Hans-Jürgen Bradler

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel

Hans-Jürgen Bradler (geboren 12. August 1948 in Bochum) ist ein ehemaliger deutscher Fußballspieler, der als Torhüter des VfL Bochum von 1971 bis 1975 in der Fußball-Bundesliga 44 Einsätze bestritten hat. Bradler lernte zuerst den Beruf des Drehers beim Bochumer Verein, bevor er sich der Fußballkarriere widmete.

Hans-Jürgen Bradler 2013
VfL Bochum gegen MSV Duisburg 1971. In Aktion: Bradler und Dietz
Norbert Lücke, Ralf Piorr und Hans-Jürgen Bradler (von links). 2014 in einer Talkrunde zur Eröffnung der Ausstellung „Ihr fünf spielt jetzt vier gegen drei”

Friedhelm Wessel [1]

War nie ein „Torsteher“: Keeper Hans-Jürgen Bradler

Den Begriff „Torsteher“ kann Ex-Bundesligakeeper Hans-Jürgen Bradler, der einst 44 mal das Tor des VfL Bochum stand, und dabei oft Stürmerlegenden wie Uwe Seeler, Klaus Fischer, Stan Libuda oder Ente Lippens zur Verzweifelung brachte, nicht ausstehene. „Ich war immer begeisterter Torhüter,“ sagt der Fußballer, der in der bekannten Hordeler Kappeskolonie im Süden von Bochum geboren wurde.

Die Karriere des 1948 geborenen Sportler begann daher auch auf dem Sportplatz in der alten Siedlung zwischen den Fördertürmen der Zeche Hannover: beim BC Hordel. Später wechselte zum benachbarten TB 1954 Eickel. Hier ging es richtig bergauf. Inzwischen hatte Hans-Jürgen Bradler eine Dreherlehre beim Stahl- und Hüttenkonzern Bochumer Verein absolviert. Weil er mit guten Leistungen in der Verbandsliga überzeugte, holte ihn 1970 der damalige VfL-Trainer Hermann Eppenhoff an die Castroper Straße. Der VfL stieg schließlich 1971 in die 1. Bundesliga auf. Bradler absolvierte in dieser Saison alle 34 Spiele für die Bochumer. Zusammen mit den erfahrenen Spielern Werner Krämer, Reinhold Wosab, Dieter Zorc und Torjäger Hans Walitza hatte der junge Bochumer wesentlichen Anteil am Klassenerhalt des Aufsteigers.

An die Aufstiegsrunde im Sommer 1971 erinnert sich der Ex-Keeper noch gerne. „Wir waren ein Spitzenteam. Zusammen mit den Mannschaften des VfL Osnabrück, des FK Pirmasens, des Karlsruher CC und Tasmania 1900 Berlin kämpften wir damals um den Aufstieg. Wir setzten uns aber souverän durch und verloren kein Spiel. Damals schossen uns Hans Walitza und Werner Hartl in die 1. Liga.“ Dabei fiel des den Bochumer Halbprofis nicht immer leicht. „Vormittags seine Leistungen im Erstberuf, dann ab zum Training oder zu den Aufstiegsspielen. Eine harte Zeit,“ resümiert Hans-Jürgen Bradler. Doch er schaffte in dieser Zeit das Unmögliche: Er drückte noch nebenbei die Schulbank und wurde schließlich Diplom-Ingenieur.

Bis 1975 blieb der junge Ingenieur beim VfL, trainierte dort unter Hermann Eppenhoff und Heinz Höher. 44-mal hütete Hans-Jürgen Bradler das VfL-Gehäuse. Besonders fürchtete er in dieser Zeit die Freistöße von Willi Ente Lippens (Rotweiß Essen) oder die vehementen Einsätze eines Lorenz Horr (Hertha BSC). „Wenn Ente Lippens einen Freistoß schoss, war es für einen Torhüter immer gefährlich, denn der Willi schoss den Ball immer mit sehr viel Effet um die Mauer herum,“ erinnert sich der Keeper, der 1972 auch in die von Jupp Derwall betreute Olympiaauswahl berufen wurde. „Das Attentat von München bekamen wir ebenfalls mit, denn unsere Mannschaft wohnte damals nur ein paar Straßen weiter im olympischen Dorf. Bei der abschließenden Trauerfeier für die getöteten israelitischen Sportler im Olympiastadion, hatte ich eine Gänsehaut.“

Zur damaligen deutschen Olympiamannschaft, die aber an der Elf der DDR scheiterte, gehörten unter Uli Hoeneß, Otmar Hitzfeld, Klaus Wunder, Rudi Seeliger und Ewald Hammes. Stundenlang kann der Bochumer Keeper, der aber seit Jahren in Herne lebt, über Begegnungen aus seiner Bundesligazeit erzählen. „Einmal spielten wir in Hamburg. Da es beim VfL keinen echten Zeugwart gab, mussten wir unsere Sachen selbst einpacken. Nach der Arbeit rein in den Bus und ab in Richtung Volksparkstadion. Beim Auspacken merkte ich dort: Du hast die Schuhe vergessen. Da war guter Rat teuer. Zum Trainer gehen? Kam nicht infrage. Die Hilfe war nah. Werner Krämer, ein Mannschafskollege, wusste Rat. Er ging in die Kabine des HSV und sprach dort mit Willi Schulz, den er aus unzähligen Revierduellen kannte. Und Krämer besorgte mir die notwendigen Klöpper. Genutzt hat es wenig, denn wir verloren leider die Begegnung mit 2:3. Uwe Seeler war an diesem 16. Oktober wieder in Hochform. Er überwand mich an diesem Tag sogar zweimal,“ berichtet Bradler, der vor allem die Trainingsarbeit von Ivica Horvat, unter dem er nach seiner Bochumer Zeit bei der Herner Westfalia kickte.

Für die „Westfalia“ absolvierte der 19-fache Amateur-Nationalspieler von 1975 bis 1979 71 Spiele in der 2. Bundesliga und nach der Goldbach-Affäre des Vereins, die mit eine Lizensrückgabe endete, sogar noch in etlichen Begegnungen in der Amateurklasse.

„Horvat war der erste Coach, der in Herne ein spezielles Torwarttraining anbot. Bis dahin gab es für die Keeper nur Trainingseinheiten mit dem Medizinball in den sandigen Sprunggruben der Stadien. Von Horvat habe ich viel gelernt. So hat er uns, wenn es mal in Strömen während des Trainings regnete, unter dem schützenden Tribünendach trainierte und das hat sogar richtig Spaß gemacht,“ meinte der Ex-Keeper, der 1996 als Ingenieur in seiner damaligen Firma wegrationalisiert wurde und eine Lotto- und Totoannahmestelle eröffnete.

Ein Traineramt wollte Hans-Jürgen Bradler nie übernehmen. „Torhüter sind selten gute Trainer, Keeper sind Individualisten, die ihr Wissen meist schlecht herüberbringen können. Daher habe ich es erst gar nicht versucht. 1979 war für mich endgültig Schluss mit dem Fußball.“

Ab und zu besucht der Ex-Keeper Spiele seines VfL und trifft sich dort mit seinem Torwart-Nachfolger Werner Scholz, oder schaut sich bei der Herner Westfalia um. Dort plaudert er schon mal mit Harry Bohrmann, der ebenfalls zum damaligen VfL-Kader gehörte, aber nur einmal in der Bundesliga zum Einsatz kam. Auch er wohnt wie Bradler schon lange in Herne. „Der Kontakt zwischen uns ist eigentlich seit damals nie abgerissen,“ betont Bradler.

2006 eröffnete der begeisterte Keeper in der Nähe des Erkenschwicker Stadions am Stimberg eine Imbissbude, die danach zum Treffpunkt von Fußballfans aus der gesamten Region wurde, denn die Wände des Imbisses zierten unzählige großformatige Fotos aus der Bundesligazeit des Inhabers, der oft gefragt wurde: „Wie war es damals, als Sie beim VfL im Tor standen ?. 2013 ging Jürgen Bradler in den Ruhestand, wer Glück hat, kann ihm nun bei Spaziergängen am Rhein-Herne-Kanal begegnen, denn im Hoverskamp, in Torschussweite vom RH-Kanal entfernt, ist der Bochumer Ex-Keeper längst heimisch geworden. [2]


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Quellen

  1. Dieser Text wurde von Friedhelm Wessel zur Verfügung gestellt. Der Text darf nicht ohne Genehmigung verändert oder weitergegeben werden.
  2. Ein Artikel von Friedhelm Wessel