Einweihung der Matthäuskirche zu Baukau 28. März 1900
Im Generalanzeiger für Dortmund und die Provinz Westfalen des 13 Jahrgangs 87 Ausgabe vom 29.3.1900 druckt den folgenden Artikel über die Kirchweihe in Baukau ab. Darin beschreibt der Autor in damals üblichen Worten das Geschehen.
Kirchenweihe in Baukau.
Baukau bei Herne, 28. März.
Flatternde Fahnen von allen Häusern des Ortes, ja selbst von der Zinne der Zeche von der Heydt verkündeten, daß unsere Gemeinde heute ein Freudenfest beging. Die neue evangelische Kirche wurde geweiht und Jung und Alt nahm an diesem Ereignisse teil.
Das Gotteshaus, dessen 58 Meter hohe Turm weithin in die Lande grüßt und die dampfenden Schlote unserer Zechen überragt, ist erbaut nach den Plänen des Kirchenbaumeisters Siebold in Bielefeld und enthält etwa 1000 Sitzplätze. Das Grundstück haben die Herren Sehrbruch und Luchthuwe der evangelischen Gemeinde geschenkt. Die Maurerarbeiten führte Herr Ewald Drücke, die Zimmerarbeiten Herr Hamann von hier aus. Die Malerarbeiten sind von Herrn Mausen=Dortmund ausgeführt. Das prächtige Geläute stammt aus der Glockengießerei des Bochumer Gußstahlwerkes.
Die Baukosten belaufen sich inklusiv des noch nicht vollendeten Pfarrhauses auf rund 1 30.000 M. Davon hat die Muttergemeinde Herne 30.000 M. freiwillig übernommen. Den Altar hat in hochherziger Weise Herr Westerworth, den Taufstein Herr Rentner Sichtermann und die Turmuhr Herr Maurermeister Drücke gestiftet.
Festliches Geläute kündete morgens den Freudentag an. Gegen 10 Uhr versammelten sich die Gemeindemitglieder in dem bisherigen, von Herrn Sehrbruch zur Verfügung gestellten Betsaal. Es hieß Abschied zu nehmen aus dem gastlichen Raume. Der Saal vermochte kaum die Hälfte aller Teilnehmer zu fassen. Nach dem Gesange: „Bis hierher hat mich Gott gebracht“ sprach Herr Pfarrer Niedermeier das Dankgebet und unter Absingung des Liedes: „Unsern Ausgang segne Gott“ ordneten sich die Teilnehmer zum Festzug nach der neuen Kirche. Zunächst folgten die Schulkinder, dann das Presbyterium und Bauleitung, die Kirchliche und staatliche Behörden, die Geistlichen der Synode, die Repräsentation, der Kirchenchor, der Frauenverein, der Arbeiterverein und sodann die übrigen Gemeindemitglieder.
Vor dem Gotteshause erscholl der jubelnde Kindergesang: Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren! Alsdann überreichte ein Vertreter des Herrn Baumeisters Siebodls dem Herrn Generalsuperintendenten D. Nebe aus Münster den Schlüssel der Kirche. Herr Superintendent Daniels=Eickel nahm den Schlüssel in Empfang und reichte ihn weiter an Herrn Pfarrer Niedermeier hierselbst. Dieser öffnete die Pforte des Gotteshauses, in welches nun zum ersten Male die andächtige Menge eintrat. „Wachet auf“ sang die Gemeinde und der Kirchenchor stimmte das freudige: „Hoch thut euch auf, ihr Thore der Welt“. Dann folgte die herzerhebende Weiherede des Herrn Generalsuperintendenten D. Nebe. Derselbe beglückwünschte die evangelische Gemeinde Baukau zu dem Besitz des prachtvollen Gotteshauses und teilte die Freudenbotschaft mit, daß Ihre Majestät die Kaiserin für die neue Kirche eine schmucke Bibel geschenkt habe, in welche sie eigenhändig die Worte des Psalmisten 143.10 eingeschrieben:
Lehre mich thun nach Deinem Wohlgefallen, denn Du bist mein Gott. Dein guter Geist führe mich auf eben Bahn!
Die Worte des Herrn Generalsuperintendenten. welcher zur Dankbarkeit für dieses Liebeswerk unserer Kaiserin aufforderte, machten einen überwältigenden Eindruck.
Namens der Provinzialsynode begrüßte hiernach Herr Superintendent Bramesfeld, Münster, die evangelische Kirchengemeinde Baukau zu ihrer Selbständigkeit. Herr Superintendent Daniels hielt die Liturgie und Herr Pfarrer Niedermann ging dann zur eigentlichen Predigt über.
Erst gegen 1½ Uhr hatte der Festgottesdienst sein Ende erreicht. Die Teilnehmer begaben sich hierauf in den Sehrbruch'schen Saal, welcher inzwischen mit etwa 200 Gedecken ausgestattet war. An der vierreihigen Tafel blieb kein Plätzchen frei. Das Festmahl nahm einen ebenso erhebenden wie gemütlichen Verlauf und die gebotenen Speisen fanden den ungeteiltesten Beifall aller männlichen und weiblichen Teilnehmer.
Zuerst erhob sich Generalsuperintendent Nebe zu dem Kaisertoast. Vorher erwähnte er scherzhaft, daß er in seiner Jugend in den Büchern gelesen, das Emschergebiet wäre von wilden Pferden bevölkert, Menschen wohnten da nicht, nur einzelne hätten sich dort angesiedelt und wenn diese kleines Geld nötig hätten, da fingen sie sich ein wildes Pferd und verkauften es für 8 bis 10 Thaler. (Heiterkeit.) Er habe aber heute noch kein wildes Roß gesehen und auch nicht gefunden, das an der Emscher so wenig Leute wohnen sollten. An dem Emscherflüßchen sei vielmehr eine blühende Industrie entstanden und die zahlreiche Bevölkerung wäre arbeitssam und königstreu. Ja, die Treue bewahre es dem Herrscher in dem Herzen. Unser Kaiser sei ein guter Landesvater, der für alle seine Unterthanen ohne Unterschied des Standes und der Konfession sorge und vor allem uns den Frieden, dauernd zu erhalten suche. Andere Nationen hätten schon ausgerufen: Bewahret Eueren Kaiser, sonst stehlen wir ihn und machen ihn zu unseren Kaiser. Redner schloß mit einem jubelnden hoch auf Kaiser Wilhem II. und seine erlauchte Gemahlin, Kaiserin Augusta Viktoria.
Es folgte hieran anschließend das gemeinschaftliche Lied: „Vater, kröne Du mit Segen unsern König und sein Haus“, alsdann erhob sich Herr Superintendent Bramesfeld und ließ die Kirchengemeinde Baukau leben.
Herr Pastor Niedermeier feierte Herrn Generalsuperintendent Nebe. Herr Superintendent Daniels brachte dem hiesigen Presbyterium, insbesondere dem hiesigen Kirchenältesten, Herrn Hauptlehrer Hegenberg, ein Hoch.
„Herr Pfarrer von Martitz aus Herne bemerkte, daß die Muttergemeinde, ihrer Tochter Baukau eine gute Aussteuer mitgegeben habe. Und daß die Mutter noch liebend an der Tochter hänge, das beweise die Anwesenheit so vieler Herner an dem heutigen Feste. Die Geistlichkeit sei durch drei Pfarrer und sechs Hülfsprediger vertreten. (Heiterkeit.) Er toastete auf das fernere treue Zusammenhalten der Gemeinden Baukau und Herne.
Herr Pfarrer Albers gab dem Wunsche Ausdruck, daß das bisherige freundliche Verhältnis zwischen der Mutter= und Tochter=Gemeinde für alle Zeiten bestehen bleiben möge und leerte daraufhin sein Glas.
Herr Hauptlehrer Hegenberg gedacht in humorvollen Worten der Gemeinde Herne, Herr Ober=Materialien=Verwalter Meiß des Frauenvereins und Herr Pfarrer Leich-Gelsenkirchen ließ den evangl. Arbeiterverein und den Kirchenchor leben. Herr Pastor Niedermeier endlich brachte noch den Baumeistern der Kirche und den Mitarbeitern ein Hoch.
An das Festessen schloss sich eine allgemeine Feier mit Ansprachen und Gefängen. Auch hieran nahm die Gemeinde regen Anteil. Der heutige Festtag wird für alle Eingesessenen ein Tag freudigen Gedenkens sein.
Dieser Text ist im Originalwortlaut abgedruckt. Kleine Veränderungen in der Rechtschreibung und evtl. mit wenigen Anmerkungen versehen, vorbehalten.
Daher möchten wir zur Beachtung stellen: |
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