Die Limburger Lehen der Strünkeder VIII.

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Leo Reiners widmete sich in den Jahren 1938/39 in einer Artikelserie den Limburger Lehen der Strünkede.

Herner Anzeiger
Samstag, den 7. Januar 1939
Nr. 6 (Drittes Blatt)

Die Limburger Lehen der Strünkeder

Der Streit um die Lehnserneuerung geht weiter.- Der Freiherr von Strünkede redet eine deutliche Sprache. Der Regierungsrat in Cleve greift ein.— Erst 1713 kommt die Neubelehnung zustande
VIII.[1]
„Nachdem die von 1702 bis 1704 erfolgten Bemühungen, den Freiherrn Johann Conrad von Strünkede zur Lehnserneuerung zu veranlassen, nicht zum Erfolge geführt hatten, ist eine Pause bis 1709 eingetreten. Zum 23. September 1709 war wieder ein Belehnungstermin festgesetzt, aber von Strünkede war „gegen alles Versprechen“ wieder niemand erschienen. Das geht aus einem Briefe der Styrumer Lehnskanzlei vom 31. Juli 1710 hervor, in dem dem Freiherrn ein neuer Termin auf den 1. September gesetzt wird. Den Empfang dieses Briefes bestätigt Schümer am 2. August 1710. Offenbar auf die (nicht mehr vorhandene und am 31. Juli 1710 nur erwähnte) Aufforderung von 1709, zum 23. September zur Lehnserneuerung zu erscheinen, bezieht sich die im Styrumer Archiv vorhandene Empfangsbestätigung Schümers vom 8. August 1709, in der Schümer bescheinigt, „daß Vorzeiger dieses ein Schreiben an Sr. Kgl. Maj. in Preußen Geheimbten Clev= u. Märkischen Regierungs- auch Ober Heroldes Rath Frh von und zu Strünckede p haltend allhie wohl eingeliefert hat und ehestens Hochwohlgeboren meinem gnädigen Herrn Principalen nach gesandt werden soll".
Die Citation vom 31. Juli 1710 findet den Freiherrn von Strünkede immer noch bei derselben Gesinnung. In aller Deutlichkeit antwortet er von Strünkede aus in einem Brief vom 31. August an die Gräfin, weil er bereits zum zweiten Male zur Lehnserneuerung Bevollmächtigte geschickt habe1) zum letzten Male aber durch seinen Richter vernommen habe, daß man so exzessive Jura gefordert habe, die er nicht wiederholen wolle, trage er Bedenken, weitere vergebliche Kosten anzuwenden, bevor er versichert sei, daß keine Steigerung gegen altes Herkommen geschehen solle. „Ich weiß mich woll zu bescheiden, daß Ich dem Hause Styrumb fidelitatem zu praestiren (= Treue zu leisten), nicht aber über meinen beutel disponiren zu laßen gehalten seye. Ich lebe so lange gott will annoch, und bin belehnt, will auch den jungen He(rrn) Grafen gerne für meinen Lehnherrn erkennen und darüber schein gewärtig, auch die schreib= und Cantzeley=gebühr wie bräuchlich entrichten, wozu et ad quavis alia Solemnia (= zu irgendwelchen anderen Förmlichkeiten) mich hiemit nochmahlß offerire, mit gehorsahmer Bitte, Ew. hochgräffl. gnd. mir mit diesem expressen (— besonderer Bote) das eigentliche Quantum der Cantzeley Jurium cum novo termino (= mit neuem Termin) verwißigen zu laßen geruhen wollen, gestalt mir alß einem Königlichen Bedienten uno unterthan nicht gebühren will gegen deßen allergndsten inhibitorial Befehl(— Untersagungsbefehl) eine mehres alß herkommens pro juribus außzuzahlen.“
Dieses am 31. August 1710 abgefaßte und am 1. September in Styrum überreichte Schreiben wurde bereits am nächsten Tage von der Styrumer Kanzlei beantwortet. Zunächst wird die Behauptung richtiggestellt, es sei schon zweimal ein Bevollmächtigter zum Lehnsempfang nach Styrum entsandt worden. Dies sei ein Irrtum. In den Akten sei nicht die geringste Vollmacht zu finden, wohl befänden sich darin unbefugte und schimpfliche Antwortschreiben aus den Jahren 1703 und 1704 von Strünkeder Untertanen, „welche von Ew. Wohlgeb. dergestalt zu gescehen nicht glauben konnen". Was den Doktor Grolman angehe, so sei dieser seiner eigenen Aussage nach nach Styrum gekommen, um für den Freiherrn von Loe zu Overdyck die Belehnung zu empfangen und habe dabei gesprächsweise und sozusagen spaße halber (quasi ridicule) auch die Höhe der Lehnserneuerungsgebühren für den Freiherrn von Strünkede erfahren wollen. Umso erstaunter sei man, so schimpflich zu vernehmen, als wolle man über den Strünkedischen Beutel disponieren. Das liege fern denn die Rechnung ergebe sich für einen jeden von selbst. Da er aber meine, die Gebühren seien zu hoch so könne er sich ja in Cleve und bei der Abtei Werden, wo Styrum auch Lehen von in die 20 Reichstaler Jahreseinkünften habe, erkundigen. In Styrum fordere man für jede Lehnserneuerung an Gebühr (honorarium) für den Lehnsherrn 7 Reichstaler und für jedes Lehnsstück an Kanzleigebühren 5 Goldgulden. Zu deren Bezahlung wird dann ein neuer Termin auf den 1. Oktober angeordnet.
Am 13. September bestätigt Schümer den Empfang dieses Schreibens an den Herrn von Strünkede, „welcher in Königl Commiß=sachen abwesend ist".
Dem Strünkeder ist es wieder nicht eingefallen, zum 1. Oktober einen Bevollmächtigten zu schicken Vielmehr läßt er am 30. September durch den Gerichtsschreiber Schümer an die Styrumer Kanzlei schreiben: „Auf deroselben schreiben vom 2ten Sept. dienet zur antwort, daß Ich keine Doctoren für die lange weile abzufertigen im brauch habe, Immaßen Ich dieselbe mit genugsahmen Vollmachten und original nachrichtungen instruirt gehabt habe, weßhalben mich Versehen gehabt, man würde keine ridicula(— Späße), sondern Seria (= ernste Dinge) traktiret haben, solten aber meine unterthanen die dortige Cantzeley in anno 1703 et 1704 beschimpfet haben, so erwarte derselben benennung zur wohlverdienten ahntung.“ Im übrigen seien mit gutem Vorbedacht und beiderseitiger Bewilligung vor alter Zeit die verschiedenen Parcelen (Stücke) in einandergezogen und darauf ein Lehen und eine Belehnung gebildet worden. weshalb auch nur ein honorarium und einfache Kanzleigebühren gefordert werden könnten. Und weil der Herr Prälat zu Werden als Beispiel angezogen sei, so sei er bereit, das Honorarium ebenso, wie dieser sich bezahlen lasse, in Silber und Gold nebst einfachen Kanzleigebühren zu erlegen. Da dies vernünftig und billig sei, zweifle er nicht, daß die Gräfin, wenn es ihr nur fideliter (getreulich) vorgebracht werde, der Sache ein Ende machen und man dem Boten ohne Weiterung einen endlichen Termin mitteilen werde. In einem Postscriptum fügt Schümer dann noch an: „Auch ist mir sommittirt zu benachrichtigen, pfalß dortige Cantzeley hinkünfftig ohne gebührende Titulatur an meinen gnedigen Herren zu schreiben sich erkühnen würde, daß nicht nur solche Marquen nicht beantwortet, sondern auch der bringer nach Verdienst belohnet werden solle.“
Diese Drohung macht in Styrum keinen Eindruck. Vielmehr quittiert man dort am 2. Oktober über den Empfang eines verschlossenen Schreibens, „worin nur lauter tergiversationes (— Ausflüchte) sich befinden, und in specie um ein besser Titular ersuchte wurde“ Angefügt wird aber der Quittung in speziellstem Auftrag der Gräfin durch den Lehnsrichter Francken: „Wollen deßfalß (damit nicht irren, wie Vermeintlich niemahlen geirret haben) Vom Actuario Schümer mit nechsten einen magis convenientem titulum (einen passenderen Titel), annebens auch über die fünf vom Hauß Strünckede zu allezeit differenter (= unterschiedlich) von Vnß erkante Lehnstucken renovationis praesentationem (= Darbietung der Erneuerung) am 20 t hujus (= d. M.) finaliter (=endlich) gewärtiget sein, wiedrigen falß ergehen wirdt was recht ist.“
Angesichts dieser mit dem Heimfalle drohenden Antwort schlägt der Freiherr von Strünkede einen neuen Weg ein. Wenn schon vom Preußenkönig eine Art Preisstoppverordnung erlassen ist, dann sollen auch seine Räte für die Durchführung sorgen. Warum ist man schließlich nicht selbst ein wichtiger und einflußreicher Mann in der klevisch=märkischen Landesverwaltung? Also befaßt sich der Regierungsrat in Cleve mit dem Streit zwischen Strünkede und Styrum und teilt am 18. Oktober 1710 dem Freiherrn von Strünkede im Namen des Königs Friedrich (I.) mit, man habe sich seine Beschwerde über die Styrumer Lehnskammer vortragen lassen. Da Er (der König, in Wirklichkeit die Herren des Regierungsrates) nun der Auffassung sei, daß nur Citationes ab videndum caducari feudum (— Vorladungen, um das Lehen heimfallen zu sehen) mit gebührendem Ersuchen in seinen Landen ausgehändigt werden könnten, befehle er, sich danach zu richten und dieses der Styrumer Lehnskammer zu bedeuten sowie dawider keine Uebertretung in dem ihm anvertrauten Amte zu gestatten. Was die unbillig geforderte Lehnjura und das Laudemium betreffe, so könne Er ebenfalls nicht zugeben, daß seine Untertanen über das alte Herkommen hinaus beschwert würden.
Der Gräfin in Styrum wird zu gleicher Zeit unter Beifügung einer Abschrift des Briefes an den Freiherrn von Strünkede geschrieben. Der Freiherr von Strünkede, „hiesiger geheimer Regierungs= und Oberheerolds Raht auch Ampts=Verwalter zu Bochumb und Castrop“ habe sich in Cleve wegen ungebührlicher Citation ad videndum caducari feudum und über das Herkommen geforderte Lehnsgebühren beschwert. Man könne dergleichen ungeziemende Insinuationen und Steigerung der Lehnsgebührnisse „in Ansehen hiesiger Sr. Königl. Maj. Untertanen“ und zu deren Nachteil nicht gestatten. Deshalb werde die Gräfin „dienstfreundlich" ersucht, „das herkommen und moderation (= Mäßigung) für augen zu haben, da wir sonsten mehrged. unterthanen darinnen hinlänglich zu schützen Veranlaßet werden dürften". Unterschrieben ist der Brief: „Königl. Preußische zu Clevisch= und Märckischen lands Regierung verordnete President, vice Praesident, vice Cantzler und Geheime Räthe (für diese:) Conrad von der Reck.“ In Auswirkung dieser Einmischung der Regierung scheint der Brief an den Freiherrn von Strünkede entstanden zu sein, der an dieser zeitlichen Stelle (im Entwurf) ohne Datum den Styrumer Archivalien eingefügt ist und in dem es heißt, man habe von Justizrat Hymmen erfahren, daß der Freiherr von Strünkede sich ihm gegenüber geäußert habe, er wolle für die Lehnserneuerung 25 Rtlr. an den Lehnsherrn außer den Kanzleigebühren zahlen. Da man nicht daran zweifle, daß man sich wegen der gewesenen Streitigkeiten gütlich verständigen werde, wolle man ihn ersuchen, zum 8. November selbst oder durch einen Bevollmächtigten zu erscheinen, da für diesen Tag auch einige Vasallen nach Styrum zitiert seien. Der Strünkeder hat aber darauf offenbar nicht reagiert, vielmehr ist eine neue Pause bis 1713 entstanden. Am 24. Januar 1713 hat man dem Freiherrn von Strünkede eine neue Citation zur Lehnerneuerung geschickt und den Termin auf den 20. Mar, festgesetzt. Dieser Termin wollte der Strünkeder nun wahrnehmen, indem er seinen Richter Dr. Grolman bevollmächtigte. Die am 3. März 1713 in Cleve ausgefertigte und vom Freiherrn Johann Conrad von Strünkede, „Geheimer Regierungs= und erster Kammerrat, Droste von Bochum und Castrop“, ausgestellte und besiegelte Vollmacht, die im Original im Styrumer Archiv ruht, beauftragt den Richter u Strünkede, Paul Adolf Grolman, der Rechten Doktor, die namentlich aufgeführten fünf Limburger Lehnstücke zu empfangen, den Lehnseid zu schwören, Reversale zu erteilen, Praestenda dem Lehenrecht und Herkommen gemaß zu praestieren und alles zu tun, was dem Freiherrn von Strünkede als Vasall obliegt. Indes war es jetzt der Richter Grolman, der an der Wahrnehmung des Termins verhindert war. Er schreibt kurz vor dem 20. März (angekommen d. 19. März) an die Gräfin, er habe sowohl von Freiherrn von Strünkede wie von der Freifrau von Elverfeldt Vollmachten, die von der Styrumer Lehenkammer stammenden Lehen zu empfangen, er habe auch bereits zu diesem Zwecke Pferde aufgeboten, aber unvermutet hätten die Adligen des Amtes Bochum zur Schließung der elfjährigen Recepturrechnungen des ehemaligen Receptors Prumé eine Zusammenkunft auf den 20. März in Bochum anberaumt, und da er der Vormund der Kinder erster und zweiter Ehe dieses Receptors sei, sei er gewissenshalber verpflichtet, bei dem wichtigen Werke dabei zu sein. Weiter habe er sich verpflichtet, am Mittwoch ins Lippische nach Detmold zu reisen, und zwar ebenfalls in seiner Eigenschaft als Vormund des Gerichtsherrn von der Borch zu Langendreer. Da er keine Möglichkeit habe, sich vertreten zu lassen; viel weniger an zwei Orten zugleich sein könne, bitte er, den Lehnserneuerungstermin um etwa 6 Wochen zu verschieben. Hierauf wird ihm der 2. Mai als neuer Termin mitgeteilt.
Die Belehnung ist dann am 3. Mai 1713 endlich zustande gekommen. Darüber liegt ein Reversal Dr. Grolmans mit seinem eigenen Siegel (Lilie und Stern im Wappen) und ein Lehnsbrief der Grafin Elisabeth vor, in dem bestatigt wird, daß der Bevollmächtigte des Freiherrn von Strunkede, Dr. Grolman, in die Hände des Lehnprasidenten Joh. Peter Hymmen, Kgl. Pr. Justizrats, Eid und Huld getan habe in Gegenwart des Herrn Jan Ver Eycken und Schmaal.
Das Lehnsprotokoll verrat indes noch eine interessante Einzelheit aus der Lehnserneuerung. Danach hat nämlich Dr. Grolman am Tage vorher, dem 2. Mai, mit seiner Vollmacht zugleich eine Originalobligation mit Datum vom 11. November 1592 über 38 Reichstaler 5½ Königstaler 5½ holländische Taler übergeben und gebeten, die rückständigen Zinsen mit den Gebühren der Lehnserneuerung, wie es auch schon 1642 geschehen sei, zu verrechnen. Von Styrumscher Seite wurde die Meinung vertreten, diese Obligation sei verjährt und auch sonst nicht annehmbar, doch wollte man für diesmal aus verschiedenen Ursachen das Quantum der Lehnserneuerungsgebühren in des Freiherrn von Strünkede eigene Discretion (= Ermessen) anheimstellen, unbeschadet der Kanzleigebühren. Dr. Grolman hat aber keine Verjährung zugestanden und sich erboten, an Lehnserneuerungs- und Kanzleigebühren das zu geben, was die benachbarten Adligen des Amtes Bochum, v. Düngeln. v. Loe. v. Umfall (=Omphal), gegeben hätten. Da aber „nicht erweißlich ist, daß die angezogene Benachbare ein ebenmäßiges praestirt, alß laßet man es bey vorige Resolution lediglich bewenden", worauf die Lehnserneuerung in gewohnter Form am 3. Mai vor sich geht.

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Quellen