Siegmund Löbenstein
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Dr. jur. Siegmund Löbenstein (geboren am 14. März 1883 in Datterode ; ✡ am 11. Mai 1959 in Bonn), war Rechtsanwalt in Herne.
Siegmund Löbenstein erblickt am 14.03.1883 in Datterode als zweites von vier bekannten Kindern des Herz Löbenstein (*04.11.1857 in Datterode - ✡ 25.06.1914 in Datterode) und der Bertha, geborene Goldschmidt (*22.03.1857 in Erdmannrode, Altkreis Hünfeld - ✡ 24.10.1941 in Eschwege), das Licht der Welt.
Siegmund Löbenstein kann weiterführende Schulen besuchen und studiert Jura in Straßburg. Er promoviert und lässt sich in Herne nieder. Aus der Geschichte des Herner Anwaltsvereins[1] lesen wir, dass er 1911 seine Anwaltszulassung erhielt. Seinen Kanzleisitz nahm er im Haus Bahnhofstraße 26.Er war kommunalpolitisch aktiv und gehörte als SPD-Abgeordneter von 1919 bis 1929 der Stadtverordnetenversammlung an.
Er heiratet am 23. September 1921 in Kassel die Louise Karoline Strobel (* 12.10.1899 in Recklinghausen, Christin; † 29.11.1973 in Kassel). Aus der Ehe gehen die Töchter Margot (*23.08.1922 ✡ 30.8. 1947) und Helga (*18.08.1927 in Herne, ✡ 2015 in Bonn) hervor. [2]
"Genosse Löbenstein amtsmüde!
Gestern hat der Genosse Löbenstein der Parteileitung erklärt, daß er sein neuerdings erhaltenes Stadtverordnetenmandat zur Verfügung stellt. Mit diesem Gedanken hat sich Genosse L. schon seit Wochen ernstlich beschäftigt, doch verstanden die engeren Parteifreunde immer wieder, ihm diese Absicht auszureden. Nunmehr glaubt Genosse L. der Schweren kommunalpolitischen Tätigkeit nicht mehr gewachsen zu sein, er legt sein Mandat nieder. Dadurch entsteht in der sozialdemokratischen Fraktion eine Lücke, die nach mancher Richtung hin überhaupt nicht ausgefüllt werden kann. Vor dem wird ihr sein außerordentliches Wissen und Können auf finanzpolitischem Gebiet noch oft fehlen. Genosse Löbenstein wirkte seit 1919 ununterbrochen als Mitglied der sozialdemokratischen Fraktion in der Herner Kommune und erfreut sich allgemeiner Wertschätzung. In sozialistischem Denken fein geschult, war er stets in Rat und Tat ein treuer Kämpfer an der Spitze des klassenbewussten, organisierten Proletariats, dem er nach wie vor auch ohne Stadtverordnetenmandat dienen wird. Sein Ausscheiden wird tatsächlich in Arbeiterkreisen bedauert."[3]
Nach der Machtergreifung war er in Herne nicht mehr sicher. Die Zeitungen berichteten:
11. März 1933!
"SPD Führer aus den Betten geholt.
In der Nacht zum Sonnabend zwischen 3 und 4 Uhr erschienen in den Wohnungen mehrerer sozialdemokratischer Führer SA=Leute und verhafteten die aus dem Schlaf Geweckten. In einzelnen Fällen erschien rald darauf das Ueberfallkommando und nahm die Verhafteten zu ihrem eigenen Schutze mit. So wurden in Schutzhaft genommen: Beig. a. D. Hölkeskamp. Stadtrat Cramer, Gewerkschaftssekretär Zapp. Rechtsanwalt Dr. Löbenstein und der Kaufmann Julius Romann. Den Redakteur der Herner Volkszeitung Sauerwald fanden die SA=Leute nicht. Am Morgen wurden die in Schutzhaft Genommenen wieder entlassen."[4]
1. April 1933: Boykottaktion SA-Leute versperren den Eingang zu seinem Büro in der Bahnhofstraße 26.
10. April 1933 Beschlagnahme des Vermögens von Siegmund, der zuvor vermutlich bei seinen Schwiegereltern in Bonn untergetaucht ist.
15. Dezember 1933 "[...]und der ins Ausland entwichene Rechtsanwalt Löbenstein [...]"[5]
"Rechtsanwalt Löbenstein freiwillig aus dem Leben geschieden?
Er soll in Berlin Selbstmord begangen haben
- Herne, 12. April.
b. In Herne schwirrt seit einigen Tagen das Gerücht umher, daß der jüdische Rechtsanwalt Dr. Löbenstein, der früher längere Zeit seine Praxis in Herne ausübte und im früheren System eine bedeutende Rolle zu spielen vermochte, in Berlin seinem Leben freiwillilg ein Ende gesetzt hat. Noch vor wenigen Tagen berichteten wir über einen sensationellen Kindesunterschiebungs=Prozeß, in dem auch Rechtsanwalt Dr. Löbenstein recht übel verwickelt ist. Die Anklage gegen ihn mußte bekanntlich seitens der Staatsanwalt schaft ausgesetzt werden, da er sich schon seit Monaten von hier entfernt hat. Darum wirkt das sich immer stärker verdichtende Gerücht eines Freitodes nicht minder sensationell. Eine Bestätigung dieser Meldung war von uns bis jetzt noch nicht zu erlangen. Darum geben wir sie unter Vorbehalt wieder."[6]
"* Falsches Gerücht. Das Gerücht, wonach der frühere Rechtsanwalt Dr. Löbenstein Selbstmord verübt haben soll wird von kompetenter Seite als völlig unzutreffent bezeichnet."[7]
Was war geschehen?
Er taucht in Bonn unter wo seine Schwiegereltern wohnen, muss sich letztendlich aber entgültig absetzen und verlässt Deutschland via Antwerpen, wo er als Arbeiter im Hafen seinen Lebensunterhalt verdient, Richtung USA. Dort ist es sein Bruder Julius, der ihm einen Anfang ermöglicht. Dieser war zuvor bereits in die USA ausgewandert. Siegmund, der Familie und Kinder vor Verfolgung schützen will, lässt sich noch in Bonn von seiner christlichen Frau am 30. September 1935 scheiden. Diese besucht ihn aber immer wieder – teils mit den Kindern – in Antwerpen bis zu seiner Emigration. Luise schlägt sich mit ihren Kindern auf bewundernswerte Weise über die Kriegsjahre durch. Zunächst weiter in Herne, ab 1939 in Bonn. Es gibt Hinweise, wonach die Kinder noch vor Kriegsende als „Halbjuden“ inhaftiert werden.
Nach Ende der Nazi-Schreckensherrschaft kehrt Dr. jur. Siegmund Löbenstein zurück nach Deutschland. Er wird vom. „Jewish Trust“ als Advokat angestellt und kümmert sich um verwaistes jüdisches Eigentum und um sich für Glaubensbrüder und -schwestern, die sich um Rückgabe des Eigentums oder um Schadensersatz mühen.
Nach seiner Rückkehr heiratet 1948 Siegmund und Luise wieder. Dr. Siegmund Löbenstein starb am 11. Mai 1959 in Bonn. [8]
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Quellen
- ↑ [1]
- ↑ spurenimvest.de
- ↑ Herner Volkszeitung vom 19. November 1929. Online auf zeitpunkt.nrw
- ↑ Herner Anzeiger vom 13.. März 1933. Online auf zeitpunkt.nrw
- ↑ Herner zeitung vom 15. Dezember 1933. Online auf zeitpunkt.nrw
- ↑ Herner Zeitung vom 12. April 1934. Online auf zeitpunkt.nrw
- ↑ Herner Zeitung vom 14. April 1934. ebd.
- ↑ https://www.heimatverein-datterode.de
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