz des enorm hohen Bautempos war das dreieinhalbgeschossige Amtshaus Wanne mit U-förmigen Grundriss zu einem Schmuckstück geworden: Mit seinen Rundbogenfenstern, dem Balkon mit Balusterbrüstung über dem Portal, mit seinen geschweiften Giebeln und dem verspielten achtseitigen, kupfergedeckten Zwiebelturm erinnerte das Bauwerk an ein Patrizierhaus. Das Innenleben präsentierte sich weniger barock: Neben einem Sitzungssaal und einem Beratungszimmer enthielt das Amtshaus unter anderem noch 61 Büroräume in drei Stockwerken, sieben Kellerräume sowie die Dienstwohnung des Amtsbaumeisters. Auch war die Polizeiwache nebst sechs Gefängniszellen im neuen Amtshaus untergebracht. Da die Verwaltung nicht alle Räume benötigte, wurden in den ersten Jahren im dritten Stockwerk Wohnungen an die Amtsbeamten vermietet. Dies änderte sich aber im Laufe der Jahre. Die Platznot vergrößerte sich noch, als sich die Ämter Wanne und Eickel am 01. April 1926 zusammenschlossen und das Amtshaus Wanne zum Rathaus der Stadt Wanne-Eickel wurde. Immer wieder wurde über einen Rathausneubau nachgedacht. So wurde auf Grund der „Denkschrift zur Frage Rathaus – Erweiterung oder Neubau“ von Stadtbaurat Koch am 15. Juni 1955 ein Wettbewerb zur Erlangung von Vorentwürfen für den Neubau eines Rathauses der Stadt Wanne-Eickel ausgeschrieben. Zu einer Erweiterung oder einem Neubau kam es aber nie.
Bis zur Städteehe von Wanne-Eickel und Herne fanden die Ratssitzungen der Wanne-Eickeler Stadtverordneten im Verwaltungsgebäude an der Richard-Wagner-Str. 10 in Eickel statt (Ein Gebäude mit vielen Gesichtern an der Richard-Wagner-Str. 10 in Eickel ). Der Sitzungssaal im Wanne-Eickeler Rathaus war zu klein.
Im Herbst 1977 musste die alte Amtmannvilla weichen, um Platz für das neue Gesundheitsamt zu schaffen, welches am 01. Oktober 1980 offiziell seiner Bestimmung übergeben wurde. 2008 und 2009 wurden das Dach und die Fassade des Rathauses saniert. In diesem Zeitraum erfolgte auch die Renovierung des Sitzungssaales. Von 2011 bis August 2013 wurden dann in mehreren Bauabschnitten umfangreiche Sanierungsmaßnahmen durch das Gebäudemanagement Herne durchgeführt. Hierzu gehörten Brandschutzmaßnahmen, Hausschwammsanierung, Sanierung der Kelleraußenwände, Umgestaltung des Atriums, Sanierung der WC-Anlagen und Bodenbeläge der Flurbereiche.
Eine Badeeinrichtung im Rathauskeller
Für die städtischen Bediensteten hielt das Rathaus eine besondere Annehmlichkeit bereit. In der im Keller befindlichen Badeeinrichtung konnte ein erfrischendes Vollbad genommen oder unter eine der vier Brausezellen geduscht werden. Die Badezeiten für die weiblichen und männlichen Verwaltungsangehörigen sowie das Verhalten in der Badeeinrichtung wurden natürlich per Dienstverfügung geregelt. Der Betriebsrat wurde beteiligt. Die letzten bekannten Badegäste waren in den 1970er Jahren Angestellte des Bezirksschornsteinfegermeisters Helmut Brzukalla. Die städtischen Bediensteten nahmen da schon längst kein dienstliches Bad mehr. Wie lange überhaupt die Möglichkeit bestand, im Rathaus zu baden, ist leider nicht überliefert.
Quellen
Stadtarchiv Herne:
Dokumentationsbibliothek: Sammlung Wanner Rathaus
2 Rathäuser - 22 Oberbürgermeister, Publikation der Stadt Herne, November 2002
Foto- und Postkartensammlung