Unfall auf der Halde Mont-Cenis

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel

Fast 100 Jahre gehörte der Schwarze Berg, im Volksmund auch Monte Schlacko genannt, zu Sodingen.

Friedhelm Wessel [1]

Spaziergänger vor „Monte Schlacko“ [2]
Halde Mont-Cenis mit Pferdewagen [3]
Spielende Kinder an der Halde Mont-Cenis. [4]

Auch hier begann, wie meist üblich im Revier hinter der riesigen, schwarzen Halde das Grabeland der Kumpels. Wenn der Wind ungünstig stand, zog eine schwarzgraue Wolke über den Stadtteil im Herner Osten und hüllte Häuser, Straßen und Gärten in ein staubdünnes Tuch. Doch das ärgerte eigentlich niemanden, man war es ja gewohnt. Alles änderte sich, als der Pütt, die Zeche Mont-Cenis, schloß. „Endlich, endlich verschwindet auch die Halde“, freuten sich die Anwohner der Kantstraße, die sich einst wie eine Sichel an dem mächtigen Berg schmiegte.

Endlich, es war Anfang der 1980er-Jahre, rückten Bagger dem Monte Schlacko zu Leibe, denn auf dem Pütt hatte man sich nach der Seilfahrt Ende März 1978 das letzte „Glück auf“ zugerufen. Aus, vorbei, der Pütt, mit seinen Fördertürmen und Gebäuden sollte einer neuen Zeit weichen.

Da passte auch der Schlackenberg, von dem man nun auch in erlaubter Weise den herrlichen Ausblick auf das mittlerweile ergrünte Umland werfen konnte, nicht mehr ins neue „Städtebild“. Bagger und LKW beherrschten nun das Gelände – der Berg wurde langsam abgetragen, denn die Schlacke war plötzlich ein wertvolles Handelsgut geworden. Im Deichbau, im Straßenbau und beim Bau von Sportplätze wurde das „taube Gestein“ – von den Kumpels auch „Berge“ genannt, dringend benötigt. Sogar bis in die Niederlande wurde tonnenweise Sodinger Schlacke transportiert und zur Aufstockung von Deichen eingesetzt.

Da ereignete sich Mitte der 1980 Jahre auf dem Sodinger „Monte Schlacko“ ein Arbeitsunfall. Ein Mitarbeiter der Transportfirma erlitt dabei sogar tödliche Verletzungen. Ein Kollege, der mit einem Herner Bestatter befreundet war, suchte die Gaststätte Wiesmann am Denkmal auf, verständigte von hier per Telefon aus seinen Freund, der auch kurz danach mit seinem Leichenwagen zur Halde fuhr. Ein anderer Kollege wiederum benachrichtigte dagegen ordnungsgemäß die Polizei, die ebenfalls sofort anrückte und sogar, wie in solchen Fällen üblich, die zuständige Kripo mitbrachte.

Der Bestatter, der zuerst am Unfallort aufgetaucht war, und seinen Freund, dem Schlackenbergabräumer, unterstützen wollte, wurde kurzerhand von den Uniformierten wieder nach Hause geschickt. „Hier sind sie nicht zuständig“, gaben ihm die Polizisten damals mit auf den Heimweg. Die Beerdigung des Verunfallten fand dann einige Tage später in aller Stille auf einem Wanne-Eickeler Friedhof statt. Nur der Kollege, der den Unfall auf dem schwarzen Berg miterlebt hatte, und den Bestatter gerufen hatte, flüsterte am Grab ein letztes, leises „Glückauf“. (Nach einer wahren Begebenheit) [5]

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Quellen

  1. Dieser Text wurde von Friedhelm Wessel zur Verfügung gestellt. Der Text darf nicht ohne Genehmigung verändert oder weitergegeben werden.
  2. Foto von Friedhelm Wessel
  3. Familienarchiv Wessel, vermutlich späte 1950er Jahre
  4. Vermutlich späte 1950er Jahre, Foto aus dem Familienarchiv der Familie Wessel
  5. Ein Artikel von Friedhelm Wessel