Hausinschriften

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel
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In Herne gab und gibt es Bauernhäuser mit Inschriften. Als Hausinschrift bezeichnet man gemeinhin Inschriften an kirchlichen, öffentlichen wie an vielen privaten Gebäuden, Wohnhäusern oder an Nebengebäuden wie Scheune, Backhaus, Stallung, Speicher oder Wagenremise. Nach ihrem Inhalt kann man Hausinschriften in vier Hauptgruppen einteilen: Bauinschrift, Bauspruch, Spruchinschrift (auch Hausspruch genannt) sowie im weiteren Sinne die Gruppe der Zeichen.

Hauptgruppen

Bauinschrift

Eine wichtige Funktion früher Hausinschriften ist die Dokumentation des Zeitpunkts der Fertigstellung eines neu errichteten oder veränderten Hauses. Die frühen Bauinschriften beschränkten sich daher auf die Angabe des Baujahres und fungierten damit als eine Art Bauurkunde. Ein Beispiel:

ANNO 1769 d. 8. Mai

Später wurden auch die Namen des/der Erbauer angeführt, oft auch der Name des verantwortlichen Zimmermannes. Mit solchen Inschriften wollten sich die Erbauer (und ggf. auch der Zimmermann) ein Denkmal setzen. Sie dienen der Nachwelt heute nicht selten (auch) als genealogischer Nachweis.[1]

Bauspruch

Im Gegensatz zur Bauinschrift enthält der Bauspruch „ausführende und bewertende Elemente“, ist jedoch (anders als die Spruchinschrift) in der Regel an ein konkretes Ereignis gebunden wie z. B. den Anlass eines Bauvorhabens, Schwierigkeiten beim Hausbau, hohe Kosten oder außergewöhnliche Ereignisse während der Bauzeit:

BOVWENT IS EIN LUST
WAT TT KOSTET [HEW IK NICH WUSST]
ANNO 1610


Spruchinschrift

Bei den Hausinschriften lässt sich eine Unterscheidung zwischen weltlichen und religiösen Spruchinschriften Haussprüchen vornehmen. Beispiel für einen weltlichen Sinnspruch:

ALZEIT FRÖLICH IST GEFÄHRLICH
ALZEIT TRAURIG IST BESCHWERLICH
ALZEIT GLÜCKLICH IST UNMÖGLICH
EINS UMS ANDRE IST VERGNÜGLICH

Gottvertrauen und die Bereitschaft, sich Gottes Willen zu fügen, prägen demgegenüber religiöse Spruchinschriften. Dass diese Grundhaltung früher weit verbreitet war, belegen Spruch-Formeln wie An Gottes Segen ist alles gelegen oder Wer auf Gott vertraut hat wohl gebaut: Sie zählen zu den häufigsten Haussprüchen im gesamten deutschsprachigen Raum.

Wie die folgende Inschrift schön zeigt, wurde in religiösen Inschriften um Gottes Segen oder um Schutz für Haus, Gerät und die darin lebenden Menschen gebeten.

Dies Haus haben wir gebauet,
Und haben es dem lieben Gott anvertrauet,
Der wolle es behüten vor Unglück und Gefahr;
Und alle die da wohnen immerdar,
Auch alle die da gehen aus und ein,
Mögen von Gott beschützet sein.

Wenn bereits – was nicht selten vorkam – vorhandene Sprüche übernommen, variiert oder ergänzt wurden, so geschah das nicht der stupiden Nachahmung wegen. Es stand vielmehr im Zeichen eines beständigen Verarbeitens, eines immer wieder erneuten Meditierens der Spruchinhalte. Das heißt: An und in den Wiederholungen lässt sich erkennen, was die Menschen zu ihrer Zeit in ihrem Lebensbereich jeweils in besonderem Maße geschätzt haben, was sie bewegt, ihr Denken und Handeln geprägt hat.[2]

Zeichen

Symbol des Lebensbaums an einer Hausinschrift

„Die Zeichen am Hause (Schmuck, Symbole, Marken) bedürfen derselben sorgfältigen Betrachtung wie die Inschrift selbst, um aus dem Gesamtbilde eine volkskundliche Aussage machen zu können“, [3] auch wenn Zeichen wie Blumen, Ranken, Herzen, Schnörkel usw. heute oft eine rein schmückende Bedeutung zugesprochen wird. In vielen Fällen spiegelt sich darin aber wohl auch das Anliegen nach Schutz, Fruchtbarkeit usw. wider. Dies gilt in ganz ähnlicher Weise auch für Symbole wie Pentagramm und andere Symbole christlicher oder vorchristlicher Prägung wie Kreuz oder Lebensbaum (siehe Abbildung). Anders verhält es sich aber mit den Marken (Hausmarken, Wappen und Meisterzeichen).[4]

Literatur

  • Herbert Clauß: Hausinschriften des Kreises Bersenbrück. In: Heimat gestern und heute. Heft 17, Bersenbrück 1973.
  • Robert Rüegg: Haussprüche und Volkskultur. Basel 1970.
  • Theodor Tebbe: Glücksfall Inschrift. Ein Beitrag zur Erforschung von Hausinschriften im Oldenburger Münsterland. Dinklage 2008, ISBN 978-3-00-023329-6.
  • Anton Tumbrägel: Bauerntum und Zeitgeist, In: Heimatkalender für das Oldenburger Münsterland, Vechta 1957
  • Anton Tumbrägel: Hausinschriften des Oldenburger Münsterlandes. In: Rheinisch-westfälische Zeitschrift für Volkskunde. 1959, S. 1–56
  • Johannes Vincke: Die Hausinschriften des Kirchspiels Belm. Osnabrück 1948.
  • Joachim Widera: Möglichkeiten und Grenzen volkskundlicher Interpretation von Hausinschriften. Frankfurt a. M. 1990, ISBN 3-631-43023-X.
  • Günter Willenborg: Von der Hausinschrift zur Landschaftsarchäologie. In: Heimatblätter. Beilage zur Oldenburgischen Volkszeitung vom 9. Oktober 2010 (Nr. 5 / 89. Jahrgang), S.46.
  • Clemens Woltermann, Walter Deeken: Hausinschriften und Giebel im Oldenburger Münsterland. Friesoythe/Vechta 1981, ISBN 978-3-88-441010-3.

Einzelnachweise

  1. Widera 1990 S. 84f; Tebbe 2008 S. 10f
  2. Tebbe 2008 S. 20; vgl. Widera 1990 S. 59
  3. vgl. Widera 1990 S. 102f
  4. Widera 1990 S. 102f; vgl. auch Tebbe 2008 S. 36, S. 74, S. 80ff.

Quelle:wikipedia.de