Viktor Kauder: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Viktor Kauder''' (* 25. Dezember 1899 in Lodz, † 2. Juli 1985 in Zirl /Tirol) war von 1954-1965 Leiter der damaligen Bücherei des deutschen Ostens<ref>Heute Martin-Opitz-Bibliothek</ref> und Leiter der Stadtbibliothek in Herne und Träger des Obenschlesischen Kulturpreises des Landes Nordrein -Westfalen
'''Viktor Kauder''' (* 25. Dezember 1899 in Lodz, † 2. Juli 1985 in Zirl /Tirol) war von 1954-1965 Leiter der damaligen Bücherei des deutschen Ostens<ref>Heute Martin-Opitz-Bibliothek</ref> und Leiter der Stadtbibliothek in Herne und Träger des Oberschlesischen Kulturpreises des Landes Nordrhein-Westfalens
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[[Datei:Kauder-Viktor-1899-1985.jpg|mini|<small>Bildzitat aus: [[Herne - unsere Stadt - Dezember 1964]] S. 11.</small> Viktor Kauder, 1964]]
==Zeitschicht==
==Zeitschicht==
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Version vom 24. August 2016, 15:01 Uhr

Viktor Kauder (* 25. Dezember 1899 in Lodz, † 2. Juli 1985 in Zirl /Tirol) war von 1954-1965 Leiter der damaligen Bücherei des deutschen Ostens[1] und Leiter der Stadtbibliothek in Herne und Träger des Oberschlesischen Kulturpreises des Landes Nordrhein-Westfalens

Zeitschicht

Ein Leben für Volksbildung und Ostkunde [2]
Viktor Kauder wird Weihnachten 65 Jahre alt

Mit dem Ablauf des Monats Dezember geht der Leiter der Städtischen Büchereien und Leiter der Bücherei des Deutschen Ostens, Viktor Kauder, wegen Erreichens der Altersgrenze in den Ruhestand. Das Bedauern über das Ausscheiden einer so eigenwüchsigen und in ihrer Art einmaligen Persönlichkeit von internationalem Ansehen aus der kulturellen Arbeit der Stadt mag durch die Gewissheit gemildert sein, dass die Stadt Herne Viktor Kauder durch einen Werkvertrag noch für einige Jahre für ihre Bücherei des Deutschen Ostens und für wichtige dort anstehende Aufgaben an einen Teil seines bisherigen Wirkungsbereichs binden wird. - Überlegungen und Wünschen, ihn auf ähnliche Art noch für einige Zeit an der Spitze seines gesamten Herner Wirkens zu halten, stand der Zwang zur Schonung seiner geschwächten Gesundheit entgegen.

Ein glücklicher Umstand versetzt die Redaktion von "Herne - unsere Stadt" in die Lage, in knapper Form eine Darstellung und Würdigung der Lebensarbeit und der Persönlichkeit von Viktor Kauder durch einen hervorragenden Kenner der Materie veröffentlichen zu können. Der derzeitige Sprecher der Landsmannschaft der Oberschlesier in der Bundesrepublik, Ministerialrat a. D. Dr. h. c. Otto Ulitz[3], war früher Leiter des Deutschen Volksbundes zur Wahrung der Minderheitsrechte in Ost-Oberschlesien. Er hat, ebenso wie Viktor Kauder, am eigenen Erleben und Schicksal erfahren. was es bedeutet, in voller Legalität und Loyalität zielbewusst deutsche Kulturarbeit in einem Staate zu leisten, der das Bestreben hatte, die Minderheiten zu unterdrücken. Dr. Ulitz, der jahrzehntelang das in Herne nur wenig bekannte frühere Wirken von Viktor Kauder beobachten konnte, danken wir die folgende Würdigung der Lebensarbeit des Leiters unserer Städtischen Büchereien.

Viktor Kauder wurde am 25. Dezember 1899 in Lodz, damals im Russischen Reich gelegen, als Sohn des Appreteurs Rudolf Kauder geboren. Wegen der Revolutionswirren um 1905 ging er in die Stammesheimat seiner Eltern, in Bielitz im Herzogtum Schlesien der Habsburger Monarchie, zur Schule. Nach Ablegung des Abiturs 1917 wurde er Soldat in der österreichischen Armee und machte die Feldzüge in der Ukraine und in Serbien mit. Am Kriegsende wurde er als Fähnrich entlassen.

Nach Beendigung des Studiums an der Technischen Hochschule und der Universität in Wien, während welcher Zeit Kauder seine innere Berufung zur Volksbildung in der studentischen Arbeit und im Arbeiterbildungswesen bewährte, und nach kurzer Tätigkeit in der Textilindustrie seiner Vaterstadt, folgte er einem Rufe an die "Deutsche Bücherei" in Posen, wo er gemeinsam mit Dr. Hermann Rauschning, dem späteren Senatspräsidenten von Danzig, die "Deutschen Blätter in Polen" ins Leben rief, die einzige kulturpolitische Zeitschrift des über eine Million starken deutschen Volksteiles in Polen. Am 1. Mai 1926 wurde er vom "Deutschen Volksbund zur Wahrung der Minderheitsrechte" in Kattowitz zum "Direktor der "Bücherei für Kunst und Wissenschaft" und zum Geschäftsführer des "Verbandesdeutscher Büchereien in Polen" berufen. Dieser Aufgabe hat er bis zum 31. Dezember 1939 gedient. Es war eine Arbeit von ungewöhnlicher kultureller Tragweite, im fremden Staate das deutsche Büchereiwesen bis an die Ostgrenze Polens auf- und auszubauen und gegen den Zugriff der polnischen Verwaltung und der organisierten polnischen Gesellschaft zu verteidigen. Die "Bücherei für Kunst und Wissenschaft" wurde zur zentralen deutschen wissenschaftlichen Bücherei ausgebaut, mit einem Endbestand von 56.000 Bänden. Der Verband umfasste Ende 1939 im ganzen polnischen Staatsgebiet 560 Standbüchereien mit über einer halben Million Bänden und arbeitete mit zentralem Büchereinkauf, mit eigener Buchbinderei und fachlich voll ausgebildeten Bibliothekaren, wie etwa sehr große Staatliche Büchereistellen der Gegenwart. Von 1927 bis 1934 führte Kauder ehrenamtlich den "Deutschen Kulturbund für die Wojewodschaft Schlesien", den er in planmäßiger, zielbewusster Arbeit zur umfassenden Organisation und zum Träger der Erwachsenen- und Jugendbildung ausbaute. Von Volkssingewochen, Instrumentalkursen, Laienspielwochen, vom Jugendwandern und dem Bau von Jugendheimen, über Dichterlesungen und eine groß organisierte Vortragstätigkeit bis zur pädagogischen Weiterbildung der Lehrerschaft in pädagogischen Wochen und zu Hochschulwochen von 14tägiger Dauer reichte diese Tätigkeit, die den Deutschen Kulturbund zum Träger des deutschen Kulturwillens machte. Von 1928 bis 1936 leitete Kauder als geschäftsführendes Vorstandsmitglied die " Deutsche Theatergemeinde ", die die Bespielung Ost-Oberschlesiens durch deutsche Theater ermöglichte.

Als Mitteilungsblatt für Kultur- und Bildungspflege gab er die Zeitschrift " Schaffen und Schauen" heraus, die die Volksbildungsarbeit durch gehaltvolle Beiträge unterbaute und von der 10 Jahrgänge erschienen sind, seit 1934 dann die "Deutschen Monatshefte in Polen", die bis 1943 die führende deutsche kulturpolitische Zeitschrift des Ostens wurde und nur durch die Papierbewirtschaftung zur Einstellung gezwungen wurde. Da es in Polen keine deutsche Hochschule gab und die deutsche Volksgruppe, aus drei Staaten, in denen sie durch Jahrhunderte gelebt hatte, in Polen zusammengeflossen war, konnte sie nur bestehen, wenn sie geschichtliches Bewusstsein entwickelte. Kauder organisierte die Erforschung und veröffentlichte die Ergebnisse geschichtlicher, kulturgeschichtlicher und volkskundlicher Art sowie Untersuchungen über die Beziehungen zwischen dem deutschen und dem polnischen Volke in den 1944 erschienenen gewichtigen Bänden der von ihm herausgegebenen ,,0stdeutschen Forschungen" und anderen Publikationsreihen. Dadurch wurde der Wissenschaft Neuland erschlossen.

Nach 1939 wurde Viktor Kauder zum stellvertretenden und geschäftsführenden Direktor der ,,0berschlesischen Landesbibliothek" in Beuthen/Kattowitz berufen, 1942 zum Direktor der Stadtbücherei Kattowitz, die er bis zum Zusammenbruch leitete. Bis zur Bildung des Regierungsbezirkes Kattowitz hielt der "Verband der Deutschen Büchereien", auch in den Großstädten des Gebietes das Büchereiwesen aufrecht, besoldete die hauptamtlichen Diplombibliothekare aus eigenen Mitteln, aus denen nach Errichtung der "Staatlichen Büchereistelle", deren Leiter Kauder wurde und deren Einrichtungen durch die Zentrale des Verbandes beigestellt wurden, für die Förderung des Büchereiwesens noch 100.000 RM bereitgestellt wurden sowie 15.000 RM für ein Büchereiauto. An die "Staatliche Büchereistelle" waren 1050 Erwachsenenbüchereien jeder Größe und 2.167 Schülerbüchereien angegliedert, die zentral mit Büchern im Büchereieinband sowie mit dem notwendigen Karteimaterial und allem sonst zu einem fachlich einwandfreien Arbeiten erforderlichen Material versorgt wurden. Ständige Schulung der nebenamtlichen Büchereileiter, eine laufend erscheinende Besprechungszeit – sehr oft und ähnliche Einrichtungen machten die Arbeit vorbildlich und in einem gemischtsprachigen Gebiet besonders wichtig. Der schnelle Aufbau des Schülerbüchereiwesens, das bald den Stand der besten Einrichtungen des Reichsgebietes erreichte, und die Durchorganisation und kulturelle, wie fachliche Höhe des Volksbüchereiwesens, waren in hohem Maße der Sachkunde und stetigen Initiative Kauders zu danken.

Im Jahre 1944 wurde er Soldat, von Anfang 1945 bis Januar 1946 in englischer Kriegsgefangenschaft. Von 1946 bis 1953 war Kauder in Tirol als Leiter der "Naßabteilung" (Bleicherei, Wäscherei einer Färberei). Am 1. Januar 1954 wurde er von der Stadt Herne zum Leiter der Bücherei des deutschen Ostens" berufen. Diese Bücherei[4], die 1954 rund 4.000 Bände zählte, hat er zu einer wissenschaftlichen Einrichtung mit gegenwärtig rund 23.000 Bänden ausgebaut und ein Archiv eingerichtet, welches viele Hundert Urkunden, Handschriften, historische Karten und Stiche, Siegel, Wappen, Fotos u. ä. m. enthält. Die "Bücherei des deutschen Ostens" ist zum Ausgangspunkt der Literatur über die deutschen Ostgebiete und ihrer Menschen geworden, weit über die Grenzen der Bundesrepublik hinaus nach ganz Europa und Übersee. Dies vor allem auch durch ihre wissenschaftliche Auskunftstätigkeit und ihre gedruckten Kataloge, wie auch durch hunderte Vorträge, die Kauder über Fragen des deutschen Ostens und die deutsch-polnischen kulturellen Beziehungen gehalten hat und hält. In ihrem jetzigen Bestande stellt die Bücherei zugleich auch ein Ehrenmal der deutschen Leistung im Osten dar.

Die städtischen Körperschaften haben 1957 Viktor Kauder zum Leiter aller Städtischen Büchereien gewählt, außer der "Bücherei des deutschen Ostens". eine Hauptbücherei, die mit großem wissenschaftlichen Bestand als Einheitsbücherei entwickelt wurde und sieben Zweigbüchereien (die siebente befindet sich im Bau), die sich in kräftigem Ausbau befinden und gegenwärtig einen Buchbestand von 79.000 Bänden erreicht haben. Am 1. Februar 1962 hat die Stadt die Tätigkeit ihres Büchereidirektors durch die Ernennung zum Stadtamtsleiter anerkannt. Die wissenschaftliche und kulturpolitische Leistung von Viktor Kauder wurde 1938 durch die Verleihung der Silbernen Plakette des Deutschen Auslandsinstitutes in Stuttgart anerkannt. 1940 wurde er zum ordentlichen Mitglied der "Historischen Kommission für Schlesien " gewählt, im gleichen Jahre in den "Beirat der Nord - und Ostdeutschen Forschungsgemeinschaft" berufen. 1942 hat ihm die Universität zu Breslau den Kopernikuspreis der Johann - Wolfgang - Goethe - Stiftung verliehen. Im gleichen Jahre wurde er durch die Verleihung der Plakette für oberschlesische Landesforschung ausgezeichnet.

Viktor Kauder gehört zu den stillen Menschen. Seine innere Berufung erfüllt er in unermüdlicher Hingabe. Er hat nie nach äußerer Anerkennung gestrebt. Sie wurde ihm zuteil von allen den Kreisen, die jene Menschen zu würdigen wissen, die eine Aufgabe um ihrer selbst willen erfüllen.

Dr. h. c. Otto Ulitz

Literatur (Auswahl)

  • Kauder, Viktor: Heimatbildung: Grundsätzliches zur Volksbildung, Band 1 von Der Aufbau.1, 1923, 16 S.
  • Kauder, Viktor: Die Heimvolkshochschule (Die ostdeutsche Volkshochschule), Band 2 von Der Aufbau, 1923, 20 S.
  • Kauder, Viktor (Hrsg.): Ostschlesische Volkstänze:Für 2 Violinen und Klampfe, Band 1, 1924
  • Kauder, Viktor: Das Deutschtum in Polnisch-Schlesien: ein Handbuch über Land und Leute. Band 4 von Deutsche Gaue im Osten, 1932
  • Kauder, Viktor: Deutsche Kulturarbeit in Polnisch-Schlesien. 1935, 8 S.
  • Kauder, Viktor: Das Deutschtum in Polen. 4. Das Deutschtum in Mittelpolen, Band 2. Band 2;Bände 8-9 von Deutsche Gaue im Osten
  • Kauder, Viktor: Das Deutschtum in Polen: ein Bildband, Bände 8-9 von Deutsche Gaue im Osten, 1939
  • Adolf Kargel, Edūard Kneifel, Viktor Kauder (Hrsg.): Ostdeutsche Heimatbücher, Deutschtum im Aufbruch, Band 7, 1942
  • Lück, Kurt; Kauder, Viktor: Deutsch-Polnische Nachbarschaft - Lebensbilder deutscher Helfer in Polen, 1957
  • Kauder, Viktor (Bearb.): Bücherei des Deutschen Ostens (Herne), Bücherverzeichnis, 3. Bände 1959-1967.
  • Kauder, Viktor: Bücherei des deutschen Ostens. In:Schlesier 13 (1961) Heft 2, S.6
  • Kauder, Viktor: Bücherei des deutschen Ostens in Herne. 21000 Bände für deutsche und ausländische Benutzer. In: Ostdeutsche Monatshefte 29 (1963) Heft 1, S. 52-54.

Zeitungen

  • Litzmannstädter Zeitung, 25 Jg. Nr. 345 vom 12. Dezember 1942 S. 4. [5]

Siehe auch

Anmerkungen

  1. Heute Martin-Opitz-Bibliothek
  2. Herne - unsere Stadt - Dezember 1964 S. 11 f.
  3. Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Ulitz
  4. Gegründet am 16. Juli 1948
  5. Diente wohl dem Autor Ulitz als Ausgangsmaterial! Digital auf: http://bc.wbp.lodz.pl/Content/29259/Litzmannstadter%20Zeitung%201942%20kw%20IV%20Nr%20345.pdf