Die Wittewiwerkuhle: Unterschied zwischen den Versionen

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Aus dem '''Heimatbuch der Stadt Herne - Für Schule und Haus''' von Johannes Decker, Rektor in Herne.
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Aus dem '''Heimatbuch der Stadt Herne - Für Schule und Haus''' von [[Johannes Decker]], Rektor in Herne. (Mit freundlicher Genehmigung von Elisabeth Röttsches)
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==Die Wittewiwerkuhle==
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Am Tippelsberg ist eine Kuhle, die ist so tief, wie ein Haus
Am Tippelsberg ist eine Kuhle, die ist so tief, wie ein Haus
hoch ist. In der Kuhle entspringt ein reiner, klarer Quell. An
hoch ist. In der Kuhle entspringt ein reiner, klarer Quell. An
dieser Kuhle wohnten vor vielen, vielen Jahren die „'''witten
dieser Kuhle wohnten vor vielen, vielen Jahren die „'''witten'''
Wiwer'''oder weißen Frauen. Un selten ließen sich diese sehen.  
'''Wiwer'''''  oder weißen Frauen. Un selten ließen sich diese sehen.  
Niemand mochte aber auch mit ihnen etwas zu tun haben, denn  
Niemand mochte aber auch mit ihnen etwas zu tun haben, denn  
sie taten den Leuten Böses, wo und wie sie nur konnten. Man  
sie taten den Leuten Böses, wo und wie sie nur konnten. Man  
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Wittewiwerkuhle nur noch mürbe Äpfel als Speise zu sich nehmen
Wittewiwerkuhle nur noch mürbe Äpfel als Speise zu sich nehmen
konnte, neben seiner zweiten im Hause behalten, bis jene nach
konnte, neben seiner zweiten im Hause behalten, bis jene nach
drei Monaten zu kränkeln anfing und am nächsten Julfest starb.
drei Monaten zu kränkeln anfing und am nächsten Julfest starb. <ref>[[Decker 1927/1980]], S. 13 ff.</ref>
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==Literatur==
 
*[[Decker 1927/1980]], S. 13 ff.
==Digitalisat==
==Verwandte Artikel==
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==Lesen Sie auch==
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==Quellen==
==Quellen==
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Aktuelle Version vom 8. Juli 2017, 17:54 Uhr

Aus dem Heimatbuch der Stadt Herne - Für Schule und Haus von Johannes Decker, Rektor in Herne. (Mit freundlicher Genehmigung von Elisabeth Röttsches)

Die Wittewiwerkuhle

Am Tippelsberg ist eine Kuhle, die ist so tief, wie ein Haus
hoch ist. In der Kuhle entspringt ein reiner, klarer Quell. An
dieser Kuhle wohnten vor vielen, vielen Jahren die „witten
Wiwer oder weißen Frauen. Un selten ließen sich diese sehen.
Niemand mochte aber auch mit ihnen etwas zu tun haben, denn
sie taten den Leuten Böses, wo und wie sie nur konnten. Man
wagte sich deshalb auch nicht zu nahe an die Kuhle heran, sondern
umging sie in weitem Bogen.

Sieben Steinwürfe weit von der Wittewiwerkuhle stand ein
Bauernhäuschen. Darin lebte ein Bauer mit seiner Frau schon
sieben Jahre in Glück und Zufriedenheit. Das häusliche Glück der
beiden Bauersleute wurde vervollständigt durch ihre drei ge=
sunden, munteren und lustigen Knaben.

Eines schönen Frühlingstages war der Bauer auf dem Felde
und arbeitete fleißig; die Kinder spielten im kleinen Obstbaum=
garten, und die Bäuerin war im Hause und kochte am Feuerherd
das Essen. Gerade als die Frau den Brei im Kessel umrührte,
erschienen schnell und wie schwebend zwei witte Wiwer am Feuer=
herd. Die Bäuerin erschrak heftig, ließ den Kochlöffel in den
Breitopf fallen und steckte abwehrend beide Hände gegen die
witten Witwer aus. Diese aber Fasten schnell die beiden Arme
der Bäuerin und zogen mit Gewalt die vor Schreck sprachlos ge=
wordene Frau vom Feuerherd weg, und im Nu waren alle drei
an der Wittewiwerkuhle. In demselben Augenblick, als sie da
ankamen, tat sich eine Höhlentür auf. Schnell zogen die beiden
Witten Witwer die noch immer vom Schreck wie gelähmte Frau in
die Höhle hinein. Ein Krach wie ein heftiger Donnerschlag —
und die Höhle war hinter ihnen geschlossen. Sofort fielen der
Bäuerin die Kleider vom Leibe, und nur Lumpen legten sich um
ihre zitternden Glieder. In der Höhle sah es schaurig aus. Drei
Öllämpchen aus Ton erlittene den Höhlenraum. Von der
Decke fielen Tropfen herunter, und an den Wänden lief Flüssig=
seit herab wie an schwitzenden Fensterscheiben. Totengebeine
lagen umher, und eine Kröte mit einem funkelnden Krönchen auf
dem Kopfe humpelte schwerfällig über einen Totenschädel.

Die Bäuerin verfiel aus einem Schrecken in den anderen, als sie
das alles sah. Die witten Wiwer sahen sie an und freuten sich so
recht von Herzen über die große Furcht und Angst der armen
Frau. Diese sah umher und suchte nach einem rettenden Ausgang
aus dem schrecklichen Gefängnis. Die witten Wiwer aber merkten
wohl die Gedanken der gefangenen Frau. Die eine der Unholden
sagte zu ihr: „Wage nicht, jemals unser Schloß zu verlassen!“
Und die andere setzte hinzu: „Wer flieht, dem wird das Genick ge=
brauchen!“ Bekräftigend sprachen dann beide zusammen: „Denke
daran, wir sind die witten Wiwer!“ Die Arme Frau wußte wohl,
daß es die witten Wiwer mit ihren Worten sehr ernst nahmen.
Deshalb wagte sie nicht, die Höhle jetzt zu verlassen.

Da die Frau nicht nach einem Jahre und nicht nach zwei
Jahren und nicht nach drei Jahren ins haus zurückkam und zu=
dem niemand wußte, wohin sie gekommen war, und da es im
Hause und im Stalle und auf dem Felde mehr rückwärts als vor=
wärst ging, und da den Kindern die Mutterpflege fehlte, so nahm
sich der Bauer eine andere Frau.

An dem Tage, als für die arme Frau sieben Jahre der Ge=
fangenschaft vergangen waren, hatten die witten Wiwer ihre
Höhle einmal verlassen. Da konnte die Frau nicht länger an sich
halten: Sie ging nach der Tür, öffnete dieses sachte und sah hinaus
ins Freie. Ja, sie wagte sogar drei Schritte hinaus zu tun. Da
hörte sie ein seltsames Tönen. Sie horchte auf und traute ihren
Ohren kaum. — Das war das Getön der heimatlichen Glocken,
das sie vor ihrer Gefangenschaft so oft gehört hatte. Jetzt wußte
sie, wo sie eigentlich war. Da faßte sie sich ein Herz und lief
eiligst, wie vom Winde getragen, ihrem eigenen Hause zu, wo
sie ihre lieben drei Kinder und ihren Mann zu finden hoffte.
Aber siehe da, am Feuerherd stand eine fremde Frau und kochte
das Essen! Stillschweigend setzte sich die zurückgekehrte Frau an
den Herd. Kaum hatte sie sich gesetzt, so kamen die drei Buben
in die Stube gelaufen und stürmten sofort auf die rechte Mutter
zu und liebkosten sie. Und die Mutter herzte und küsste ihre
Kinder. Die Stiefmutter am Kochtopf aber sah böse drein und
rief den Kindern zu: „laßt das Bettelweib! Jag das Bettel=
weil hinaus! Das Bettelweib geht euch nichts an!“ Solche Worte
taten der rechten Mutter im tiefsten Herzen weh. Sie entgegnete:
„Sie gehen mich mehr an als dich!“ Gerade als sie diese Worte
sprach, trat der Mann in die Stube. Auch er erkannte sofort seine
erste Frau wieder, und sein Herz ward voller Freude. Er hat
seine erste Frau, die nach ihrer Rückkehr aus der Höhle bei der
Wittewiwerkuhle nur noch mürbe Äpfel als Speise zu sich nehmen
konnte, neben seiner zweiten im Hause behalten, bis jene nach
drei Monaten zu kränkeln anfing und am nächsten Julfest starb. [1]

Digitalisat

<pdf width="900px" height="700px">http://www.huen-un-perduen.de/images/pdf/Heimatbuch_der_Stadt_Herne_Die_Wittewiwerkuhle.pdf</pdf>

Lesen Sie auch


Quellen

  1. Decker 1927/1980, S. 13 ff.