Jugendkunstschule

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel

Jugendkunstschule? Klingt einfach. Und ist es eigentlich auch. Da gibt es eine Einrichtung, die Kindern und Jugendlichen künstlerische und kreative Angebote macht.

Information
Den Grundstock für eine Jugendkunstschule hatte der umtriebige Musikpädagoge Winfried Koçea bereits in den 1960ern mit der „Jungen Chorgemeinschaft“ gelegt. Hier bildeten sich um den Kern eines Kinderchores bereits die verschiedensten „Spielwiesen“:Kammerchor, Bigband, Jazz- und Rockgruppen – und als Fundament eine breit gefächerte Singschule. Koçea konnte für seine Idee etliche Mitstreiter gewinnen.

Wolfgang Berke

Die Idee aus Wanne-Eickel machte bundesweit Schule

Jugendkunstschule? Klingt einfach. Und ist es eigentlich auch. Da gibt es eine Einrichtung, die Kindern und Jugendlichen künstlerische und kreative Angebote macht: Malen, Gestalten, Tanzen, Musizieren, Singen, Spielen. Also in all den Bereichen, die ganz wichtig für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen sind. Und die in den normalen Schulen mit zwei oder drei Wochenstunden abgefrühstückt werden.

Was heute nichts Besonderes mehr ist (schließlich gibt es bundesweit über 400 Jugendkunstschulen, mehr als ein Viertel davon alleine in NRW), war Ende der 1960er Jahre ein fast schon revolutionärer Gedanke. Kein Chor, kein Orchester, keine Ballettschule, kein Was-auch-immer, für das man sich entscheiden musste, wenn man sein Kind musisch fördern wollte. Sondern eine Einrichtung, die alles bietet. Mit der jedes Kind individuell gefördert wird. Wo die Freude und der Spaß im Vordergrund stehen. Wo die Bereiche nicht stur voneinander getrennt sind, sondern sich sinnvoll verzahnen. Wo Jugendliche auch die Möglichkeit haben, sich für den späteren Beruf zu qualifizieren. Und wo Beiträge erhoben werden, die auch von sozial schwachen Familien getragen werden können.

Daran dachten Ende der 1960er Jahre auch in Wanne-Eickel einige Musik- und Kunstlehrer, fortschrittliche Politiker, Jugendpfleger und engagierte Eltern. Und da sie laut bzw. öffentlich dachten, riefen sie damit Heerscharen von Zweiflern, kritischen Fachleuten und besorgten Eltern auf den Plan. Die Jugendkunstschule wurde heiß diskutiert und füllte die Spalten der Tageszeitungen, lange bevor sie eröffnet wurde.

Aber da die treibenden Kräfte um die Lehrer Winfried Koçea und Heinz Krämer, den Landtagsabgeordneten Helmut Hellwig und Jugendamtsleiter Reinhard Berke die notwendigen politischen Mehrheiten organisierten, konnte die JKS 1972 in Betrieb gehen. Und blieb natürlich in den Schlagzeilen. Mit der Mal-Aktion auf der Hauptstraße gleich zur Eröffnung. JKS-Mitarbeiter stellten allen anwesenden Kindern Farbe und Malgerät zur Verfügung. Die Kleinen griffen zu, mit Vergnügen! Und bemalten die dafür vorgesehenen Wandelemente genauso wie das Straßenpflaster, die Straßenbahnschienen und alles was irgendwie greifbar war. Die etwas größeren Kinder hatten plötzlich Lackfarbe in ihren Maltöpfen, die dann auch vor Häuserfassaden nicht Halt machte ...

Die Empörung war beachtlich: Über die Schmierfinken, die auch vor fremdem Eigentum nicht Halt machen, im Allgemeinen - und über eine sogenannte „Kunst“-Schule, die dazu auch noch Pinsel lieferte, im Besonderen. Während die einen nach dem Staatsanwalt und der sofortigen Schließung der komischen Anstalt riefen, legten andere ihre schützende Hand darüber.

Mit dem Erfolg, dass es die Jugendkunstschule auch mehr als 30 Jahre danach immer noch gibt. Mittlerweile durch alle Höhen und Tiefen gegangen. Mit bemerkenswerten Ergebnissen im künstlerischen Bereich. Mit extremen Mittelkürzungen im kaufmännischen Bereich. Mit manchen Auseinandersetzungen im politischen Bereich. Und einigen Korrekturen im pädagogischen Bereich. Aber mit einer beispiellosen Biografie. Schließlich war die Jugendkunstschule Wanne-Eickel eine der ersten in Deutschland.


Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors [1]
Der Text wurde für das Wiki redaktionell bearbeitet. Er stammt aus dem Jahr 2005

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Einzelnachweise

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