Karl la Roche: Unterschied zwischen den Versionen

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*Fund von Gertrud Frohberger, Herne (25. Juli 2014)
*Fund von Gertrud Frohberger, Herne (25. Juli 2014)
Ein Prozeß, der lebhaft an die Affaire der königlichen Ceremonienmeister Freiherren von Kotze<ref>Die Kotze-Affäre war ein Skandal um den deutschen Kaiserhof Ende des 19. Jahrhunderts. Dabei wurden ab 1891 mehrere Mitglieder der adligen Hofgesellschaft und der Familie Wilhelms II. in anonymen Briefen sexueller Ausschweifungen beschuldigt.</ref> und von Schräder und an den Prozeß wider das Ehepaar Kracht in Detmold erinnert, begann kürzlich vor der Strafkammer des Königlichen Landgerichts in Bochum. Auf der Anklagebank erscheint eine den besten Gesellschaftskreisen angehörende Dame, die Gattin des Amtsmannes Dr. de la Roche aus Baukau bei Herne. Die Vorgeschichte des Prozesses folgender:<br/>
Ein Prozeß, der lebhaft an die Affaire der königlichen Ceremonienmeister Freiherren von Kotze<ref>Die Kotze-Affäre war ein Skandal um den deutschen Kaiserhof Ende des 19. Jahrhunderts. Dabei wurden ab 1891 mehrere Mitglieder der adligen Hofgesellschaft und der Familie Wilhelms II. in anonymen Briefen sexueller Ausschweifungen beschuldigt.</ref> und von Schräder und an den Prozeß wider das Ehepaar Kracht in Detmold erinnert, begann kürzlich vor der Strafkammer des Königlichen Landgerichts in Bochum. Auf der Anklagebank erscheint eine den besten Gesellschaftskreisen angehörende Dame, die Gattin des Amtsmannes Dr. de la Roche aus Baukau bei Herne. Die Vorgeschichte des Prozesses folgender:<br/>
In den Jahren 1903 und 1904 wurden die vornehmsten Familien der Stadt Herne mit anonymen Briefen unfläthigen Inhalts geradezu über schüttet. In einem der Briefe heißt es: „Die Devise der Frau Dyckerhoff ist, erst die Leute auszunützen, und dann einen Fußtritt geben. Da sieht die Frau la Roche wieder, was Frau Dyckerhoff für eine gutmüthige Frau ist. Pfui Deiwell Gott sei bei uns! Sie macht anderer Leute Ansicht zu ihrer eigenen." In einem andere Briefe heisst es: „Gustav im Glück. - Gustav und Minka fühlen sich seit einiger Zeit vernachlässigt, sie einigten sich, ihre Popularität durch eine Einladung zu einer Bowle Engros aufzufrischen. Gethan mußte unter allen Umständen etwas werde. Hundert und fünf Einladungen flattern in alle Winde. Alle Welt spricht von dem Gartenfeste und den vielen Einladungen. Hinz und Kunz, Fritz und Franz, die Paula und die Maula als noch so faula - im großen Ramsch wird alles abgetanzt. Ob Diner, Souper, ob Kaffee oder Thee, bei Saubergs geht alles einfach per See. Man staunt, man munkelt, man spricht es laut, daß man von Absagen sei erbaut. Ein großer Theil geht ans Sensation, hofft man doch neue Attraktion. Der seit längerer Zeit in Zurückgezogenheit lebende Hofnarr — genannt der schöne Paul - trat mit frischen Kräften auf. Das Herner Stadttheater = Personal war vollständig da."
In den Jahren 1903 und 1904 wurden die vornehmsten Familien der Stadt Herne mit anonymen Briefen unfläthigen Inhalts geradezu über schüttet. In einem der Briefe heißt es: „Die Devise der [[Traugott Wilhelm Dyckerhoff|Frau Dyckerhoff]] ist, erst die Leute auszunützen, und dann einen Fußtritt geben. Da sieht die Frau la Roche wieder, was Frau Dyckerhoff für eine gutmüthige Frau ist. Pfui Deiwell Gott sei bei uns! Sie macht anderer Leute Ansicht zu ihrer eigenen." In einem andere Briefe heisst es: „Gustav im Glück. - Gustav und Minka fühlen sich seit einiger Zeit vernachlässigt, sie einigten sich, ihre Popularität durch eine Einladung zu einer Bowle Engros aufzufrischen. Gethan mußte unter allen Umständen etwas werde. Hundert und fünf Einladungen flattern in alle Winde. Alle Welt spricht von dem Gartenfeste und den vielen Einladungen. Hinz und Kunz, Fritz und Franz, die Paula und die Maula als noch so faula - im großen Ramsch wird alles abgetanzt. Ob Diner, Souper, ob Kaffee oder Thee, bei Saubergs geht alles einfach per See. Man staunt, man munkelt, man spricht es laut, daß man von Absagen sei erbaut. Ein großer Theil geht ans Sensation, hofft man doch neue Attraktion. Der seit längerer Zeit in Zurückgezogenheit lebende Hofnarr — genannt der schöne Paul - trat mit frischen Kräften auf. Das Herner Stadttheater = Personal war vollständig da."
Die Briefe, welche selbstverständlich großen Aerger erregten, sollen sämmtlich von ein und derselben Hand geschrieben sein. Der Verdacht lenkte sich schließlich auf Frau de la Roche. Die Adressaten und Adressatinnen stellten schließlich Strafantrag. Frau Dr. de la Roche hat sich daher wegen Beleidigung auf Grund der Paragraphen 17 und 71 des Strafgesetzbuches vor dem Gerichtshöfe zu verantworten. Der erste Verhandlungstag begann mit der Vernehmung der Angeklagten, die entschieden bestreitet, die anonymen Briefe geschrieben zu haben, die im weiteren Verlaufe der Verhandlungen vorgelesen wurden.
Die Briefe, welche selbstverständlich großen Aerger erregten, sollen sämmtlich von ein und derselben Hand geschrieben sein. Der Verdacht lenkte sich schließlich auf Frau de la Roche. Die Adressaten und Adressatinnen stellten schließlich Strafantrag. Frau Dr. de la Roche hat sich daher wegen Beleidigung auf Grund der Paragraphen 17 und 71 des Strafgesetzbuches vor dem Gerichtshöfe zu verantworten. Der erste Verhandlungstag begann mit der Vernehmung der Angeklagten, die entschieden bestreitet, die anonymen Briefe geschrieben zu haben, die im weiteren Verlaufe der Verhandlungen vorgelesen wurden.
Nach einer kurzen Pause wird auf Vorschlag des Vorsitzenden zunächst eine ärmlich gekleidete ältere Frau, Namens Merklet, als Zeugin vernommen, da diese an den folgenden Tagen nicht vor Gericht erscheinen kann: Ich habe der Frau Rektor Schulte in Herne oftmals Gemüse gebracht. Frau Rektor Schulte klagte mir einige Male: sie bekomme mehrfach anonyme Briefe; sie weinte dabei. Auf meine Frage, wer die Briefe wohl schreibe, sagte Frau Schulte: Ich vermuthe, ein Freund meines Sohnes hat die Briefe geschrieben. Im August 1904 kam ich wieder zu Frau Schulte; da weinte Frau Schulte heftig und sagte: „Wenn Sie mir versprechen, daß Sie schweigen wollen, will ich Ihnen anvertrauen." Ich versprach der Frau Schulte, das Geheimnis; zu wahren. Da sagte Frau Schulte: Ich habe alle die anonymen Briefe geschrieben. Es scheint auch schon ein Verdacht auf mich gefallen zu sein, der Hr. Bürgermeister Schäfer
Nach einer kurzen Pause wird auf Vorschlag des Vorsitzenden zunächst eine ärmlich gekleidete ältere Frau, Namens Merklet, als Zeugin vernommen, da diese an den folgenden Tagen nicht vor Gericht erscheinen kann: Ich habe der Frau Rektor Schulte in Herne oftmals Gemüse gebracht. Frau Rektor Schulte klagte mir einige Male: sie bekomme mehrfach anonyme Briefe; sie weinte dabei. Auf meine Frage, wer die Briefe wohl schreibe, sagte Frau Schulte: Ich vermuthe, ein Freund meines Sohnes hat die Briefe geschrieben. Im August 1904 kam ich wieder zu Frau Schulte; da weinte Frau Schulte heftig und sagte: „Wenn Sie mir versprechen, daß Sie schweigen wollen, will ich Ihnen anvertrauen." Ich versprach der Frau Schulte, das Geheimnis; zu wahren. Da sagte Frau Schulte: Ich habe alle die anonymen Briefe geschrieben. Es scheint auch schon ein Verdacht auf mich gefallen zu sein, der Hr. Bürgermeister Schäfer

Version vom 11. Oktober 2015, 13:05 Uhr

Amtmann Karl la Roche, Karikatur, 1908.jpg

Dr. Phil. wurde am 1. April 1897 zum Amtmann von Baukau bestellt, ein Amt, das er bis zur Eingemeindung Baukaus am 1. April 1908 nach Herne behielt.

Von 1919 bis zum 31. März 1925 übte er das Amt des Steuerdirektors bei der Stadt Herne aus.

Während seiner elfjährigen Tätigkeit in Baukau spielte er eine wichtige Rolle bei den Eingemeindungsgesprächen mit den Herner Stadtverordneten und dem damaligen Oberbürgermeister Schaefer. Zitat Jürgen Hagen: Amtmann la Roche soll - im Gegensatz zu vielen Baukauer Bürgern und den Verwaltungsbeamten - entschiedener Gegner einer Eingemeindung gewesen sein. Mit seinen Getreuen - Baukauer Pohlbürgern und Bauern - konnte er die bereits für 1905 geplante Eingemeindung verhindern. Am 01.04.1908 war er aber schließlich entthront. Dem bis zum 01.10.1907 im Amt stehenden Herner Oberbürgermeister Hermann Schaefer (Nachfolger: Dr. Karl Büren), der bereits 1903 im vertrautem Kreise eine Eingemeindungsabsicht von Baukau erwähnt haben soll, soll la Roche feindlich gegenüber gestanden haben. Gut möglich also, dass die Gattin von Karl la Roche mit anonymen Schreiben an die "bessere Herner und Baukauer Gesellschaft" ihrem Mann beistehen wollte. Aber das ist wirklich nur reine Spekulation.

Genealogische Anmerkungen

  • Eltern:
    • Johann Anton LA ROCHE (* Beverungen 1825, ✝ Gelsenkirchen 1903) und Wilhemine Sophia BROCKMANN (* 1825)
    • (als 5. von 10 Kindern)
      • Karl la Roche (* 10. März 1859 in Jakobsberg, Kreis Höxter, ✝ 1. Januar 1926 in Herne)
      • oo
      • Lina Unruh, ✝ nach 1926
        • Kinder:
        • Friedrich Karl la Roche, ✝ 3. September 1926 Herne;
        • Tochter N. la Roche

Frau la-Roche hatte einige Probleme mit den Herner Honorationen:

Wieder kommt in Deutschland eine anonyme Briefschreiberin vor Gericht. Am 27. November gelangt vor der Bochumer Strafkammer ein Beleidigungsprozeß zur Verhandlung, der große Aehnlichkeit mit der Lemgoer Briefaffäre hat. Angeklagt ist die Gattin des Amtmanns von Bankau bei Herne Frau de la Roche. Die anonymen Briefe, in denen die Beleidigungen enthalten sind, waren an die Adressen angesehener Mitglieder der Herner und Baukauer besseren Gesellschaft gerichtet. Für die Verhandlung sind mehrere Tage in Aussicht genommen.[1]

Der deutsche Correspondent (Baltimore) , 6. April 1906, Wochenausgabe, Seite 6,1

Anonyme Briefe vor Gericht.

  • Fund von Gertrud Frohberger, Herne (25. Juli 2014)

Ein Prozeß, der lebhaft an die Affaire der königlichen Ceremonienmeister Freiherren von Kotze[2] und von Schräder und an den Prozeß wider das Ehepaar Kracht in Detmold erinnert, begann kürzlich vor der Strafkammer des Königlichen Landgerichts in Bochum. Auf der Anklagebank erscheint eine den besten Gesellschaftskreisen angehörende Dame, die Gattin des Amtsmannes Dr. de la Roche aus Baukau bei Herne. Die Vorgeschichte des Prozesses folgender:
In den Jahren 1903 und 1904 wurden die vornehmsten Familien der Stadt Herne mit anonymen Briefen unfläthigen Inhalts geradezu über schüttet. In einem der Briefe heißt es: „Die Devise der Frau Dyckerhoff ist, erst die Leute auszunützen, und dann einen Fußtritt geben. Da sieht die Frau la Roche wieder, was Frau Dyckerhoff für eine gutmüthige Frau ist. Pfui Deiwell Gott sei bei uns! Sie macht anderer Leute Ansicht zu ihrer eigenen." In einem andere Briefe heisst es: „Gustav im Glück. - Gustav und Minka fühlen sich seit einiger Zeit vernachlässigt, sie einigten sich, ihre Popularität durch eine Einladung zu einer Bowle Engros aufzufrischen. Gethan mußte unter allen Umständen etwas werde. Hundert und fünf Einladungen flattern in alle Winde. Alle Welt spricht von dem Gartenfeste und den vielen Einladungen. Hinz und Kunz, Fritz und Franz, die Paula und die Maula als noch so faula - im großen Ramsch wird alles abgetanzt. Ob Diner, Souper, ob Kaffee oder Thee, bei Saubergs geht alles einfach per See. Man staunt, man munkelt, man spricht es laut, daß man von Absagen sei erbaut. Ein großer Theil geht ans Sensation, hofft man doch neue Attraktion. Der seit längerer Zeit in Zurückgezogenheit lebende Hofnarr — genannt der schöne Paul - trat mit frischen Kräften auf. Das Herner Stadttheater = Personal war vollständig da." Die Briefe, welche selbstverständlich großen Aerger erregten, sollen sämmtlich von ein und derselben Hand geschrieben sein. Der Verdacht lenkte sich schließlich auf Frau de la Roche. Die Adressaten und Adressatinnen stellten schließlich Strafantrag. Frau Dr. de la Roche hat sich daher wegen Beleidigung auf Grund der Paragraphen 17 und 71 des Strafgesetzbuches vor dem Gerichtshöfe zu verantworten. Der erste Verhandlungstag begann mit der Vernehmung der Angeklagten, die entschieden bestreitet, die anonymen Briefe geschrieben zu haben, die im weiteren Verlaufe der Verhandlungen vorgelesen wurden. Nach einer kurzen Pause wird auf Vorschlag des Vorsitzenden zunächst eine ärmlich gekleidete ältere Frau, Namens Merklet, als Zeugin vernommen, da diese an den folgenden Tagen nicht vor Gericht erscheinen kann: Ich habe der Frau Rektor Schulte in Herne oftmals Gemüse gebracht. Frau Rektor Schulte klagte mir einige Male: sie bekomme mehrfach anonyme Briefe; sie weinte dabei. Auf meine Frage, wer die Briefe wohl schreibe, sagte Frau Schulte: Ich vermuthe, ein Freund meines Sohnes hat die Briefe geschrieben. Im August 1904 kam ich wieder zu Frau Schulte; da weinte Frau Schulte heftig und sagte: „Wenn Sie mir versprechen, daß Sie schweigen wollen, will ich Ihnen anvertrauen." Ich versprach der Frau Schulte, das Geheimnis; zu wahren. Da sagte Frau Schulte: Ich habe alle die anonymen Briefe geschrieben. Es scheint auch schon ein Verdacht auf mich gefallen zu sein, der Hr. Bürgermeister Schäfer ging gestern an unserem Hause vorüber, grüßte mich aber nicht. Ich kann es nicht mehr länger mit ansehe, das; Frau Dr. La Roche unschuldig leidet, mein Gewissen lässt mir keine Ruhe. Entweder ums ich jetzt in's Gefängnis; oder in den Tod! Ich sagte: Da wird Ihnen doch der Herr Rektor helfen können. Nein, der kann auch nicht helfen, versetzte Frau Schulte. Nach diesem Zwischenfall werden noch einige anonyme Briefe verlesen und dann die Zeugenvernehmung begonnen, wobei Rechtsanwalt Hölscher (Herne) die feste Vermuthung ausspricht, das; nur die angeklagte; Frau de la Roche die Schreiberin der anonymen Briefe sein könne. Nach viele Zeugenvernehmungen wurde am vierten Verhandlungstage Frau de la Roche als Schreiberin der anonymen Briefe schuldig befunden und wegen Beleidigung in acht Fällen zu drei Monaten Gefängnis; verurtheilt. Der Staatsanwalt hatte für jeden Fall 300 Mark Geldstrafe beantragt, das Gericht verhängte abereine schärfere Strafe. Die Angeklagte legte gegen das Urtheil Revision ein.[3]

Einzelnachweise

  1. Indiana Tribüne, Volume 29, Number 82, 28 November 1905
  2. Die Kotze-Affäre war ein Skandal um den deutschen Kaiserhof Ende des 19. Jahrhunderts. Dabei wurden ab 1891 mehrere Mitglieder der adligen Hofgesellschaft und der Familie Wilhelms II. in anonymen Briefen sexueller Ausschweifungen beschuldigt.
  3. Der deutsche Correspondent., April 06, 1906, Wochenausgabe, Page 6, Image 6