Der Hof Bergelmann - Teil 1

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel

Herner Anzeiger, Leo Reiners, 18. April [[1936]

Der Hof Bergelmann - Sein Verhältnis zum Reichshof Castrop. - Eine mindestens 1100jährige Geschichte.

Mitten im Behördenviertel liegt heute ein einsamer Zeuge aus einem anderen Herne, der Hof Bergelmann. Keiner der in Herne aus der dörflichen Zeit erhalten gebliebenen Bauernhöfe ist so vom Verkehr des großstädtischen Lebens umbrandet wie er. Keiner wird daher auch so viel beachtet, zumal sein Inschriftenverziertes Deelentor als ein ständiges Buchstabenrätzel die Aufmerksamkeit der Vorübergehenden auf sich lenkt.

Von diesem Hofe und der Geschichte seines Geschlechtes sei heute die Rede, da uns unsere topographisch geordnete Behandlung des alten Herne jetzt von der zuletzt besprocheneen Bahnhofstraße mit ihren Nebensträßen in das westliche Stadtgebiet führt.

Der Hof liegt auf der östlichen Höhe des Westbachtales, auf dessen Westufer der Hof Rensinghoff lag. Benachtbart waren ihm die Höfe des kleinen und großen Overkamp, denen auf der westlichen Höhe des Westbachufers der Hof Sengenhoff [Vgl. Am Sengenhoff ] entsprach. (Diese Lage auf den Höhen der Bachaue ist heute noch gut an der Shamrockstraße zu erkennen, die zwischen Kronprinzen= und Courrièresstraße eine tiefe Senke bildet, an deren tiefsten Stelle [ Hermann-Göring-Straße ] der Westbach [heute unterirdisch] fließt.) Die Lage des Bergelmannschen Hofes war auch insofern bemerkenswert, als dafür der Abhang des Emschertales ausgewählt war, der am besten in der Steigung der Bahnhofstraße von der Behrensstraße bis zur evgl. Kirche erkennbar ist. Auch auf dem Wege vom Adolf-Hitler-Platz, der erheblich angeschüttet ist (man entsinne sich nur des tief gelegenen Wiesengrundes, in dem heute Polizeiamt und Sparkasse stehen) durch die Kronprinzenstraße zur Shamrockstraße hin erkennt man den genannten Abhang, auf dessen Höhe die beiden Overkamp lagen. Der Bergelmannsche Hof ist also nach besonderer Ueberlegung an die jetzige übersichtliche, wassergeschützte und wasserbenachbarte Stelle gesetzt worden. Das muß zu einer Zeit gewesen sein, wo solche Gesichtspunkte für die Ansiedlung den ausschlag gaben. In der Tat gehört der Bergelmannsche Hof zu den ganz alten Herner Höfen. Zum ersten Male ist er im Jahre 1486 im Märkischen Schatzbuch urkundlich genannt. Allerdings erscheint er dort in der Form "Berthelman". Dieser Berthelman hatte 5 Gulden Steuer zu zahlen. "Berthelmans soen" saß damals "op des Kluseners guet" und war zu 2 Gulden veranlagt. Das es sich bei "Berthelman" um unseren Bergelmann handelt, geht daraus hervor, daß "Berthelman" und sein Sohn nicht unter Herne, sondern unter Gericht und Hof Castrop aufgeführt werden und zwar mit Overkamp und anderen zusammmen als "Haefslude tot Herne". Der Hof "Berthelman" gehörte also zu Hofesverband Castrop. Nur 34 Jahre später ([[1520))) erscheint in einer Urkunde des Herzogs Johann von Cleve, in der die Gerechtigkeiten und Gewohnheiten des Hofes Castrop bestätigt werden, unter den "havesluyde" der Name "Bergelman". Es handelt sich also bei beiden Namensformen um denselben Hof.

Die Tatsache, daß der Bergelmannsche Hof zum Reichshof Castrop gehörte, läßt den Rückschluß zu, daß er in die germanische Zeit zurückreicht. Um das zu begründen, bedarf es einer näheren Erläuterung. In der Zeit der bäuerlichen Selbstständigkeit, als noch nicht die Adeligen die BAuern in Abhängigkeit gebracht hatten, bestanden - in auswirkung des germanischen Prinzops vom frei gewählten Führer und vom Volksgericht - als Zusammenschluß der freien Bauern die Hofesverbände mit einem Oberhof, auf dem der Hofesrichter saß, und einem Hofesgericht, vor dem die Hofesangelegenheiten der Mitglieder behandelt wurden.