Haranni im Werdener Heberegister (Reiners 1935) III: Unterschied zwischen den Versionen

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Teil III. (9. Februar 1935)
Teil III. (9. Februar 1935)


;Das Große Privilegienbuch.
== Das Große Privilegienbuch. ==


In dem Urbar A haben wir das Herner Gebiet, soweit es im Werdener Schrifttum des ausgehenden 9. und beginnenden 10. Jahrhunderts behandelt ist, kennen gelernt. Jetzt machen wir einen Sprung in die Mitte des 12. Jahrhunderts, in dem das sog. Große Privilegienbuch als zweites Werdener Urbar entstand. Es enthält in seinem ersten Teil = ein sog. Traditionenverzeichnis, d. h. ein Verzeichnis von Schenkungen und Stiftungen für das Kloster Werden. Dieses Traditionenverzeichnis ist Teil bereits gegen Ende des 10. oder Anfang des 1. Jahrhunderts angelegt, zum andern Teil gehören die Traditionen der 1. Hälfte des 12. Jahrhunderts an. Aus diesen Traditionen erkennt man die in der Beschichte des Klosters Werden genannten Seelmeßstiftungen, denn die Schenkungen sind durchweg für das Seelenheil des verstorbenen Vaters, der Mutter, des Sohnes u. dergl. gemacht. So heiß Tradidit Rudger pro anima patris sui Richardi mansum in Bukhem solventem 3 s. Tradidit Werenburg et filii eius ad sanctum Liudgerum pro anima Hugerici patris corum in Rinbeki et in Harpunni heraditatum suam.
In dem Urbar A haben wir das Herner Gebiet, soweit es im Werdener Schrifttum des ausgehenden 9. und beginnenden 10. Jahrhunderts behandelt ist, kennen gelernt. Jetzt machen wir einen Sprung in die Mitte des 12. Jahrhunderts, in dem das sog. Große Privilegienbuch als zweites Werdener Urbar entstand. Es enthält in seinem ersten Teil = ein sog. Traditionenverzeichnis, d. h. ein Verzeichnis von Schenkungen und Stiftungen für das Kloster Werden. Dieses Traditionenverzeichnis ist Teil bereits gegen Ende des 10. oder Anfang des 1. Jahrhunderts angelegt, zum andern Teil gehören die Traditionen der 1. Hälfte des 12. Jahrhunderts an. Aus diesen Traditionen erkennt man die in der Beschichte des Klosters Werden genannten Seelmeßstiftungen, denn die Schenkungen sind durchweg für das Seelenheil des verstorbenen Vaters, der Mutter, des Sohnes u. dergl. gemacht. So heiß Tradidit Rudger pro anima patris sui Richardi mansum in Bukhem solventem 3 s. Tradidit Werenburg et filii eius ad sanctum Liudgerum pro anima Hugerici patris corum in Rinbeki et in Harpunni heraditatum suam.
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Zwischen 890 und 1160 ist also der Name unserer Gemeinde (bis auf ein später noch abgefallenes n) entstanden.“) Es erscheint aber auch zum ersten Mal Sodingen (Sothingke). Desgleichen kehrt das schon kurz nach 900 erwähnte Holthausen wieder. Es hat indes noch seine alte Form Holthuson behalten.**) Neu ist die Erwähnung von Eickel, Obercastrop und Deininghausen; Bövinghausen und Riemke sind alte Bekannte. Linde hat sich in Merklinde und Frohlinde geteilt. Auffallend ist, dass Baukau nicht vorkommt. Das kann nicht allein damit erklärt werden, dass hier die [[Strünkede (Adelsgeschlecht)|Strünkeder]] bereits weitreichenden grundherrlichen Einfluss besaßen.
Zwischen 890 und 1160 ist also der Name unserer Gemeinde (bis auf ein später noch abgefallenes n) entstanden.“) Es erscheint aber auch zum ersten Mal Sodingen (Sothingke). Desgleichen kehrt das schon kurz nach 900 erwähnte Holthausen wieder. Es hat indes noch seine alte Form Holthuson behalten.**) Neu ist die Erwähnung von Eickel, Obercastrop und Deininghausen; Bövinghausen und Riemke sind alte Bekannte. Linde hat sich in Merklinde und Frohlinde geteilt. Auffallend ist, dass Baukau nicht vorkommt. Das kann nicht allein damit erklärt werden, dass hier die [[Strünkede (Adelsgeschlecht)|Strünkeder]] bereits weitreichenden grundherrlichen Einfluss besaßen.


Verändert hat sich auch die Namensart der Abgabepflichtigen. Wenn auch noch germanische Namen gewählt sind, so sind es doch schon in erheblichem Maße solche, die wir heute noch verwenden wie: Adalbert, Hermann, Heinrich, Bernhard, Dietrich (Thiederic), Siegfried, Engelbert, Albert, (Hubert?) Markward (Marquard), Gerwin u. a.
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Es darf angenommen werden, dass bei der Wahl dieser Namen schon das Vorbild heiligmäßiger Persönlichkeiten der kirchlichen „Frühgeschichte in Germanien mitbestimmend war. Wenn wir die Zahl der Abgabepflichtigen mit der in der Urbarhandschrift A angegebenen vergleichen, stellen wir fest, dass in Herne jetzt 2 Abgabepflichtige (Gerbert und Gevehard) aufgeführt werden, 270 Jahre vorher war es nur einer (Berahtwini), in Holthausen waren es damals 3 oder 4, jetzt sind es nur 2 (Obert und Hermann), dafür erscheint in Sodingen ein neuer Hermann. Es muss sich also in den Besitzverhältnissen des Klosters in der Zeit von 890 bis 1160 einiges gewandelt haben. Abhängige sind frei geworden, bis dahin Freie haben sich in Abhängigkeit begeben.

== Weinbau in Herne. ==
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Version vom 27. September 2025, 23:01 Uhr

Am 26. Januar 1935 startete Leo Reiners im Herner Anzeiger ein umfangreichen Artikelserie über „Haranni“. [1]

Haranni im Werdener Heberegister

Von Dr. Leo Reiners

Teil III. (9. Februar 1935)

Das Große Privilegienbuch.

In dem Urbar A haben wir das Herner Gebiet, soweit es im Werdener Schrifttum des ausgehenden 9. und beginnenden 10. Jahrhunderts behandelt ist, kennen gelernt. Jetzt machen wir einen Sprung in die Mitte des 12. Jahrhunderts, in dem das sog. Große Privilegienbuch als zweites Werdener Urbar entstand. Es enthält in seinem ersten Teil = ein sog. Traditionenverzeichnis, d. h. ein Verzeichnis von Schenkungen und Stiftungen für das Kloster Werden. Dieses Traditionenverzeichnis ist Teil bereits gegen Ende des 10. oder Anfang des 1. Jahrhunderts angelegt, zum andern Teil gehören die Traditionen der 1. Hälfte des 12. Jahrhunderts an. Aus diesen Traditionen erkennt man die in der Beschichte des Klosters Werden genannten Seelmeßstiftungen, denn die Schenkungen sind durchweg für das Seelenheil des verstorbenen Vaters, der Mutter, des Sohnes u. dergl. gemacht. So heiß Tradidit Rudger pro anima patris sui Richardi mansum in Bukhem solventem 3 s. Tradidit Werenburg et filii eius ad sanctum Liudgerum pro anima Hugerici patris corum in Rinbeki et in Harpunni heraditatum suam.

(Rudger übertrug für die Seele seines Vaters Richard eine Hufe in Bochum(?), die 3 Solidi einbringt. Werenburg mit seinen Söhnen übertrug dem hl. Ludgerus für die Seele ihres Vaters Hugeric in Riemke und Harpen ihr Erbe.)

Hier zeigt sich, dass Werenburg zur Schenkung seines väterlichen Erbes der Zustimmung seiner Söhne bedurfte. Das beweist, dass unsere Vorfahren das Erbe als Familienbesitz auffassten und daher auch die Nacherben mit darüber zu bestimmen hatten.

Über Traditionen aus Herne selbst findet sich im Traditionenverzeichnis nichts. Erst im dritten Hauptteil des Großen Privilegienbuches, der im Jahre 1160 angefertigt wurde und das Heberegister der Werdener Abteihöfe enthält, kommt unser Gebiet wieder eingehender zur Behandlung. Unter Fronhofsamt, Cramwinkel (v. Wiemelhausen) werden aufgeführt: ein Ebbeke, ein Wiebert und ein Gottschalk in Riemke, ein Markward in Wanne (? Wande), ein Hermann in Hamme (Hundhamme oder Holthamme b. Bochum), ein Thiederic und ein Wezzelin in Bochum (Bokheim), ein Ricwin in Stiepel. Auch Gerthe und Harpen finden Erwähnung.

Dann kommt das Fronhofsamt Marten (Merthene) an die Reihe. Hier werden genannt: ein Heinrich in Harpen, ein Hardwin in Bövinghausen, ein Haus und ein Bernhard in Merklinde (Mediclinne)), ein Liudbert in Frohlinde (Frolinde, ein Siegfrid, ein Riklind und ein Lindburg in Bochum (Bokheim), ein Ezzeke in Schethe (Schadeburg?), ein Geistlicher Hermann in Röhlinghausen (Rolinchuson) und ein Engilbert in Hegerinchuson (?). Unter Defekten (verloren gegangene Besitzstücke) des Hofes Marten werden aufgeführt: ein Hethanric in Bövinghausen, der eine Hufe festhält, und ein Brun de Swerte (Schwerte) in Holthuson (Holzen bei Schwerte oder Holthausen bei Dortmund?).

Nun kommen wir zum Fronhofsbezirk Waltrop. Der Text lautet (mit Uebersetzung):

De Deninchuson Albertus 16 d(enarios), 8 pro hersc(illing), 6 pro opere, pro pullo 1, 10 ova.
Deininghausen: Albert 16 Denare, 8 für den Heerschilling, 6 für den Frondienst, 1 für ein Huhn, 10 Eier.
De Hernen Gerbertus in festo sancti Remigii 5 d(enarios), 8 pro herscill(ing), 6 pro opere, pro vino 1, pro pullo 1.
Herne: Gerbert auf St. Remigius (d. i. 1. Oktober) 5 Denare, 8 für den Heerschilling, 6 für den Frondienst, 1 für den Wein, 1 für ein Huhn.
Ibidem Gevehardus br(acium) hordei br(acium) avene, 8 d(enaros) pro hersc(illing), 1 pro vino, 1 pro pullo.
Ebenda Gevehard ein Malzgebräu Gerste, ein Malzgebräu Hafer, 8 Denare für den Heerschilling, 1 für den Wein, 1 für ein Huhn.
De Eclo Wicbertus 10 mo(dios) avene, 8 d(enarios) pro hercilling, 6 pro opere, 1 pro vin, 1 pro pullo.
Eickel: Wicbert 10 Scheffel Hafer, 8 Denare für den Heerschilling, 6 für den Frondienst, 1 für den Wein, 1 für ein Huhn.
De Sothingke Hermannus 20 d(enarios), 8 pro herscill(ing), 6 pro opere-, 1 pro vino, 1 pro pullo.
Sodingen: Hermann 20 Denare, 8 für den Heerschilling, 6 für den Frondienst, 1 für den Wein, 1 für ein Huhn.
De Holthuon Obertus 45 s(olidos), 4 mo(dios), siliginis, 40 mo(dinos) hordei, 2 s(olidos) pro herscilling, 6 d(enarios) pro opere, 2 pro vino, 20 ove.
Holthausen: Obert (Hubert?) 45 Solidi, 4 Scheffel Roggen, 40 Scheffel Gerste, 2 Solidi für den Heerschilling, 6 Denare für den Frondienst, 2 für den Wein, 20 Eier.
Ibidem Hermannus 2 s(olidos), 2 mo(dios) siliginis, 30 mo(dios) hordei, 12 d(enarios) rp herscill(ing), 6 pro opere, 1 pro vino.
Ebenda Hermann 2 Solidi, 2 Scheffel Roggen, 30 Scheffel Gerste, 12 Denare für den Heerschilling, 6 für den Frondienst, 1 für Wein.
De superiori Castthorpe Gerwinus 6 mo(dios) siliginis, br(avium) hordei, 8 d(enarios) pro herscill(ing), 6 pro opere, 1 pro vino, 1 pro pullo.
Oberkastrop: Gerwin 6 Scheffel Weizen, ein Malzgebräu Gerste, 8 Denare für den Heerschilling, 6 für den Frondienst, 1 für den Wein, 1 für ein Huhn.

Aus diesem Text ergibt sich zunächst, dass Herne damals zum Fronhofsbezirk (territorium) Waltrop gehörte. Dieses bildete zusammen mit dem Fronhofsamt (villicatio) Marten, einen Fronhofsverband. In Marten war der Haupthof, Waltrop mit seinen Unterhöfen war diesem beigeordnet. Unter den Waltrop unterstehenden Höfen wird im Gegensatz zum ältesten Urbar weder Langwede, noch Düngelen noch Castrop genannt. Wohl erscheint Haranni hier in der der heutigen entsprechenden Namensform: Herne. Zwischen 890 und 1160 ist also der Name unserer Gemeinde (bis auf ein später noch abgefallenes n) entstanden.“) Es erscheint aber auch zum ersten Mal Sodingen (Sothingke). Desgleichen kehrt das schon kurz nach 900 erwähnte Holthausen wieder. Es hat indes noch seine alte Form Holthuson behalten.**) Neu ist die Erwähnung von Eickel, Obercastrop und Deininghausen; Bövinghausen und Riemke sind alte Bekannte. Linde hat sich in Merklinde und Frohlinde geteilt. Auffallend ist, dass Baukau nicht vorkommt. Das kann nicht allein damit erklärt werden, dass hier die Strünkeder bereits weitreichenden grundherrlichen Einfluss besaßen.

Verändert hat sich auch die Namensart der Abgabepflichtigen. Wenn auch noch germanische Namen gewählt sind, so sind es doch schon in erheblichem Maße solche, die wir heute noch verwenden wie: Adalbert, Hermann, Heinrich, Bernhard, Dietrich (Thiederic), Siegfried, Engelbert, Albert, (Hubert?) Markward (Marquard), Gerwin u. a.

Es darf angenommen werden, dass bei der Wahl dieser Namen schon das Vorbild heiligmäßiger Persönlichkeiten der kirchlichen „Frühgeschichte in Germanien mitbestimmend war. Wenn wir die Zahl der Abgabepflichtigen mit der in der Urbarhandschrift A angegebenen vergleichen, stellen wir fest, dass in Herne jetzt 2 Abgabepflichtige (Gerbert und Gevehard) aufgeführt werden, 270 Jahre vorher war es nur einer (Berahtwini), in Holthausen waren es damals 3 oder 4, jetzt sind es nur 2 (Obert und Hermann), dafür erscheint in Sodingen ein neuer Hermann. Es muss sich also in den Besitzverhältnissen des Klosters in der Zeit von 890 bis 1160 einiges gewandelt haben. Abhängige sind frei geworden, bis dahin Freie haben sich in Abhängigkeit begeben.

Weinbau in Herne.


Verwandte Artikel

Quellen