1963 - Statistische Erhebung der EWG
Statistiker der EWG blickten Frau Schulze in den Brotkorb
Kaufkraft 1963 im Europa der sechs wird erfragt
Wieviel gibt die Familie Dupon für die täglichen Bedürfnisse des Lebens aus, wieviel die Familie Schulze, die Familie van der Straaten oder die Familie Marcinelli? Dafür interessiert sich nicht allein die Nachbarin, sondern auch die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft. Sie stellt regelmäßig fest, wieviel in den „Warenkorb" einer Durchschnittsfamilie in den einzelnen Ländern der sechs hineinpaßt. Wie hoch der „Brotkorb" hängt, das richtet sich nach dem Verdienst und den Preisen. Das europäische statistische Amt in Brüssel prüft durch Testumfragen in Zusammenarbeit mit den einzelnen nationalen und ausgesuchten örtlichen Ämtern die Lebenshaltungskosten. Gestern weilte eine Gruppe von fünf Damen und Herren, die in Deutschland, Belgien, den Niederlanden und in Italien zu Hause sind, in Herne, um eine neue Erhebung für die Europastatistik der EWG durchzuführen. Erfragt wurden die Preise bestimmter Waren und gleicher Qualität bei Textilien, Lebensmitteln und Hausrat.
Diese Erhebergruppe besucht alle sechs EWG-Länder und sammelt mehr als 30 000 Preise von 200 Waren und Dienstleistungen.
Da interessieren z. B. die Preise für Butter, Nudeln, Anzüge, Waschmaschinen, Fernsehapparate, Möbel usw. Etwa vier Monate sind die Interviewer unterwegs. Insgesamt sucht das Team innerhalb der EWG 62 Städte auf, in Nordrhein-Westfalen vier. Die ausgesuchten Städte geben den Repräsentativdurchschnitt des jeweiligen Landes bzw. Staates.
Bevor die Befrager in Europas Lande ihre Befragung begännen, wurden in umfangreichen, teils mit Hilfe von Wissenschaftlern, Vorarbeiten der Fragenkomplexe genau ausgearbeitet. Die Geschäfte in den einzelnen Städten werden vom örtlichen statistischen Amt benannt. Es sind „normale" Geschäfte, in denen etwa 75 Prozent aller Arbeitnehmer ihre täglichen Einkäufe erledigen.
In Brüssel werden die gesammelten Preise beim europäischen statistischen Amt ausgewertet. Das Zahlenrohmaterial aus den einzelnen Ländern wird nach einem bestimmten Schlüssel durch Rechenmaschinen gejagt und schließlich auf einen einheitlichen Währungsnenner gebracht. Daraus ist die Kaufkraft in den einzelnen Ländern abzulesen und zu vergleichen.[1]
.Statistiker erfragen Preise
Erhebung in Herne — Freundliches Entgegenkommen
Seit August sind drei Erhebergruppen des Europäischen Statistischen Amtes unterwegs: Sie erfragen in 62 Städten der Länder der Europäischen Gemeinschaft die Preise für Verbrauchsgüter. Montag weilte die Kommission in Herne, besuchte etwa 30 Geschäfte, um die Preise von 200 Waren und Dienstleistungen zu erfahren.
„Wir sind überall zuvorkommend aufgenommen und freundlich behandelt worden", stellten die Erheber — Damen und Herren aus Belgien, Italien, Holland und Deutschland — vor der Presse fest. Das Statistische Amt der Stadt Herne hatte vorgearbeitet: Die Inhaber der in Frage kommenden Geschäfte waren rechtzeitig und ausführlich über den Sinn dieser Aktion unterrichtet worden.
Mit ihr soll die Kaufkraft in den verschiedenen Ländern der Europäischen Gemeinschaft ermittelt werden, genügt es bei einem Einkommensvergleich doch nicht, nur die Löhne und Gehälter zu berücksichtigen. Nur wenn Löhne und Preise gegenübergestellt werden, kann die echte Kaufkraftparität erkannt werden. Die Erhebung — in Nordrhein Westfalen wird sie außerdem noch in Aachen, Bielefeld und Essen durchgeführt — beschränkte sich auf Textilien, Lebensmittel und Hausrat. Dabei wurde natürlich Wert darauf gelegt, qualitätsmäßig vergleichbare Waren zu erfassen. Das ist bei verschiedenen Warengruppen — Elektrogeräte zum Beispiel — gar nicht schwer, da vielfach dieselben Marken in den verschiedenen Ländern angeboten werden.
„Diese Erhebung ist nur der erste Schritt zu einer größeren Arbeit", erklärten die Experten. „Sie hilft entscheidend mit, eine Übersicht über das Realeinkommen in den Ländern der Europäischen Gemeinschaft zu bekommen." [2]
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