Die Herner Mark (Reiners)

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel

Originaltext aus dem Herner Anzeiger vom 20. Juli 1935, abgeschrieben von Heinrich Voss.

Die Herner Mark

nach Dr. Reiners, Herne. †

Der größte und wertvollste Gemeindebesitz war die sogen. "HERNER - MARK". Darunter versteht man heute noch Waldungen im Süden der Stadt. (Quellenbusch und Constantiner Busch). Pastor Dransfeld berichtet in seiner "Geschichte der Stadt Herne " sehr Wertvolles über sie. Ihm hat sogar das sogen Markenbuch aus dem Jahre 1762 vorgelegen, das leider verschollen ist.

Eine Aufteilungskarte aus dem Jahre 1759, die der † Schulte Hiltrop dem Heimatmuseum schenkte, geben uns näheren Aufschluß. Diese Schätzung wurde in 15 Tage langer Arbeit infolge Commissorial-Befehl" von den besonders authorisirten aestimatores "Johan Jürgen Koch, Johan Anton Trösken, Johan Rötger zu Bergen und Johan Jürgen Kremer aufgestellt. Sie enthält nicht weniger als 32 Teile der Herner Mark, die nach der Qualität des Grundes und des aufstehenden Gdhölzes, abgeschätzt sind. Das Gebiet der Herner M. begann im südl. Teil der Gemeinde Hiltrop. Dort war es ein Wald, der von Schulte am Güstenberg bis Grümer und darüber hinaus bis jenseits der Landstraße von Herne nach Bochum reichte, die hier die Landstr. von Eickel nach Bochum aufnahm u. dann in den Hellweg, der noch heute als Castroper Str. von Bochum kommt.

Der 2. größere Waldkomplex lag in Bergen. Er ist heute unter Zillertal bekannt. Es sind allerdings nicht die Waldpartien um die heutige Wirt-schaft Zillertal. Das war Riemker Gebiet. Die Herner Mark begann an der Berger Mühle. Der von hier ausstrahlende Wald hieß "Die Wanne", (Schulte zu Bergen erhielt bei der Aufteil. Waldstücke in der "vordersten - mittelsten und hintersten Wanne.

Das 3. größere Waldgebiet lag zw. dem Dorf Hiltrop und dem Gysenberg. Es ist zum großen Teil noch als Hiltroper Volkspark erhalten.

Der größte Teil der Herner Mark lag aber auf Herner Gebiet. Das Hauptstück, heute Constantiner Wald gen., liegt zwischen Berg- und Wiescherstr.. Von Nordosten nach Südwesten schnitt ein breiter Ackerstreifen hinein,der die Flurbezeichnung "In der Wanne" trug. (Kronenstr.) Diese Waldlücke ist von der Zeche Constantin erweitert worden. Früher setzte sich der Wald in einer Brücke nach Osten über die Wiescherstr. fort, so daß der Hohlweg der Wiescherstr. mitten durch den Wald führte.

Zur Herner Mark gehörten auch die kl. Waldstücke "Im Wietel" und das "Düngelbruch". Das heutige Düngelbruch ist nur noch der Teil von dem Waldgebiet, das sich einst südöstl. an Weusthoffs wasserumwehrtes Besitztum anschloß.

Schließlich gehörte zur Herner Mark noch das Waldstückchen östlich des Hofes "Sehrbruch" und noch nördlich der Feldstraße, wo heute der Kotten Springkämper liegt. Dieser Wald trug wie die Weiden die Bezeichnung "Sehrbruch". Außerdem nennt die erwähnte Schätzung "ein Plätzgen vor Jaspars Hoff in Herne" (Steinweg). Wir können sagen daß die Herner Mark seit germanischer Zeit - denn die Marken als Gemeinheitswald - gehen mindestens auf die Zeit der Seßhaftmachung der Germanen in unserem Gebiet zurück - im wesentlichen in der Form und der Umfang bestanden hat, wie der Wald 1823 bei der Katasteraufnahme noch vorgefunden wurde.

Was zwischen der Teilung im Jahre 1773 und dem Jahre 1823 abgeholzt ist, kann nur unbedeutend sein, denn zwischen der Teilungskarte des Landmessers Schaerer, die das Datum von 1769 trägt, und den Katasterkarten von 1823 finden wir keinen wesentlichen Unterschied. Die älteste urkundliche Nachricht stammt jedoch erst aus dem Jahre 1435. Sie befindet sich im Archiv des Hauses von Romberg-Brüninghausen und besagt nach einer der Familie Schulte zu Bergen gewordenen Mitteilung,

daß Heinrich von Strünkede, Joh. van Ekel, Diederichs Sohn, Joh. van Ekel, Hennekyns Sohn, Coep van Hammme, Herman Swarte und Hinrich der Schulte von dem Stedinchove und die andern Erfgenoten ond Scheven, in der Herner Mark, auf Bitte Johan von Ekel, Diderich, dem Schulten von Bergen, Teiche, die gelegen sind in der wande, op der Mark grunde auf die nächsten 70 Jahre übertragen.[1] Es handelt sich hier offenbar um Teiche bei der jetzigen Berger Mühle in dem Waldstück „in der Wanne.="

Hier ist von Bedeutung, daß im Jahre 1435 eine Reihe von Adligen neben den Markgenossen, Rechte in der Herner Mark zu vergeben hatten. In der späteren Zeit ist von Rechten Adliger keine Rede mehr, im Gegenteil, wird gegen Einmischung von dieser Seite scharf opponiert.

Die Rechte sind nach Dransfeld spätestens im Jahre 1591 schriftlich festgelegt.

„Anno 1591, den 9. February haben die gesamte Markengenoßen bey der Herner Bauerschaft Hiltrop u. Herne unter sich wegen befreyung der Mark einen Vergleich uff gerichtet und gestraffet folgenden inhalts: "Nach dem sich der Twist u. mangel hat erheven tüschen den sämmtlichen Markengenossen der Herner Mark wegen ohngeborliches und schädlichen holthaewens (haewen = hauen), dewill (dieweil) sollich ungebührlichen schor-wen (wohl von scharf), also mit etwas Scharfen abgeschlagen, s. Schürfen) vur langen unerdenklichen Jahren von vürgenante Markengenoßen der beyden Beuerschaften Herne und Hiltrop, ist zu straffen ingerümbt und bewilliget und dasselbige bißher gehalden, ist nachmahlß von Beyden Bauerschaften und sämptlichen Marengenossen und Bewilligung der erben dasselbe ingerümpt und bewilliget, damit sollich ungeböhrlich haewen desto ernstlicher gestrafft möchte werden, wie unterschiedlich nachfolget.
Erstlich dewill wer holschernen (Holtschernen = Holzaufseher waren nach dem Herkommen: D. Overhamp, Schlenkhoff, Rensinghoff, Schulte zu Berge und der Hof zu Hiltrop) über vürgente Mark to gebieden und Verbieden haben, sollen dieselben bey ihrer alden gerechtigeit bleiben und sollen macht haben, einen Markengenoßen to einem noid timmer (Notbau) ein stück holts to verwiesen und die tweien (Zweige) to ihren besten gebrüken, da aber einer oder van hüten auf, andern kerspele quemen und ausvürgt, Mark holt begehrten sollen die Holtschernen Kein Macht haben to wisen, es sei mit bewilligung der gantzen Markgenoßen. Item dar ein Markgenoße ohne bewilligung der holtschernen ein ein stam ov der erden blötet (von blößen ?) der Sinn ist: über der Erde abhauen,) die soll den holtschernen von der bredde (breite) des stames Von jeder stoete (Maß) einen goldgülden und den sämplichen Markgenoßen eine Tunne birs (Bierstrafen waren damals sehr beliebt) ohne stundt (ohne Aufschub) zur straffe verfallen sien, dar er aber den stam tau gedecket hatt, so sall er dar dubbelt um gestraffet werden. Item Imgleichen auch dar ein Markgenoße twellen in vürgenanter Mark von den boemen howe, den sollen die holtschernen darum zu straffen lassen, das die Gemeinde darüber getagen werdt, (also wohl, daß die Gemeinde auf einer Tagung darüber entscheide) soll dieselbe im gleichen Van jeder stoete in der brddte des twellel gleichst einem gehawen bomme wie für stehend gestraffet werdet.

Es folgt noch eine weitere Aufzählung von Verboten. Ein weiteres Schreiben mit 3 Beilagen, da das in den Cleve-Märkischen Land-tagsakten Nr. 216 aus dem Jahre 1679 enthalten ist, bestätigt die Markengerechtigkeiten durch die kurfürstliche Regierung von Cleve vom 22.8.1661.

Aus diesem Schreiben geht hervor, daß Rechte an der Mark nur die Bauerschaften Herne und Hiltrop haben. Wie es mit der Bestrafung war, dafür gibt Dransfeld einige bezeichnende Beispiele.

"1666, den 17 Junny haben die Markengenossen zu abstraffung der Ungehorsahmen sich beyeinander gethan und nachbenanter Maßen abgestraffet: gardman zu Hiltrop, welcher mit einem Wagen von beschlagenen rädern auß der mark holtz eigenmächtig gefahren und zur straffe geben müssen ; 1 1/2 Thaler. Siepman (Hiltr.) abgepfändet eine Kotte (kuttenartiges Gewand) wie es Hirten tragen), müssen geben 1 Thlr. Bußman (Hiltr.) abgepfändet einen Kettel, hat geben müssen 3 reichs-ort. Trösken (Hiltrop) hat geben müssen 1/2 Thlr. Brinkhoff (Hiltrop) ein spinrath abgepfädet hat geben müßen 1/2 reichsort. Kuttenkamp mußte geben 3 butten (Faß) bier und dem foßkühler zwo lederne Sellen (Sättel) abgenommen, dem Klüsener einen hamen ( Teil des Geschirrs, das das Pferd um den Hals trügt) und tog (Zug) Ketten."

Aus dieser Strafenliste ersieht man, daß man Verstöße gegen die Markenordnung nicht vor die Richter in Bochum brachte, sondern unter sich regelte. Die kurfürstl. Sanktionierung der Markenrechte, in denen ausdrücklich stand, daß außer den Bauerschaften Herne und Hiltrop, keinem ein Recht an der Mark "verstattet" sei, hat indeß nicht lange Schutz gewährt. Bald schien die Freiheit der Markgenossen in Gefahr, so daß am 9. Nov. 1673 in feierlicher Form, eine Art Rütlischwür " niedergelebt wurde, mit folgendem Wortlaut:

" Wir Holtzschernen, sämtliche berechtigte und mitgenossen der Herner Mark fuegen hiemitt unsern angehörigen und nachkömlingen zu wissen, nach dem unsere gerechtigheiten und von undenklichen Jahren und zeiten herrührende auch von Sr. Churfürstl. Durchlaucht zu Brandenburg, unserm gnädigen Herrn, vor wenig Jahren, confirmirte, ratificirte und subscribirte Freyheyten so unsere vorgesessenen in besagter unserer Mark unperturbiret (ungestört) und unbehindert gehabt und behalten, nunmehro aber zubefahren stehen dörfrte, daß diese unsere freyhet in gefahr geraten und uns ein eingrief geschehen möchte, wodurch wir unsere Gerechtigkeit beraubet werden. Damit nun aber sothanes hinführe nicht geschehen möchte, auch unsere einigkeit und genossenschaft nicht getrennet, haben wir für gut angesehen, daß ein jedtweder Markgenosse, er sei wer er wolle und darzu berechtigt, diesen schein der vereinigungh eigenhändig unterzeichnen auch glauben gebe, pfalß unsere Markgerechtigkeit hingühro in gefahr gesetzet werden solte, solches helfen widertreiben und wie vor diesem geschehen, in communi causa (in gemeinsamer Sache) da einem jedtweden angelegen ist, zusammen zustehen, daß wir also bei der erblichen possessionierten und hactenus (bis jetzt) inturbirter marckgerechtigkeit nicht allein bleiben, sondern auch auf unsere Kinder u. nachkommen, wie uns von unseren lieben Voreltern geschehen, bringen mochten.
Actum auf dem in der Mark gewöhnlichen Conventsplatz den 9. Nov. 1673.
Jorgen overkamp,
Auf Begehren Jorgen Sipuman zu hiltrop, Althoff, Sengenhoff, Fleige und Hesse, foß, am Giesenbergh und Stinewinkel und vor mich selbst dies unterschrieben Hinrich Rodehane zu Herne.
auf begern Wilm Fortmann dies unterschrieben Henrich Herentrey, Hinrich Herentrey auf begern Derick Jacob dis unterschrieben, Hindrich Kock, rotger fleigenschmidt.
auf begehren Hinderich feder dies unterschrieben Jan Feldtman auf begehre Jan dux und henrich balster und hinrich Berchhoff, Hindrich Jasper auf begehen Jorgen Engbert und Jorgen Kosters und Hindrich Kosters.
Auf begehren Johan Rensinghoff und Jorgen Schlenckhoff habe ich Dietrich Renbert unterschrieben, Hindrich Schulte zu Bergen,- Rotger zu Hiltrop, Auff begehren habe ich Johan Wosthoff vor mich und Hindrich overkamp dies unterschrieben. Auff begehren Schulte zu Sodingen u. Trösken zu Hiltrop habe ich Hindrich Grüter dihs unterschrieben. Auff beg. Busman zu Hiltrop habe ich dis Hinrich Schulte zu Bergen unterschriben. Hinrich Serbroch vor mich u. Hinrich Koppenbergh. Hinrich Kluser Hinr. Wishman dieß unterschr. henrich -Cremer, Joh. Gruter zu Bergen, johan Marckman, Thoniß Jeger. Auf begehren Joh. Brinckhoff zu Hiltrop dies unterschr. Hindrich Koch. Ich Jost Schlingerman, Hienr. Trösken vor mich u. Joh. Bocker dieses unterschr. Joh. Kortnacke, Hindrich overkamp, uff special ersuchen u. begehren Henrich Mumm habe ich Schulmeister Albertus Bone (?) unterschr. Rott zu Bergen vor mich u. Joh.Schrage dies unterschrieben.

(Der Lehrer muß Albertus heißen, von ihm steht in den Kirchenbüchern, daß im Jahre 1683 u.1686 ein Kind getaufet wurde.)

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Einzelnachweise

  1. 6. Oktober 1435: Hinrich van Strunkede, Johan van Ekel, Diderichs Sohn, Johan van Ekel, Hennekyns Sohn, Coep van Hamme, Herman Swarte und Hinrich der Schulte van dem Sledinchoue und die anderen "Erffgenoten, Marckgenoten ond Scheoven" der Herner Mark übertragen vor Wenemar van Backem "holtrichter"der Herner Mark, auf Bitte Johans van Ekel Diderik, dem Schulzen van Bergen "twe dyke dey gelegen synt in der wande op der Marke grunde" auf die nächsten 70 Jahre, gegen eine jährliche Zahlung von 12 Pfennigen aus zwei "dyken" an die Herner Kirche.Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen: A 462 I Gesamtarchiv von Romberg Nr. 309