Das Märchen von Eingemeindung - Der „Städtebund“ von 1975: Wie Herne und Wanne-Eickel zusammenwuchsen

Das neue Kind hieß "HERNE" und war ein "Mädchen"

Zusammenschluss von Herne und Wanne-Eickel zur Neugründung 1975

Der Zusammenschluss der Städte Herne und Wanne-Eickel am 1. Januar 1975 markiert einen bedeutsamen Einschnitt in der Geschichte des Ruhrgebiets. Anders als klassische Eingemeindungen, bei denen kleinere Gemeinden in bereits bestehende Städte integriert werden, stellt dieser Zusammenschluss eine Neugründung der Stadt Herne dar.

Historischer Kontext

Vor 1975 waren Herne und Wanne-Eickel eigenständige kreisfreie Städte mit jeweils eigener Verwaltung, Stadtrecht, Wappen und kommunalen Strukturen. Wanne-Eickel entstand 1926 durch die Vereinigung kleinerer Gemeinden und war bis zum Zusammenschluss 1975 eine eigenständige Großstadt. Frühere Eingemeindungen im Ruhrgebiet, wie etwa die Integration kleinerer Dörfer oder Höfe in größere Städte, verliefen meist einseitig. Die aufnehmende Stadt behielt ihre Identität, während die eingegliederten Gemeinden ihre Eigenständigkeit vollständig verloren. Diese klassischen Eingemeindungen führten nie zu einer neuen Stadtgründung.

Der Zusammenschluss 1975

Der Zusammenschluss von Herne und Wanne-Eickel beruhte auf einem Gebietsänderungsvertrag, der 1973 beschlossen wurde, sowie auf einem Landesgesetz zur Neugliederung der Städte. Das Inkrafttreten erfolgte am 1. Januar 1975. Beide Städte wurden gleichberechtigt zusammengeführt, wodurch eine neue städtische Einheit entstand.

Wichtige Merkmale des Zusammenschlusses als Neugründung:

• Beide Städte waren zuvor eigenständig und kreisfrei.
• Das neue Stadtwappen kombiniert Elemente beider Städte, z. B. das Pferd von Wanne-Eickel und historische Symbole von Herne.
• Die administrative Gliederung wurde neu geschaffen, einschließlich neuer Stadtbezirke wie Eickel.
• Die Neugründung wurde sowohl gesetzlich als auch gesellschaftlich als gleichberechtigte Vereinigung beider Städte verstanden.

Abgrenzung zu klassischen Eingemeindungen

Im Unterschied zu früheren Eingemeindungen verlor keine der beteiligten Städte ihre Identität durch bloße Integration. Während klassische Eingemeindungen kleinere Gemeinden auflösten, entstand hier ein neues Gemeinwesen, das sowohl Verwaltung, Identität als auch städtische Strukturen beider Städte kombinierte. Dies begründet die rechtliche und historische Bezeichnung als Neugründung.

Rezeption und Erinnerung

In der Bevölkerung wurde und wird der Zusammenschluss unterschiedlich wahrgenommen. Viele Bürger Wanne-Eickels empfanden den Verlust des Stadtnamens als Eingemeindung, die offiziellen Quellen, Presseberichte und das Landesgesetz sprechen jedoch konsistent von einer neuen Stadtgründung. Das Wappen, neue Stadtbezirke und die gemeinsame Verwaltung dokumentieren die bewusste Schaffung einer neuen städtischen Einheit.

Lokalpatrioten

Im Umfeld der Diskussion um Eingemeindung oder Neugründung treten bis heute einige wohlbekannte lokalpatriotische Gruppierungen auf, die mit viel Herzblut die Besonderheiten Wanne-Eickels pflegen. Die Gesellschaft für Heimatkunde etwa hütet lokale Erzählungen und Erinnerungen mit der Zärtlichkeit eines Familienalbums. Die Wanner Mondritter wiederum pflegen ihre Traditionen mit einem liebevollen Augenzwinkern und gelten vielen als die humorvolle Schutzgarde des Wanne-Eickeler Selbstbewusstseins. Und auch Hotte/Horst Schröder, als originelle Symbolfigur des Stadtteils, trägt mit seiner charmanten Art dazu bei, dass die Wanne-Eickeler Identität nicht nur erhalten bleibt, sondern bis heute ein bisschen im Mondschein glitzert. Gemeinsam formen sie eine heimatverbundene, teils ironisch überzeichnete, aber stets herzliche Kulisse, in der das Thema „Eingemeindung versus Neugründung“ bis heute lebendig bleibt — eher in liebevoller Folklore als in politischer Schärfe.

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