Asyl: Unterschied zwischen den Versionen
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Im Januar [[1990]] verhängte die Stadt Herne einen befristeten Aufnahmestopp, da für die Asylbewerber und Aussiedler keine Unterbringungsmöglichkeiten mehr zur Verfügung standen. Turnhallen, Jugendheime und Gemeindehäuser waren bereits zu Notunterkünften umfunktioniert worden. Von der Stadt angemietete Hotels, am Wanner Westhafen, [[Lackmanns Hof]], an der [[Forellstraße]] und an anderen Plätzen errichtete "Containerdörfer" sollten die überfüllten Übergangsheime entlasten. Zusätzliche Räumlichkeiten boten die von einer Duisburger Reederei betriebenen "Hotelschiffe" "Androna" ([[1989]]) und "Benelux" ([[1990]]) im Industriegebiet "Friedrich der Große" sowie das Schiff "For Tra VI" ([[1993]]) im Wanner Westhafen, die als "Traumschiffe" angepriesen wurden.<br /> | Im Januar [[1990]] verhängte die Stadt Herne einen befristeten Aufnahmestopp, da für die Asylbewerber und Aussiedler keine Unterbringungsmöglichkeiten mehr zur Verfügung standen. Turnhallen, Jugendheime und Gemeindehäuser waren bereits zu Notunterkünften umfunktioniert worden. Von der Stadt angemietete Hotels, am Wanner Westhafen, [[Lackmanns Hof]], an der [[Forellstraße]] und an anderen Plätzen errichtete "Containerdörfer" sollten die überfüllten Übergangsheime entlasten. Zusätzliche Räumlichkeiten boten die von einer Duisburger Reederei betriebenen "Hotelschiffe" "Androna" ([[1989]]) und "Benelux" ([[1990]]) im Industriegebiet "Friedrich der Große" sowie das Schiff "For Tra VI" ([[1993]]) im Wanner Westhafen, die als "Traumschiffe" angepriesen wurden.<br /> | ||
Die Aussiedler- und Asylbewerberheime lagen überwiegend in den Rand- und Industriegebieten Hernes im Abseits des städtischen Lebens. Hohe zum Schutz ihrer Bewohner errichtete Zäune und daran montierte Kameras vermittelten Internierungspolitik. In beengten, zumeist von mehreren Personen bewohnten, spärlich möblierten Kabinen und Zimmern warteten Asylsuchende - die gepackten Koffer stets griffbereit wie in den Zeiten der Flucht - auf ihre Anerkennung als politischer Flüchtling. Für die wenigsten erfüllte sich diese Hoffnung. Die Ungewissheit und das Leben unterschiedlicher Nationalitäten in der Isolation auf engstem Raum zermürbten und führten zu Aggressionen. Hinzu kamen Verständigungsprobleme, Geldmangel, Langeweile und zu wenig Rücksichtnahme auf die Essgewohnheiten der verschiedenen Kulturen. Erst seit [[1995]] wurde den Heimbewohnerinnen und -bewohnern die Möglichkeit der Selbstversorgung geboten. Die Aussichten auf eine Arbeitsstelle waren gering. Eine Arbeitsgenehmigung während der Erstaufnahme wurde frühestens nach drei Monaten unter der Voraussetzung erteilt, dass dadurch weder deutschen Staatsangehörigen noch ausländischen Personen aus den zur Europäischen Union (EU) gehörenden und den der EU angegliederten Ländern ein Arbeitsplatz weggenommen wurde. Unannehmlichkeiten und Erfahrungen der Diskriminierung beim Einkauf mit Gutscheinen erschwerten überdies den Alltag dieser Menschen in Herne.<br /><br /><br /> | Die Aussiedler- und Asylbewerberheime lagen überwiegend in den Rand- und Industriegebieten Hernes im Abseits des städtischen Lebens. Hohe zum Schutz ihrer Bewohner errichtete Zäune und daran montierte Kameras vermittelten Internierungspolitik. In beengten, zumeist von mehreren Personen bewohnten, spärlich möblierten Kabinen und Zimmern warteten Asylsuchende - die gepackten Koffer stets griffbereit wie in den Zeiten der Flucht - auf ihre Anerkennung als politischer Flüchtling. Für die wenigsten erfüllte sich diese Hoffnung. Die Ungewissheit und das Leben unterschiedlicher Nationalitäten in der Isolation auf engstem Raum zermürbten und führten zu Aggressionen. Hinzu kamen Verständigungsprobleme, Geldmangel, Langeweile und zu wenig Rücksichtnahme auf die Essgewohnheiten der verschiedenen Kulturen. Erst seit [[1995]] wurde den Heimbewohnerinnen und -bewohnern die Möglichkeit der Selbstversorgung geboten. Die Aussichten auf eine Arbeitsstelle waren gering. Eine Arbeitsgenehmigung während der Erstaufnahme wurde frühestens nach drei Monaten unter der Voraussetzung erteilt, dass dadurch weder deutschen Staatsangehörigen noch ausländischen Personen aus den zur Europäischen Union (EU) gehörenden und den der EU angegliederten Ländern ein Arbeitsplatz weggenommen wurde. Unannehmlichkeiten und Erfahrungen der Diskriminierung beim Einkauf mit Gutscheinen erschwerten überdies den Alltag dieser Menschen in Herne.<br /><br /><br /> | ||
< | <center><big>''' Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Autorin und der Stadt Herne<ref>Aus: [[Stadt Herne 1997| Auf dem Weg ins Paradies? Wanderungsbewegungen im Ruhrgebiet am Beispiel Herne]], Seiten 19 - 21</ref> '''</big><br /> | ||
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Version vom 27. März 2017, 09:28 Uhr
Susanne Peters-Schildgen
Das Thema "Asyl" sorgte (und sorgt) regelmäßig für Schlagzeilen in den Zeitungen. Insbesondere im Hinblick auf die in den 1980er und 1990er Jahren zunehmenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten in Deutschland hatte die Anfang 1990 ausgetragene politische Debatte um die Verschärfung des Asylgesetzes die ablehnende Haltung der Bevölkerung gegenüber den "Asylanten" - wie die Asylsuchenden abwertend-diffamierend genannt wurden (und werden) - verstärkt. In den Hintergrund geriet dabei, dass diese Menschen zumeist aus Angst vor Verfolgung, Konflikten zwischen ethnischen, sprachlichen und religiösen Gruppen, Bürgerkriegen, Zwangsrekrutierung in eine kriegführende Armee und Folter, die in zahlreichen Ländern der Dritten Welt[Anm. 1], im Nahen Osten [Anm. 2], aber auch im ehemaligen Jugoslawien[Anm. 3], Rumänien und der Türkei herrsch(t)en, die Gefahren der Flucht nach Deutschland auf sich genommen hatten (und nehmen).
Im Januar 1990 verhängte die Stadt Herne einen befristeten Aufnahmestopp, da für die Asylbewerber und Aussiedler keine Unterbringungsmöglichkeiten mehr zur Verfügung standen. Turnhallen, Jugendheime und Gemeindehäuser waren bereits zu Notunterkünften umfunktioniert worden. Von der Stadt angemietete Hotels, am Wanner Westhafen, Lackmanns Hof, an der Forellstraße und an anderen Plätzen errichtete "Containerdörfer" sollten die überfüllten Übergangsheime entlasten. Zusätzliche Räumlichkeiten boten die von einer Duisburger Reederei betriebenen "Hotelschiffe" "Androna" (1989) und "Benelux" (1990) im Industriegebiet "Friedrich der Große" sowie das Schiff "For Tra VI" (1993) im Wanner Westhafen, die als "Traumschiffe" angepriesen wurden.
Die Aussiedler- und Asylbewerberheime lagen überwiegend in den Rand- und Industriegebieten Hernes im Abseits des städtischen Lebens. Hohe zum Schutz ihrer Bewohner errichtete Zäune und daran montierte Kameras vermittelten Internierungspolitik. In beengten, zumeist von mehreren Personen bewohnten, spärlich möblierten Kabinen und Zimmern warteten Asylsuchende - die gepackten Koffer stets griffbereit wie in den Zeiten der Flucht - auf ihre Anerkennung als politischer Flüchtling. Für die wenigsten erfüllte sich diese Hoffnung. Die Ungewissheit und das Leben unterschiedlicher Nationalitäten in der Isolation auf engstem Raum zermürbten und führten zu Aggressionen. Hinzu kamen Verständigungsprobleme, Geldmangel, Langeweile und zu wenig Rücksichtnahme auf die Essgewohnheiten der verschiedenen Kulturen. Erst seit 1995 wurde den Heimbewohnerinnen und -bewohnern die Möglichkeit der Selbstversorgung geboten. Die Aussichten auf eine Arbeitsstelle waren gering. Eine Arbeitsgenehmigung während der Erstaufnahme wurde frühestens nach drei Monaten unter der Voraussetzung erteilt, dass dadurch weder deutschen Staatsangehörigen noch ausländischen Personen aus den zur Europäischen Union (EU) gehörenden und den der EU angegliederten Ländern ein Arbeitsplatz weggenommen wurde. Unannehmlichkeiten und Erfahrungen der Diskriminierung beim Einkauf mit Gutscheinen erschwerten überdies den Alltag dieser Menschen in Herne.
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Anmerkungen
- ↑ Dritte Welt: https://de.wikipedia.org/wiki/Dritte_Welt
- ↑ Naher Osten: https://de.wikipedia.org/wiki/Naher_Osten
- ↑ Jugoslawien: https://de.wikipedia.org/wiki/Jugoslawien
Quellen
- ↑ Aus: Amts-Blatt der Königlichen Regierung zu Arnsberg, 1899, Nr. 1506
- ↑ Aus: Auf dem Weg ins Paradies? Wanderungsbewegungen im Ruhrgebiet am Beispiel Herne, Seiten 19 - 21