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Version vom 27. November 2016, 10:29 Uhr
PKW gab es in unserem Viertel in den 1950er-Jahren kaum. Auf unserem gemeinsamen Hof hatte ein Käse- und Milchproduktehändler zunächst sein Depot. Er besaß einen Tempo – einen dreirädrigen Lieferwagen. Auch der Inhaber des Geschäftes Delbeck (Ecke Goethestraße) verfügte über einen Wagen, der gegenüberliegende Gemüsehändler Schade setzte in diesen Jahren noch auf echte Pferdestärke. Auch Emil Trinkwald – Geschäft auf der Mont-Cenis-Straße – lenkte einen kleinen Lieferwagen. Private Fahrzeuge gab es aber kaum. Nur der Vater meines Freundes Georg steuerte damals schon einen VW-Käfer. Er fuhr mittags um 12 Uhr auf den Hof, nach dem Mittagessen ging es wieder zurück ins Rathaus. Und so weiter.. Später erbte und pflegte mein Freund noch jahrelang den Wagen seines Vaters. [1]
Mitte der 1960er-Jahre änderte sich einiges. Einer unseren Nachbarn, Bergmann Hannes, der für ein Spezialunternehmen auf Zechen im Ruhrgebiet unterwegs war, lenkte plötzlich einen Ford, ein älteres Modell. Immerhin. Auch der Freund einer Nachbarstochter besaß einen PKW. Weil er kurzzeitig mal keinen Führerschein besaß, kam ich in den Genuss meiner ersten Auslandsfahrt. Die Familie wollte unbedingt nach Winterswijk in die benachbarten Niederlande, um Kaffee und Zigaretten zu kaufen. Ich durfte daher – unter Aufsicht als „Führerschein-Frischling“ – den alten Benz mit Handschaltung fahren. Es ging stundenlang über Landstraßen bis nach Holland. In dieser Zeit sorgte auch bei uns ein samstäglicher Besuch für Aufregung, denn wie aus dem Nichts standen Tante Lilli und Onkel Harry auf der Matte. Tante Lilli war die Stiefschwester meiner Mutter, die in den 1930er-Jahren eine Stelle als Hausangestellte in den Niederlanden angenommen hatte. Seitdem hatten sie sich nicht mehr gesehen. Tante Lilli und Onkel Harry reisten damals mit einem „alten, amerikanischen“ Straßenkreuzer an. Die gesamte Nachbarschaft lief zusammen, um diesen Wagen, der, so stellte sich später heraus, schon mit Gas lief, zu bestaunen. Tante Lilli und Onkel Harry lebten damals in der Nähe von Herzogenbosch in der Provinz Brabant. Über Umwege hatten sie damals unsere Herner Adresse ausfindig gemacht. Später, als ich ein eigenes Auto besaß, besuchten wir auch mehrmals unsere niederländische Verwandtschaft.
Einer unserer Nachbarn, er war eigentlich im Hauptberuf Maurer, half damals in seiner Freizeit bei einem Hiltroper Landwirt aus. Bauer Koch holte ihn daher fast täglich mit seinem dicken, schwarzen Benz ab. Er parkte seinen Wagen immer demonstrativ auf dem Hof der Häuser Goethestraße 20 bis 26. Wir standen oft stauend um den Wagen herum.
Endlich kam auch ich in den Genuss eines eigenen Wagens. Es war ein Renault Dauphine, den meine Eltern und ich, weil ich damals noch nicht volljährig war, bei Ellersiek auf der Bahnhofstraße erwarben. Einen Gebrauchten. Nun konnte ich zum Leidwesen meiner Eltern endlich auf Tour gehen. Das konnte ja nicht gut gehen; am 20. August 1965 endete meine erste Renault-Zeit. Auf dem Leverkusener Kreuz war ich in einen Unfall verwickelt. Es waren aber nur Blechschäden zu beklagen. Doch mein lindgrüner Dauphine war völlig hin. Es dauerte danach wieder einige Monate, bis ich erstmals in einen Käfer kletterten konnte. Dieser Marke blieb ich dann über Jahrzehnte treu, während meine Freunde in der Zeit in Rekord oder Capri in Herne und Umgebung unterwegs waren. [2]Verwandte Artikel
Quellen
- ↑ Mein Viertel – ein persönlicher Rückblick (Wessel)
- ↑ Ein Artikel von Friedhelm Wessel