Der Hilligenwall

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel
Hiligenwall
Hilligenwall-1969-2022.jpg
Bildinfo: Lage 1969 mit Karte 2022
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Der »Hilligenwall«
Historische Betrachtung über ein verschwundenes und vergessenes Denkmal
Von Gerd E. Schug 2017 [1]

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Der Hilligenwall lag in der Flur »Biörnksche Hagen« ( = Börniger Hagen). Die Bezeichnung Hagen ist germanischen Ursprungs und bedeutet eingezäunter Bereich, mittels einer Wallhecke oder eines Walles

Am 16. Mai 1939 wurde ich in Herne, Hilligenwall 12, geboren.

Wenn ich heute meinen Geburtsort nenne, ernte ich in der Regel Erstaunen. Kaum jemand weiß noch, wo dieser geheimnisvolle »Hilligenwall« war, geschweige denn, welche Geschichte und Bedeutung dieser historische Ort für Herne hat.

Ich möchte mit dieser historischen Ausarbeitung für künftige Generationen die Erinnerung an den Hilligenwall bewahren helfen.

Die Geschichte des Hilligenwall lässt sich bis zum 3. Jh. n. Chr. zurückverfolgen. Ausgrabungen im nahen Umkreis des Hilligenwall, brachten einen germanischen Siedlungsplatz zum Vorschein. Diese Ausgrabung war eine rein zufällige Entdeckung bei den Vorbereitungen zur Verlegung des Bladenhorster Mühlenbachs, welcher ursprünglich von Bladenhorst kommend den Wassergraben des Hilligenwall speisend, im Bereich des heutigen Horsthausen zur Emscher floss.
Bei Ansiedlung der Zeche Friedrich der Große 3/4 floss der Bladenhorster Mühlenbach direkt vor der Zeche her. Dies behinderte den Zechenbetrieb und vor allen Dingen die Planung einer Zechensiedlung. So baute man eine weiträumige Verlegung, den sog. Landwehrbach. Dieser bildete den südlichen und westlichen Abschluss der Zechensiedlung (heutige Straßen: Am Landwehrbach und Zollvereinweg). Dort wo früher der Düker zur Unterquerung des Stichkanals war, stieß man beim Bau des Landwehrbachs auf einen germanischen Siedlungsplatz. Es konnten viele Kulturreste der Germanen geborgen werden.
Im 9. Jh. findet sich die erste urkundliche Erwähnung des »Hilligenwall«. In den Urbaren der Abtei Werden wird als Abgabepflichtig eine »Villa Langwadu« (oder auch Langwide) genannt, bei der es sich um den Hof handelt, welcher auf der 1931 von Karl Brandt ausgegrabenen »Dynastenburg Hilligenwall« lag.
Motivation für eine Ausgrabung war für Karl Brandt der Bericht des früheren Bürgermeisters Friedrich von Forell, der 1853 in einer Beschreibung seines Verwaltungsbezirks schrieb: »Der dem „Schulten in der Langfort" zugehörende Wald enthält eine 100 Fuß im Viereck große, 4 Fuß hohe, von breiten Gräben eingefasste Umwallung mit Zugangswällen, welche in heidnischer Zeit zum Gottesdienst benutzt worden sein sollen.« 
Die von Karl Brandt durchgeführte Ausgrabung brachte als Ergebnis eine sogenannte Dynastenburg aus dem 11./12. Jh., in der Größe von 380 x 125 m, bestehend aus einem mittig befindlichen Burghügel, welcher von zwei Gräben mit Wall umfasst war. Dieser Turmhügel hatte einen Durchmesser von 36 m und war damit groß genug, einen mehrstöckigen Wohnturm aus Holz zu tragen.
1965 spricht Brandt von einen »geschützten Gehöft«. Der im Hilligenwall ansässige Hof war ein Schultenhof (d.h. abgabepflichtiger Hof) und wird urkundlich als »Villa Langwadu« erwähnt.
Dieser Hof findet auch Erwähnung in den Türkensteuerlisten von 1486, 1542 und 1598. Er war der höchstbesteuerte Hof in seinem Umfeld und somit ein sehr großer Hof.
Irgendwann im 16./17. Jh. hat der »Schultenhof zu Langfurth« seinen Hofplatz um 450 m weiter westlich verlegt, da der Boden im Bereich des Hilligenwall wenig erträglich war. Es war Emscherbruch-Gelände mit Torfboden. Der neue Hof SchuIte-Langforth lag im Bereich der heutigen Langforthstraße. Dort war der Boden bedeutend ertragreicher.
In den 1950er Jahren wurde der Hof abgerissen und es entstanden Zechen-Siedlungshäuser (Elpes Hof).
Der Hilligenwall selbst wurde in den 1920er Jahren durch den Bau von Zechenhäusern umbaut. Es ist den damaligen Zechenverantwortlichen hoch anzurechnen, dass man den inneren Burgring verschonte. Die Bebauung mit sechs Häuser umschloss die Wallanlage.
Während des 2. Weltkriegs wurde der Burgring zum Teil abgetragen und der westliche Wall erhöht, damit in diesem ein Bunker gebaut werden konnte.
Wie durch einen Pressebericht belegt, war mein Vater, Wilhelm Schug, maßgeblich am Bau dieses Bunkers beteiligt.
Für uns Kinder war der Hilligenwall ein richtiger Abenteuerspielplatz.
In den späten 1960er Jahren wurde dann bei der Planung und beim Bau des sogenannten Emscherschnellweges (heute A 42) auf das historische Bodendenkmal keine Rücksicht genommen. Man baute die Autobahn direkt über den Hilligenwall! So wurde ein unwiederbringliches Bodendenkmal vernichtet!
Es war meine Motivation, mit dieser Dokumentation etwas zur Bewahrung der Heimatgeschichte beizutragen.

Die Historie des Hilligenwall in Stichworten

  • ❖ 3./4. Jh. n. Chr.: Germanische Siedlung in der Nähe des Hilligenwall.
  • ❖ 9.Jh.: Erste urkundliche Erwähnung als »Villa Langwadu« in einer Urkunde der Abtei Werden.
  • ❖ 11./12. Jh.: Bau einer Wallanlage mit einer Motte, 380 x 125 m.
  • ❖ 16. Jh.: Verlegung des Hofes Langwadu (Langforth), ca. 450 m westl. des Hilligenwall.
  • ❖ 1636: Vermutlich Grabstätte der Pest Toten (Hilligenwall = Heiligenwall).
  • ❖ 1920: Ausgrabung einer germ. Siedlung in der Nähe des Hilligenwall.
  • ❖ 1925-1930: Wohnbebauung am Hilligenwall.
  • ❖ 1931: Ausgrabungen am Hilligenwall, durch Karl Brandt.
  • ❖ 1940: Bunkerbau in der Wallanlage.
  • ❖ 1960 er Jahre: Ende der 60er Jahre Überbauung des Hilligenwall wegen Autobahnbau (A 42)

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Quellen

  1. Veröffentlicht in: Der Bote 2019-08 S. 6-7