Rätsel um eine germanische Erdburg

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel

Karl Brandt widmete am 5. Dezember 1936 in der Herner Zeitung einen besonderen Artikel über die Ringerdburg auf der heutigen Wallburgstraße.[1]

Rätsel um eine germanische Erdburg
Nachrichten über die Erdburg am Schloß Strünkede
Vor 20 Jahren eingeebnet
H. A. R. Herne, 5. Dezember.

Unsere Heimatfluren geben uns manches Rätsel aus vergangener Zeit auf, die zu lösen nicht so einfach ist. Bei manchen wird wahrscheinlich niemals eine zufriedenstellende Lösung möglich sein. Hoffentlich trifft das nicht für jenes Erdwerk zu, das sich bis vor etwa 20 Jahren in dem Winkel zwischen Germanen= und Forellstraße in westlicher Richtung befunden hat. Von diesem Erdwerk hören wir zum ersten Male in Herne von dem verstorbenen Altbürgermeister Schaefer, der darüber einige Nachrichten hinterlassen hat. Er schreibt folgendes: „In der Nähe der jetzigen Forellstraße finden sich unweit der Burg Strünkede die Reste einer verschollenen altgermanischen Ringburg; sie liegt in „Lakmanns Busch“. Von den drei konzentrischen Ringwällen mit vorliegenden Gräben, aus denen die Wallburg bestand, ist die äußerste größtenteils eingeebnet. Die beiden Innenwälle sind besser erhalten. Mit Wasser versorgten die Gräben die Beecke, die von Strünkede her der Emscher zufließt. Bei der Ringburg. stand der Stuhl des Freigerichts zu Strünkede.“
Das wären die einzigen Angaben über diese interessante Erdburg (abgesehen von denen im Heimatbuch von Rektor Decker), wenn nicht im Jahre 1899 Prof. Darpe ausführliche Angaben in einer in Münster erscheinenden Zeitschrift veröffentlicht und sogar eine Skizze dieser Erdburg hinzugefügt hätte. Aus diesen Veröffentlichungen ist denn auch Näheres zu ersehen. Die Angaben Darpes wollen wir im Wortlaut wiedergeben:

Darpes Zeichnung aus dem Originaltext von 1899

Ziemlich gut erhaltene Reste einer bis dahin ganz unbekannten altgermanischen Ringburg entdeckte ich am 11. Juni 1896 unweit der Burg Strünkede in der Baukauer Mark bei Herne, etwa 8 Minuten links von der Kunststraße, die von Bochum über Herne nach Recklinghausen führt. Sie liegt in „Lakmanns Busch“ dort, welchen man von der gleich hinter Strünkede von der Kunststraße auslaufenden Weidestraße (jetzt Forellstraße) her erreicht. Mir ging die Nachricht zu, dort befänden sich Befestigungen, welche das meist fremde, zugezogene Volk Kosakenschanze nenne. Wie erstaunte ich an Ort. und Stelle, als ich unter jungen Eichen einer verschollenen alten Wallburg gegenüberstand!"
Mit dieser einleitenden Schilderung mit etwas persönlicher Note beginnt Prof. Darpe. Darpe berichtet dann weiter über das Aussehen der Wallburg:
Die Bergmannswohnungen an dem nördlich vom Wäldchen hinführenden Feldwege und der ringsum betriebene Landbau haben von den drei konzentrischen Ringwällen mit vorliegenden Gräben, aus denen die Wallburg bestand, den äußersten größtenteils beseitigt und verwischt oder eingeebnet: an jene Häuser stoßende Teile des Walles sind noch zu erkennen. Von den Resten des Außenwalles gelangt man über ebenen Boden an den vor dem zweiten (mittleren) Walle liegen den Graben, welcher noch jetzt zehn Schritte in der Breite misst und fast ganz erhalten ist. Der Mittelwall hinter jenem Graben erhebt sich noch jetzt, nachdem die Regengüsse von mindestens 1200 Jahren ihn verwaschen haben, in Höhe von 6—7 Fuß und bat eine Breite von 20 Schritten. Jenseits des nun folgenden innersten Grabens dessen Tiefe noch Wasser füllt, erhebt sich der innerste Ringwall noch jetzt zu 12 bis 14 Fuß Höhe. Inmitten dieses Ringes, dessen Durchmesser fast 60 Schritte misst, befindet sich für den Wasserbedarf der Verteidiger oder Bergung von Schätzen eine Vertiefung. Ihre Wasserspeisung erhielten die Gräben der Ringburg von einem aus den Wiesen und Sümpfen südwestlich vom Schlosse herkommenden Bache, welcher, um den Friedhof des Schlosses sich windend, nach Nordosten hin der Emscher zueilt. Ein breiter Graben, welcher vor sieben Jahren zugeworfen ist, verband den Bach („de Becke“) mit den Gräben der Wallburg. Durch Stauung des Baches wurde neben Füllung der Gräben die Überschwemmung der Umgebung, besonders nach der im Osten verlaufenden Straße hin, welche den Emscherbruch durchschneidet, erreicht. Ob der Boden der Ringburg Waffen und sonstige Geräte birgt, wäre bei Umgestaltung des Bodens zu ermitteln. Eine ähnliche Ringerdburg, die jedoch trümmerhafter uns überkommen ist, entdeckte ich bei Coesfeld auf Borgmanns Hofe in der Bauerschaft Gaupel, zwischen Coesfeld und Varlar usw.“ (Darpe ist in Coesfeld Gymnasiallehrer gewesen und dort auch gestorben.)
Soweit Prof. Darpe, der erste ernsthafte Heimatforscher von Herne, Bochum usw. Es sei uns die Bemerkung gestattet, dass bedauerlicherweise Darpe Jahrzehnte lang keinen Nachfolger gefunden hat, was sich natürlich für unsere Heimatforschung recht ungünstig ausgewirkt hat. Durch die ziemlich eingebende Beschreibung Darpes wissen wir, wie die Erdwallburg an der Burg Strünkede ausgesehen hat. Auf diese Mitteilungen fußen die Angaben des Oberbürgermeisters a. D. Schaefer. Aber auch Rektor Decker berichtet von dieser Erdwallburg in seinem Heimatbuch, und zwar auf Seite 19. Er schreibt:
Reste einer Ringerdburg waren bis vor einigen Jahren im Lakmannsbusch zu sehen. Es wird, wie alle Erdwerke in hiesiger Gegend, eine sächsische Verteidigungsstelle gewesen sein. Eine in Münster ausbewahrte Zeichnung lässt die Anlage deutlich erkennen.: Sie bestand aus drei konzentrischen Ringwällen mit vorliegenden Gräben, die mit Wasser gefüllt wurden. Zwei Zugänge, die die äußeren Ringwälle durchschnitten, führten zum inneren Wall, in dem während des Kampfes die Frauen, Kinder und die Habe verborgen waren. Die Gräben wurden an den Zugangsstellen mit Hölzern überbrückt. Der äußere Wall diente als Verteidigungsstelle.
Die Mitteilung Deckers ergänzt den Bericht Darpes insofern, als er von zwei Zugängen spricht. Ursprünglich war sicherlich nur ein einziger Zugang vorhanden, wie an allen Wallburgen, denn an dem Zugang spielten sich im Ernstfalle die Hauptangriffe ab und hier müssten die Verteidiger ihre besten und Hauptkräfte ansetzen. Der zweite Zugang wurde sicherlich später von der Bevölkerung angelegt, die das ziemlich umfangreiche Erdwerk nicht umgeben wollte, anderseits aber nicht durch die Gräben waten und die Wälle ersteigen mochte.
So ist denn bewiesen, dass sich in Herne=Baukau tatsächlich ein Erdwerk befunden hat. Welche Bewandtnis es nun mit dieser Anlage gehabt hat. ob sie wirklich bis in frühgeschichtliche Zeit reichte, ist schwer zu sagen. In der Fortsetzung wollen wir uns damit einmal beschäftigen Wie dem auch sei, es ist geradezu unverständlich, wie man dieses Erdwerk einebnen konnte, zumal das Geländestück erst vor 4 Jahren in Kultur genommen worden ist. Heute befinden sich dort Kleingärten. Nur durch eine großzügige Ausgrabung könnten weitere Erkenntnisse von dieser Wallburg erlangt werden.
H. A. Rannius


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Quellen