Bergbau in Herne 1864 (Berggeist)

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel

Vorlage:HuS1

Bochum, 31. Jan. [Steinkohlengruben.] (Schluss aus Nr. 12.) Der Bahn nach Herne entlang gehend, kommen wir nach der Zeche Shamrock (deutsch: Kleeblatt), deren Gewerkschaft aus Söhnen Albions besteht. Schon von Weitem macht diese Grube durch ihre hohen hölzernen Gerüste, auf deren Spitze, vielleicht 50 Fuss über dem Boden die Seilscheiben umlaufen, durch die runden Dächer ihrer Arbeiterwohnungen und dergleichen mehr einen äusserst fremdartigen Eindruck, der sich bei der Ankunft auf dem Werke selbst nur noch steigern kann. Es herrscht dort eine allgemeine Geschäftigkeit, die man versucht sein sollte im ersten Augenblicke Confusion zu nennen und erst, nachdem man Alles näher in Augenschein genommen, klärt sich diese Confusion als ein geregeltes Ganze auf, indem sich eine sehr gute Folge der einzelnen Arbeiten ergibt und diese selbst in der grössten Ordnung Hand in Hand gehen.
Der Raum ist zu beschränkt, um dem Leser ein klares Bild zu entwerfen; wir müssen uns deshalb, wie bisher, auf kurze Notizen beschränken.
Von der 100 Ltr.-Sohle[1] und der tiefen, der 150 Ltr.-Sohle, werden durch eine 100pferdekräftige Zwillingsmaschine in der Förderzeit von täglich 16 Stunden ca. 450 Körbe, à 4 Wagen, à 7 Schffl., also ungefähr 12,000 bis 13,000 Schffl. Steinkohlen zu Tage gebracht. Die Maschine selbst steht unter Dach und Fach; die Förderseile haben jedoch einen Weg von immerhin 30 Ltr. im Freien zu machen, ehe sie in den Schacht selbst gelangen. Die jetzige Fördermaschine soll nächstens durch eine andere stärkere ersetzt werden, mit zweckmässiger construirten Seilscheiben, da gegenwärtig die Seile jährlich 7 bis 8 mal ausgewechselt werden müssen.
Die Förderkörbe enthalten 4 Wagen, je zwei und zwei hintereinander, abweichend von den in hiesiger Gegend üblichen, in denen 2 und 2 Wagen nebeneinander stehen. Das Abziehen der Wagen geschieht einige Ltr. über dem Niveau der Eisenbahnschienen. Sie werden auf Rätter ausgestürzt, so dass die Nuss- und feinen Kohlen durch dieselben hindurch in Trichter fallen, während die groben Kohlen auf ihnen herunter rutschen und direct in die Eisenbahn Waggons verladen werden können. Durch Aufziehen von, die Kleinkohlen - Trichter verschliessenden Schiebern fallen dieselben in Wagen von 10 Schff. Cubik-Inhalt, durch welche man sie an das untere Ende einer schiefen Ebene mit zwei Geleisen befördert. Wird nun eine unter den Wagen befindliche Klappe geöffnet, so entleert sich deren Inhalt in noch grössere aus der schiefen Ebene laufende Wagen.
Durch die Dampfmaschine werden die gefüllten Wagen heraufgezogen und gleichzeitig die leeren hinabgelassen; der oben ausgestürzte Inhalt der ersteren separirt sich in gröbere und feinere Nuss- und Kleinkohlen. Alle drei Sorten fallen in Trichter, aus denen erstere in darunter stehende Eisenbahn-Waggons, letztere in Förderwagen verladen werden können, die per Pferdebahn nach den Cokesöfen befördert werden. Aus den Feinkohlen werden auf der eigenen Anlage von 84 aus feuerfesten Steinen erbauten englischen Oefen Cokes gebrannt, theilweise werden dieselben an die 18 aus Ziegelsteinen hergestellten englischen Oefen des Hrn. Ennemann abgegeben. Die Oefen werden mit 120 Schffln. geladen, die Cokes sind nach 6 Tagen gar. Shamrock ist also im Stande täglich über 1000 Ctr. Cokes zu liefern.
Die Zeche hat verhältnissmässig wenig mit Wasser zu kämpfen gehabt. Die Wasser sind bis zu ca. 40 Ltr. Teufe durch Tubbings vom Schachte abgehalten. Augenblicklich betragen die Zuflüsse pro Minute an 40 Cbkfuss. Eine Hubpumpe von 14“ Kolbendurchmesser hebt dieselben aus dem Sumpfe bis in einen Satzkasten, aus dem eine andere gleiche Pumpe sie in einen zweiten befördert, aus welchem sie durch einen Drucksatz mit 15zölligem Kolben zu Tage geschafft werden. Da die Druckpumpe wegen der grösseren Dimensionen mehr Wasser hebt, als vorhanden, so muss eine Quantität Wasser vermittels eines Hahnes aus dem Steigrohr in den obersten Satzkasten zurückfliessen. Die Kolben haben 7 Fuss Hub und machen 5½ Hub pro Minute. Zum Betriebe dient eine Maschine von 200 Pferdekraft aus der Fabrik von Thom. Murray & Co. in Chester le Street[2], die beim Betriebe ein solches Geklapper und Gerassel vollbringt, dass nur einigermaassen empfindliche Hör-Organe sich Glück wünschen, aus dem Bereiche des Schalles herauszukommen.
Der Wetterzug wird durch einen 30 Schritte vom Haupt-Schachte liegenden Wetterschacht mit Hülfe eines Wetterofens bewirkt. Auf allen drei Zechen, Shamrock, Hannibal und Constantin, fährt die Belegschaft am Seil.

Es folgen jetzt einige mit der Station Gelsenkirchen verbundene Gruben und zwar zuerst die Zeche Pluto, auf welcher in 16 Stunden täglich aus einer Teufe von 120 Ltrn. durch eine Fördermaschine von 100 Pferdekräften an Bandseilen ca. 6000 Schff. zu Tage gebracht werden. Die auf der Wettersohle gewonnenen Kohlen werden nach der tiefen Sohle gebracht und hier angeschlagen. Die Wasserhaltungs - Maschine von 310 Pferdekräften braucht Nachts nur 4 bis 6 Stunden in Betrieb gesetzt zu werden, um vermittels drei übereinanderstehender Drucksätze mit 18zölligen Kolben die gesammelten Wasser zu heben.
Die Zeche Königsgrube fördert Tag und Nacht durch eine 120pferdekräftige Maschine 10.000 bis 11,000 Schff. Kohlen. Die Förderung geschieht von zwei Sohlen, deren tiefste sich in 118 Ltr. Teufe befindet. Die Körbe enthalten zwei Wagen à 10 Schff. übereinander. Aus dem Sumpfe werden die Wasser von zwei Hubpumpen mit 8- resp. 10zölligem Kolben aufgenommen und in einen Satzkasten ausgegossen, aus dem sie durch eine 17zöllige Hubpumpe in einen zweiten befördert werden. Zwei übereinanderstehende Drucksätze mit je 20zölligem Plunscher bringen die Sumpfwasser in Verbindung mit den inzwischen zugeflossenen Dammwassern zu Tage. Die Kolben haben 8½“ Hub und machen 1"/. Hub pro Minute, der Motor ist eine WasserhaltungsMaschine von 300 Pferdekräften. Die Wasser im Sumpfe betragen also 18, die Zuflüsse durch die Dammwasser 5 Cbkfss. in der Minute, da der obere Drucksatz in der Minute 23 Cbkfss. ausgiesst.

Quelle

Ausschnitt aus einer Artikelserie in der Zeitung Der Berggeist: Zeitung für Berg-, Hüttenwesen u. Industrie, Band 9, 12. Februar 1864, S. 57[3]

Siehe auch


Anmerkungen