105 Jahre alt geworden (Herner Anzeiger 1936)
Am 19. Dezember 1936 wurde im "Herner Anzeiger" folgender Artikel über alte Herner veröffentlicht, welchen wir hier gerne wiedergeben.[1]
105 Jahre alt geworden
Rüstig bis in die letzten Tage.—„Er aß die gröbste Kost...“
Langlebige Herner in alter Zeit.
Wenn man in den alten Herner Kirchenbüchern blättert, findet man immer wieder eine starke Sterblichkeit unter den Kindern. Daneben aber steht eine erstaunliche Langlebigkeit der Alten. Mancher ist über 80, ja über 90 Jahre alt geworden. Den Rekord aber hält ein Mann, der das geradezu sensationelle Alter von 105 Jahren erreicht hat. Es war Jörgen (—Georg) Spithaut auf der Becke. (Die hier gemeinte Becke ist der Ostbach. Der Spithauts Kotten liegt noch heute an dem Wege von der Schillerstraße nach Sodingen, der früheren Lessingstraße.) Sein Tod ist, da damals gerade ein neues Kirchenbuch angelegt wurde, zweimal eingetragen, in dem alten und dem neuen Kirchenbuch. In dem neuen heißt es: „Ist Jörgen Spithaudt auf der Becke, Bauerschaft Sodingen, ein Bauer den 5. Juni 1765 gestorben nach außage der Verwandten 105 Jahre alt.“ Unter Art der Krankheit ist vermerkt: „Ist nicht zu benennen, weil er nicht bettlägerig krank, sondern ein paar Tage vorher etwas schwächlich gewesen.“ Daß ein so hohes Alter auch bei den Zeitgenossen großes Aufsehen erregte und die Frage aufkommen ließ: Wie hat der Mann nur so alt werden können?, beweist eine Bemerkung, die der Pastor im alten Kirchenbuch an die Eintragung von der am 7. Juni 1765 erfolgten Beerdigung des alten Jörgen Spithaudt angefügt hat. Er schreibt:„Die umstände seines lebens betrafen, sind vor anderen vorzüglich;
Er aß die grobste Kost biß kurtz vor seinem letzten Ende, Sein gedächtniß, und gesichte(d. s. die Augen) war noch ziemlich gut. Seine beine wurden aver schwach, seinen cörper länger zu tragen und ist also sanfft und ruhig in dem Hern endschlafen.“
Indes ist der alte Jörgen Spithaut nicht der einzige gewesen, der länger als ein Jahrhundert auf dieser Erde geweilt hat. Im Jahre 1684 starb die alte Frau Dux (vom Steinweg) im Alter von 102 Jahren. Die Eintragung über ihre Beerdigung lautet:„1684 d. 3. febr. Catharina, vidua (— Witwe) Sehl. Henrichen Duxes zu Herne, ao aetat.(— im Jahre ihres Alters) 102, viduitatis (— ihrer Witwenschaft) 62.“ Sie war demnach 1582 geboren und hatte den ganzen Dreißigjährigen Krieg, soweit er seine Kriegsvölker auch in unsere Gegend führte, miterlebt. Im Jahre 1622, als sie 40 Jahre alt war, verlor sie ihren Gatten, den Heinrich Dux, und lebte dann noch 62 Jahre in der Witwenschaft.
Ebenfalls 102 Jahre alt ist eine andere Frau aus dem Kirchspiel Herne geworden, die „alte Gartmannsche, die am 10. November 1706 begraben wurde. Sie hatte, wie ihr Name besagt, einen Gartmann von Hiltrop geheiratet. Auch sie hat, da sie 1604 geboren war, den ganzen Dreißigjährigen Krieg miterlebt und davon noch zwei nachfolgenden Generationen aus eigener Anschauung berichten können.
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