Aus der Geschichte der Bahnhofstraße VII
Originaltext aus dem Herner Anzeiger vom 14. Dezember 1935. Abgeschrieben und mit neuen Überschriften versehen von Andreas Janik.
Aus der Geschichte der Bahnhofstraße
Die östliche Seite - Der Bahnhof als Ansiedlungskren
VII.
Nachdem wir die westliche Seite der Bahnhofstraße untersucht und von der östlichen Seite die "Koppenburg" und Strünkedische Oelmühle in einer Sonderbehandlung untersucht haben, kann nunmehr die Geschichte der einzelnen Grundstücke und Ansiedelungen auf der östlichen Seite folgen. Die Strünkedische Flur "In der Koppenburg" (Oel= und Roggenkoppenburg) und die Oelmühle mit dem Teich gaben durch Jahrhunderte hier der Landschaft das Gepränge, bis durch den Bahnbau die ersten Veränderungen und im Zusammenhang damit die ersten Ansiedelungen erfolgten. Diejenigen, die hier Häuser bauten, waren, wie wir schon bei der westlichen Seite der Bahnhofstraße sahen, nicht zuletzt Bedienstete der Bahn, außerdem Handwerker, Geschäftsleute und Wirte.
Fangen wir bei unserer Betrachtung an der Baukauer Grenze an, so haben wir zunächst das Haus
Bahnhofstraße 134.
Es ist allerdings trotz der feinen, zweistöckigen Form und des efeuberankten Hintergebäudes in Backsteinfachwerk keins der ältesten, denn es wurde erst 1877 errichtet. Das Grundstück lag vor dem Neubau der Bahnhofstraße westlich der Landstraße. Es hatte zuvor nicht zur "Koppenburg", aber doch zum Strünkeder Besitz gehört, von dem bei der Versteigerung im Jahre 1811 Paul Vierhaus gt. Fleigenschmidt für 399 Rtlr. 13 Sgr. ein Stück erstanden hatte. Von dem Wirt Georg Vierhaus gt. Fleigenschmidt erwarb es 1854 der Landwirt Wilh. Erfmann zugleich mit der Wirtschaft Fleigenschmidt am Steinweg. Von Erfmann kaufte es 1871 der Öconom Wilh. Vieting für 1500 Taler. Von diesem erwarb im Jahre 1877 der Bäcker und Wirt Wilhelm N e w e l i n g den für seinen noch im gleichen Jahre erfolgten Hausbau benötigten Teil. In dem Hintergebäude (jetzt Werkstätten) hatte er sein Backhaus. Seit 1913 gehört das Grundstück dem Bäcker Theodor Neweling.
Vor Neweling, und zwar im Jahre 1874, hatte schon der Schreinermeister Wilhelm B o r n t r ä g e r von Vieting ein Stück des eben behandelten Grundstücks (heute
Bahnhofstraße 130;
das zwischen 134 und 130 gelegene Doppelhaus Brox-Wewer ist jüngeren Datums) erworben und darauf ein Haus mit Wohnung und eine Werkstatt mit Wohnung erbaut. Dieser Besitz wurde aber 1878 versteigert und von dem Öconom F. W. Hülsmann erworben, von dem er 1894 auf den Postassistenten Fritz Wünnenberg (zu Gelsenkirchen, dann Wirt in Herne) überging, 1907 kaufte der Kaufmann Wilhelm Schlenkhoff das grundstück, der das Haus 1908 zu dem jetzigen Gebäude umbauen ließ.
Auch das folgende Haus
Bahnhofstraße 128
ist auf dem von Fleigenschmidt aus der Strünkeder Versteigerungsmasse erworbenen Grundstück erbaut. Den Bauplatz erwarb im Jahre 1874 der Schreinermeister Friedrich Köster von Deininghausen, 1875 der Buchhalter der Schlenkhoffschen Dampfmühle, Peter N o r p o t h. dessen Haus schloß mit der Giebelwand an das Bornträgersche an. Im Jahre 1914 erbte es der Kaufmann Otto Norpoth, der es 1915 umbauen ließ. Heute besitzen es seine Erben.
Durch den Bau der Friedrichstraße, deren Mündung in die Bahnhofstraße mit der Biegung der alten Landstraße zusammenfällt, war das Norpothsche Haus zum Eckhaus geworden. Auf der anderen Ecke lag (vor 1874 als das nördlichste Herner Haus auf der östlichen Seite der Bahnhofstraße) das
Haus Schlenkhoff.
Das Grundstück, das östwärts fast bis an die Oelmühle reichte, ahtte zur Oelkoppenburg" gehört und war 1811 bei der Versteigerung Strünkeder Besitzes von Heinrich Schlenkhoff gt. Dux als Ackerland für 219 Taler erworben worden. Wann es babaut wurde, ist nicht genau bekannt, es standen 1870 bereits drei gebäude, und zwar das Wohnhaus an der Straße, der rechtswinkelige dazu (unter Freilassung einer Ecke) angesetzte Bau an der Friedrichstraße (damals Ökonomiegebäude, 1900 zum Wohn- und Geschäftshaus um- und neu gebaut) und ein kleiner Bau hinter dem Wohnhaus. Dieser war 1877 verschwunden und südöstlich von ihm das niedrige Schlenkhoffsche Büro- und Wohnhaus entstanden, in dem sich jetzt die Tanzschule Diel befindet. Eigentümer des Schlenkhoffschen Grundstücks wurde nach dem Kalkbrennerbesitzer Heinrich Schlenkhoff sein Neffe Wilhelm Schlenkhoff, seit 1917 ist dessen Sohn Wilhelm Schlenkhoff Eigentümer.
Neben dem Schlenkhoffschen Hause, also über den jetzigen Hof an der Südecke der Tanzschule vorbei, bing von altersher der Z u f a h r t s w e g v o n d e r L a n d s t r a ß e z u m "K a p s w a l l", dem Land, das von dem Mühlenteich umschlossen wurde. In der Mitte der nordwestlichen Schmalseite des Teichvierecks führte zu deisem Zwecke eine Brücke über den Teich.
Das erste Haus, das auf diesen Zufahrtsweg folgte, ist heute verschwunden. Jetzt befinden sich an seiner Stelle zwei hölzerne Verkaufsbuden. Es war das Haus
Bahnhofstraße 124.
Das Grundstück war 1811 als Parzelle 3 der Flur "In der Koppenburg" von Schulte gt. Kortnack bei der Versteigerung erworben worden. Von diesem kaufte es der Tagelöhner Wilhelm A l t s t e b e im Jahre 1852 für 140 Taler, der noch im gleichen Jahre ein Haus darauf erbaute. Im Jahre 1886 ging es auf den Steiger Georg von Hinten über, der eine Caroline Alstebe geheiratet hatte. Von den Erben erwarb es 1899 der Bäckermeister Adolf Brune, der es 1909 abbrechen ließ. Er war es auch, der die Baulücke nebenan (
Bahnhofstraße 122
) mit einem Neubau ausfüllte, den heute die Brotfabrik Speith besitzt.