Geschichte der Kirchengemeinde Börnig (Sczepan) VI
Allgemeine Geschichte der Kirchengemeinde Börnig
Christianisierung und heimatkundliche Angaben
Teil 6
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Am 27. Juni 1956 stellte das Presbyterium der Kirchengemeinde Sodingen den Antrag, den 2. Pfarrbezirk aus der Gemeinde auszugliedern und zur selbständigen Kirchengemeinde zu erklären.
Am 01.10.1957 tritt die Neugründung der Evgl. Kirchengemeinde Börnig, die in ihren Grenzen dem bisherigen 2. Pfarrbezirk entspricht, in Kraft, die dann zum 01.04.1958 vom Landeskirchenamt bestätigt und genehmigt wird.
Mit dem 01.04.1958 wurde die Evangelische Kirchengemeinde nach Abtrennung von Sodingen offiziell als selbständig erklärt. Der Inhaber der zweiten Pfarrstelle von Sodingen, Pfarrer Ruwisch, erhielt die erste Pfarrstelle der neuen Kirchengemeinde Börnig. Sogleich wurde ein Kirchbauverein ins Leben gerufen, der bis zur Kircheinweihung 92.000,00 DM an Spenden zusammenbrachte.
Am Sonntag, den 28.08.1960 wurde der Grundstein der neuen Emmauskirche gelegt, die in Stahlbeton-Bauweise auf der Schadeburgwiese über der zugeschütteten Gräfte errichtet wurde. Beim Ausschachten trat ein altes Bruchstein-Mauerwerk in 2 m Tiefe zu Tage. Vielleicht war es in alter Zeit das Fundament eines ehemaligen Brückentorhauses. Um eine tatsächliche Anknüpfung an die alte Geschichte der Schadeburg herzustellen und zu bewahren, ist ein schön behauener großer Quaderstein als Eckstein im Fundament der Sakristei, an der rechten Nordwestecke, mit eingemauert worden. Bildhaft läßt sich die Kirche ja auch als „Brückentorhaus" verstehen. Der Name „Emmauskirche" knüpft bewusst an die Ostergeschichte (Luk. 24, 13-35) an, mit der Bitte, dass Christus selbst auch heute noch uns oft verzagten Erdenwanderern begegnen möge, um uns selbst die Heilige Schrift auszulegen, dass „unsere Herzen brennen" und wir ihn im Sakrament erkennen können.
Die Katasterbezeichnung für das Kirchbaugebäude heißt: Gemarkung Börnig, Flur 10, Parzelle 61. Dem Kirchbauplan (Parabelform) wurde ein Pappmodell im Maßstab 1:50 zugrunde gelegt, das Pfarrer Ruwisch schon 1957 angefertigt hatte. Der Architekt Egon Schiborr aus Essen wurde mit der Planausführung und Bauleitung, der Hoch- und Tiefbauunternehmer Friedrich Wortmann aus unserer Gemeinde mit der Bauausführung beauftragt.
Die künstlerische Gestaltung der Bleiglasfenster in Kirche und Sakristei wurde von Maler und Graphiker Wilhelm Strauß, Herne, in bester Weise gelöst. Die Kircheinweihung fand am 24.09.1961 durch Oberkirchenrat Nockemann statt. Die Gesamtkosten, einschließlich Bänke (mit elektrischer Umbratherm-Heizung aus Kißleg im Allgäu versehen) und Orgel (28 Register-Elektronenorgel der Firma Ahlborn aus Heimerdingen bei Stuttgart am 10.11.1960 gekauft) und Sakristeiausstattung beliefen sich auf 371.000,00 DM. Anschließend wurde auf dem Kirchenvorgelände ein zeitgemäßes Pfarrhaus in Flachbauweise (wie die Kirche mit Klinkern versehen) errichtet, das im November 1962 bezogen wurde. Als Pfarrer-Dienstwohnung hatte bisher eine angemietete Etage (Castroper Straße 319) gedient. Die Gesamtkosten betrugen 110.000,00 DM.
1962 wurden Kindergarten und Schadeburgräume renoviert und am Kopfende des Saales eine Bühne errichtet.
Am 24.06.1965 wurden das Schadeburg-Wohnhaus (über 200 Jahre alter Fachwerkbau) und ein Teil der früheren Stallungen bis zu den von der Gemeinde benutzten Räumen abgebrochen. Für Gemeindeschwester und Kindergärtnerin, die bisher in der Schadeburg gewohnt hatten, wurden zwei 2,5 Zimmer-Wohnungen in der Castroper Straße 285 angemietet,. Die Zeche Erin ließ eine neue Abschlusswand aus roten Verblendziegeln hochziehen, die in ihrer Farbe gut zu Kirche und Pfarrhaus passten. Die Kaffeeküche der Frauenhilfe wurde völlig erneuert. Der hinter ihr neu gewonnene Raum (ein früherer Kuhstall) wurde in Eigenhilfe von Männern des Männerdienstes und des CVJM als neuer Versammlungsraum für Männerdienst, Jungmännerkreis und Bibelstunden stilgerecht als „Ritter-Palland-Raum" ausgebaut (Decke: Brasilkiefer, Boden: braune Terrazzoplatten). Da außer den männlichen und weiblichen Jugendgruppen immer mehr Gemeindegruppen entstanden, wurde oft immer mehr Raum gleichzeitig benötigt.
1949 wurde ein Kirchenchor gegründet. Die Leitung hatte zunächst Lehrer Max Diebitz, dann Herr Karl Oppenberg, von 1979 Frau Regine Ronge und seit 1992 Frau Ursula Kailaß.
Ein CVJM-Posaunenchor wurde 1962 gegründet. Die Leitung übernahm Herr W. Speckens und nach dessen Wegzug in 1971 bis heute Herr Herbert Droste. An verschiedenen Plätzen in der Gemeinde führt der Posaunenchor z.B. ein Kurrendeblasen in der Adventszeit durch.
Von der Tiefbau- und Straßenbaufirma Helmut und Arthur Gutbier aus unserer Gemeinde wurden Zufahrtsstraße und größere Parkflächen vor der Kirche asphaltiert und Waschbetonplattenwege hergestellt, während die Gartenbaufirma Walter Kaiisch aus Herne-Horsthausen die Anlage der über 2.000 qm großen Rasenflächen vor der Kirche anlegte.
Von der ganzen Gemeinde wurde am 18.07.1937 das 10jährige, am 10.02.1952 das 25jährige, am 20.05.1957 das 30jährige und am 29.01.1967 das 40jährige Bestehen der Schadeburg als Gemeindeheim gefeiert. Jedes Mal wurden die ehemaligen Mitglieder der Jugendgruppen zu Wiedersehensfeiern besonders eingeladen. Und sie kamen oft von weither, sogar aus Holland.
Durch ein notarielles Vermächtnis bekam unsere Kirchengemeinde nach dem Ableben der Steigerswitwe Wilhelmine Gärtner, geb. Oberhoff (95 Jahre) am 15.07.1959 ein Einfamilienhaus (1930 erbaut, 8 Zimmer) mit Garten in der Bruchstraße 41 als Eigentum. Die Größe des Grundstücks beträgt 596 qm. Das Eigentum soll als „MaxGärtner- Stiftung" der Gemeinde dienen und mit eigener Kassenführung vom Presbyterium verwaltet werden, mit der Auflage, daß die Familiengruft „Gärtner" auf dem Holthauser Kommunalfriedhof von unserer Gemeinde in Ordnung zu halten ist. Anfangs wohnte dort Berufsschul-Pfarrer Karl Lilie, zurzeit wird das Haus von Ernst Hoffmann und seiner Familie bewohnt.
Am 23.08.1965 ging ein schon lange von uns gehegter Wunsch in Erfüllung. Durch notarielle Verhandlung konnte die Evangelische Kirchengemeinde Börnig das gesamte, bisher gepachtete Schadeburggelände mit Gebäuden von der Gelsenkirchener- Bergbau-AG zum Preis von 5,00 DM pro qm käuflich erwerben (Größe: 7.956 qm; Gemarkung Börnig, Flur 10, Nr. 1986). Der überaus günstige Kauf kam durch freundliches Entgegenkommen des Bergwerksdirektors Bergrat a.D. Karlhans Knepper von der Zeche Erin zustande. Mit dem Ankauf des Kirchengrundstückes und der Schadeburg wurde der äußere Aufbau der Gemeinde Börnig mit rund 4.000 Gemeindegliedern als abgeschlossen betrachtet.
Zum Zwecke einer besseren finanziellen Versorgung schlössen sich alle sieben evangelischen Kirchengemeinden am 01.01.1963 zu einem Gesamtverband zusammen. Hierzu gehören die evangelische Christus-, Dreifaltigkeits-, Kreuz- und Zions- Kirchengemeinden in Herne sowie die Kirchengemeinden Baukau, Börnig und Sodingen.
Seit das Öl die Kohle mehr und mehr verdrängte, begann im Jahr 1966 plötzlich ein Zechensterben im Ruhrgebiet. Die Schachtanlagen Erin und Teutoburgia mussten im Februar 1967 an die Bergbau-AG Lothringen in Bochum-Gerthe verkauft werden um die Förderung der Kohlen aufrecht erhalten zu können.
Aufsatz von Helmut Sczepan nach Aufzeichnungen von Pfarrer Hermann Ruwisch (verfasst in 1967, im Gedenkjahr an die Reformation Luthers vor 450 Jahren) Mit freundlicher Erlaubnis des Autors.
Literaturverzeichnis:
- H. Rothert, Kirchengeschichte des Westfälisch-Rheinischen Industriegebiete, Ruhfus, Dortmund, 1926
- Chronik der Stadt Herne, dargestellt von Karl Brandt und Dr. Leo Reiners, Curt-Hermann-Weise-Verlag Berlin, 1938
- Ludwig Koechling, 400 Jahre Evangelische Kirchengemeinde Herne, Festschrift zum ReformationsJubiläum, 1961 C. Th. Kartenberg, Herne, 1961
- Hermann Wiggermann, Castrop-Rauxel, Heimatbuch zur 1100 Jahrfeier 1934, herausgegeben von der Stadt Castrop-Rauxel, Geschw. Schmitz, Castrop-Rauxel, 1934
- C. Schröder, Beiträge zur Geschichte der Stadt Castrop, C. L. Krüger, Dortmund, 1913