25jähriges Bestehen des Kgl. Amtsgerichts Herne (01. Oktober 1917)

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel
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Am 1. Oktober 1917 widmete der Herner Anzeiger einen besonderen Artikel über das 25jährige Bestehen des Herner Amtsgerichtes und seiner Geschichte..[1].

25jähriges Bestehen des
Kgl. Amtsgerichts Herne und
Kgl. Landgerichts Bochum.


Wie wir hören, findet aus Anlaß des 25jährigen Bestehens des Kgl. Amtsgerichts Herne heute im hiefigen Schöffengerichts=Sitzungssaale eine geschlossene Gedenkfeier unter Leitung des anssichtsführenden Richters, Herrn Amtsgerichtsrats van Hengel statt, an der außer sämtlichen anwesenden Richtern und der übrigen Gerichtsbeamten die hiesigen Rechtsanwälte und der Vertreter der Kgl. Amtsanwaltschaft teilnehmen werden. Eine ähnliche „Festsitzung wird aus dem gleichen Anlass heute im Schwurgerichtssaale des Kgl. Landgerichts Bochum abgehalten werden.

Aus Anlass des Doppeljubiläums haben wir nebenstehend einen kurzen Rückblick aus die Entwicklungsgeschichte unseres heimischen Gerichtswesens geworfen, wobei wir als Quellen u. a. die von Herrn Oberbürgermeister a. D. Schaefer — Darmstadt anlässlich der Herner Rathauseinweihung im Jahre 1912 verfasste Chronik benutzt haben.

25 Jahre Königliches Amtsgericht Herne.

Am heutigen Tage kann das Königliche Amtsgericht Herne auf ein 25 jähriges Bestehen zurückblicken. Heute vor 25 Jahren, am 1. Oktober 1892, öffnete das Königliche Amtsgerichtsgebäude auf der Bahnhofstraße seine Pforten und wurde hier zum erstenmale Recht gesprochen im Namen des Königs.

Wenn es auch beim Fiskus im Allgemeinen nicht üblich ist, derartige Erinnerungstage nach außen hin besonders zu würdigen, halten wir es für Chronistenpflicht, an diesem Markstein in der Entwickelung unserer Stadt zu verweilen und einen Blick rückwärts zu weisen auf den Weg, den unser heimisches Gerichtswesen in dieser Zeit durchschritten bat. Und dieser Rückblick wird uns zeigen, dass die Entwickelung, die unser Kgl. Amtsgericht Herne genommen, ein getreues Spiegelbild des Wachsens und Werdens unserer Heimatstadt selbst ist.

Herne ist bekanntlich eine Schöpfung der letzten 4—5 Jahrzehnte, und war vor dem Einzug der Industrie als winziges Ackerdorf nur durch den alten Rittersitz Strünkede nach außen bekannt. Als die Herren von Strünkede später Lehensmänner der Grafen von Cleve wurden, übte die Gerichtsbarkeit in Kriminal= und Gerichtssachen ein besonderer Richter des Gerichts Strünkede aus, der in Bochum, dem Sitz des märkischen Amts= und Gaugerichts, sesshaft war. Bei Einführung des Allgemeinen Landrechts in Preußen im Jahre 1794, endete die Zugehörigkeit von Herne zum Gerichtsbezirk Strünkede. Herne verblieb beim Gericht Bochum, dem Kreisgericht und später, seit 1879, dem Amtsgericht. Die zweite Instanz, das Landgericht, befand sich in Essen, bis im Jahre 1892 Bochum auch ein Landgericht bekam. Mit dem Anschwellen der Bevölkerung von Herne wurde hier der Wunsch laut, ein Königliches Amtsgericht nach Herne zu bekommen. Der damalige Amtmann von Bock und Polach, der von 1877-1879 das Amt Herne verwaltete, unternahm dahinzielende, jedoch erfolglos gebliebene Schritte. Sein Nachfolger, der spätere erste Herner Bürgermeister, jetzige Oberbürgermeister a. D Schäfer, griff 1886 den Gedanken wieder auf.

Es stand zu erwarten, dass die Stadt Bochum Einspruch gegen die Herner Bestrebungen erheben würde, denn es konnte Bochum nicht gleichgültig sein, den lebhaften Verkehr von Herne nach Bochum zum Amtsgericht und somit auch zu den Geschäften in Bochum, zu verlieren. Nun strebte damals Bochum an, Sitz eines Landgerichts zu werden, zu dessen Bezirk auch Herne gehören sollte. Amtmann Schäfer erklärte den maßgebenden Personen in Bochum, er werde die dortigen Wünsch= unterstützen unter der Bedingung, dass Bochum den Hernern keine Schwierigkeiten bereiten würde bei dem Streben nach Errichtung eines Amtsgerichts in Herne. Man einigte sich auf dieser Grundlage. Beiderseits wurde die Verabredung durchgeführt.

Nun setzte von der Herner Verwaltung aus eine lebhafte mündliche und schriftliche Agitation, bis hinauf zu den Ministern, sowie beim Abgeordnetenhause ein.

Hervorragend freundliches Eingehen auf die Herner Wünsche zeigte Excellenz Falk[2], damaliger Chef=Präsident in Hamm. Er kam am 6. Juni 1887 persönlich nach Herne. Auf seinen Rat beschloss die Gemeinde=Vertretung dem Fiskus einen Bauplatz zur Verfügung zu stellen, das Gerichtsgebäude zu errichten und an den Fiskus zu verpachten. Der Justizminister verlangte demnächst weiterhin, dass Herne als Miete nur 4% für den Bau - ohne den Grundstückswert — fordern dürfe, auch die Ausbesserungskosten des Gebäudes tragen müsse und dass zwar dem Fiskus, nicht aber der Gemeinde, ein Kündigungsrecht zustehen solle. Die Gemeinde musste sich nach Lage der Sache mit diesen Forderungen einverstanden erklären.

Nach längeren Verhandlungen wählte der Fiskus als Bauplatz dasjenige Grundstück an der Bahnhofstraße, auf welchem das jetzige Gerichtsgebäude steht.

Am 20. März 1889 erging ein Gesetz[3], nach welchem die Gemeinden Herne, Horsthausen, Baukau und Hiltrop des Amtes Herne, sowie Holsterhausen des Amtes Wanne (das Amt Eickel bestand damals noch nicht) zu einem Amtsgerichtsbezirk Herne vereinigt wurden, unter gleichzeitiger Abtrennung vom Bezirk des Amtsgerichts Bochum. Dieses Gesetz bildete einen gewichtigen Schritt vorwärts in der Entwickelung von Herne.

Am 4. Juni 1889 ließ sich als erster Rechtsanwalt der jetzige Justizrat H[ugo]. Diekmann in Herne nieder; am 1. Juli 1892 der jetzige Justizrat H. Hölscher.

Im Justizministerium wurde eine Bauplanskizze für das zu errichtende Gebäude entworfen und zur Weiterbearbeitung Bauinspektor Kiß[4] und Regierungsbaumeister Bender[5] bestimmt. Es gelang, beiden Beamten dem Wunsche von Herne nachzukommen und dem Gebäude ein besseres architektonisches Aussehen zu geben, als von Berlin aus vorgesehen war. Hingegen hatten die Herner Bestrebengen, das Gebäude größer und auch anbaufähig zu gestalten, nur insofern Erfolg, als man die ursprünglich nur für 2 Richter vorgesehenen Räume so veränderte, dass sie 4 Richter aufnehmen konnten. Die Anbaufähigkeit blieb aber unberücksichtigt.

Die Gemeinde ließ nunmehr den „Gerichtskotten“ in der ihr vorgeschriebenen Form herstellen. Durch Königliche Verordnung vom 9. Mai 1892 wurde bestimmt, dass das Amtsgericht vom 1. Oktober 1892 in Tätigkeit zu treten habe.

So geschah es! Die ersten Richter in Herne war der Amtsrichter Jost[6] und Assessor Schmitz. Der ihnen zugeteilte erste Gerichtsbeamte war der heute noch in voller Rüstigkeit am hiesigen Amtsgericht tätige Herr Rechnungsrat Lefke[7], der gleichzeitig mit dem Amtsgericht Herne heute sein silbernes Ortsjubiläum begeht. Leider wird der Ehrentag dieses im Dienst ergrauter, allgemeine beliebten Beamten durch schwere Schicksalschläge (seine Gattin[8] und ein erwachsener Sohn[9] sanken jüngst innerhalb weniger Tage ins Grab) getrübt.

Aber auch der beiden Senioren der hiesigen Anwaltschaft, der Herren Justizrat Dieckmann und Justizrat Hölscher, seit am heutigen Tage besonders gedacht, die beliebt und geschätzt bei ihren Kollegen und hochgeachtet in der Bürgerschaft, sich seit Bestehen des Amtsgerichts heute noch mit solcher Hingabe und Liebe der Juristerei widmen und dabei noch Zeit finden, im hohen Rate der Stadt ihre reiche Erfahrung auch auf kommunalpolitischen Gebiet in den Dienst der Allgemeinheit zu stellen.

Als vor 25 Jahren das Herner Amtsgericht eröffnet wurde, waren diese beiden Herren, wie erwähnt, die einzigen Rechtsanwälte in Herne. Heute beträgt die Zahl ihrer hier zugelassenen Kollegen 7 (vor dem Kriege 8).

Hier noch ein Ereignis aus der Entwickelung des Amtsgerichts: Bereits im Jahre 1904 war das Gebäude für den Bezirk zu klein geworden. Die Anmietung weiterer Amtsräume machte sich notwendig. Infolgedessen wurden das Vormundschaftsgericht und die Zivilabteilung in einem Privathause an der Schulstraße untergebracht, wo sie sich beute noch befinden.


Wir glauben uns einer Unterlassung schuldig zu machen, wenn wir bei Gelegenheit des heutigen Jubiläums nicht auch der übrigen ersten Herner Gerichtsbeamten gedächten. Außer Herrn Rechnungsrat Leske waren bei der Gründung des Amtsgerichts Herne an diesem tätig die Herren Sekretär Gerz, gleichzeitig Gefängnis=Inspektor, Aktuar Nolle und Gerichtsdiener Grote. Schließlich sei der Vollständigkeit halber auch des 1. Herner Gerichtsvollziehers Luhmann Erwähnung getan.

Unter der Kriegszeit hat auch unser heutiges Jubelkind naturgemäß schwer zu leiden. Die Hälfte seiner Beamtenschaft von befindet sich im Felde, einer von ihnen hat seine Treue zu Kaiser und Reich mit dem Tode besiegelt, ein weiterer wird vermisst. Die ganze Last der Arbeit, Leitung und Verantwortung ruht z. Zt. auf den Schultern des Herrn Amtsgerichtsrat van Heugel, der seit 1905 mit einer kurzen Unterbrechung beim Oberlandesgericht hier tätig ist und seit dem 11. Januar 1910 die Stelle des aufsichtsführenden Richters bekleidet. Seine sämtlichen Amtskollegen, die Amtsrichter Middelanis, Kersken, Sluyter, Hesse und Jonas befinden sich unter den Fahnen. Möge ihnen, wie auch den übrigen Beamten im Felde eine glückliche Heimkehr nach siegreichen Frieden beschieden sein!

25 Jahre sind heute seit der Eröffnung vergangen. Welche Entwickelung das damals mit 2 Richtern gegründete kleine und bescheidene Amtsgericht genommen, zeigt der stolze Bau, der sich heut= auf dem Marktplatz in monumentaler Schönheit als weiteres Wahrzeichen unserer Stadt neben dem neuen Rathause erhebt und der das alte Gerichtsgebäude an Größe, Ausdehnung und Ausstattung um ein Vielfaches übertrifft. Für 10 Richter eingerichtet, und erweiterungsfähig auf 15 Richter, dürfte es auch für die nach dem Kriege zu erwartende Zeit weiterer Entwickelung unseres Bezirks auf Jahrzehnte hinaus genügen. Im Frühjahr des kommenden Jahres hofft man das Gebäude seiner hohen Bestimmung übergeben zu können.

Das alte Herner Rathaus und das alte Gerichtsgebäude der ehemaligen Kleinstadt, im Vergleich dazu die beiden neuen Verwaltungspaläste der werdenden Großstadt: fürwahr, die ganze rapide Entwickelung von Herne in diesen 25 Jahren spiegelt sich hierin wieder!

Gleichzeitig mit dem Königlichen Amtsgericht Herne kann am heutigen Tage auch das mit unserer Stadt in enger Verbindung stehende Königliche Landgericht Bochum auf ein 25jähriges Bestehen zurückblicken. Am 1. Oktober 1892 öffnete auch dieses Gebäude, das sich bekanntlich in der Schillerstraße zu Bochum erhebt, zum ersten Male seine Pforten. Ein gut Stück Herner Gerichtsgeschichte ist auch mit diesem Gebäude verknüpft, weshalb auch dieses Jubiläumstages hier kurz gedacht sei. Der erste Landgerichtspräsident Opdenhoff lebt zur Zeit im Ruhestand in Godesberg. Ihm folgte Präsident Munckel, der im Jahre 1915 gestorben ist. Sein Nachfolger ist der jetzige Landgerichtspräsident Westermann, vordem Landgerichtsdirektor in Köln.


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Quellen

  1. [ https://zeitpunkt.nrw/ulbms/periodical/zoom/21196165 Vgl. Online Quelle auf Zeitpunkt.NRW]
  2. [1]
  3. [2]
  4. Albert Kiss (gest. 1901 in Halle)
  5. [3]
  6. Geheimer Justizrat Gustav Adolph Friedrich August Jost. * 23. August 1856 in Bad Berleburg, + 19.10.1929 in Bensheim-Auerbach. Verh. am 26. Mai 1888 in Dortmund mit Clara Elisabeth Wilhelmine Schroeder (05.06.1864 Dortmund-02.06.1941 Bensheim-Auerbach). 1882 Referendar. 1888 Gerichts-Assessor in Dortmund, 1890 bis vor 1906 erster Amtsrichter in Herne. Im Juni 1918 als Geheimer Justizrat und Landgerichtsdirektor (seit 1906) in Duisburg pensioniert.
  7. Christian Lefke geb. am 27. November 1855 in Rietberg, gest. am 17. Oktober 1928 in Herne.
  8. Johanna geb. Grote (1869-1917)
  9. Christian Lefke jun. (1896-1917)