Die Limburger Lehen der Strünkeder V.

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel

Leo Reiners widmete sich in den Jahren 1938/39 in einer Artikelserie den Limburger Lehen der Strünkede.

Herner Anzeiger
Samstag, den 10. Dezember 1938
Nr. 289 (Drittes Blatt)

Die Limburger Lehen der Strünkeder

Der Herner Pastor 1655 in Styrum. - Im Jahre 1666 empfängt der Strünkeder Gerichtsschreiber die Lehen. - 1681 wird der Bochumer Bürgermeister geschickt. - Wieder Streit um die Höhe der Lehnsgebühren - Französisches Wesen in Styrum und Strünkede zur Zeit des Sonnenkönigs.
VI. [1]
— Als Freiherr Conrad von Strünkede im Januar 1654 gestorben war - die Jahreszahl 1657 bei von Steinen ist unrichtig - wandte sich sein ältester Sohn Gottfried in einem Schreiben vom 30. Oktober 1654 nach Styrum mit der Bitte, ihn mit dem Hof zu Berge, dem Zehnten zu Pöppinghausen, Hemmers Gut, dem Gut zu Düngeln und dem Zehnten Holthausen aus den Gütern Risse und Büchte „hinwiederumb gnedig zu belehnen Und dazu Platz Und Zeit zu bestimmen". Der Belehnungstermin wurde offenbar auf Januar 1655 festgesetzt, denn am 5. Januar 1655 hat Gottfried von Strünkede für Johannes Baack, Pastor in Herne, eine Vollmacht ausgestellt, in der es heißt: Da es ihm, Gottfried, obliege, beim Grafen Moritz von Limburg die (namentlich aufgeführten) Lehen zu empfangen, er aber anderweitiger Geschäfte halber solches selbst in Person nicht tun könne, bevollmächtige er Pastor Johannes Baack in Herne, in seinem Namen und Behuf die Belehnung zu empfangen und den gewöhnlichen Eid „in seine Seele“ auszuschwören. - In den Zusammenhang dieser Belehnung gehört auch ein Brief des Styrumer Amtmanns Johann Schlechtendahl an die Gräfin von Limburg, offenbar die Mutter und Vormünderin des Moritz von Limburg, die Witwe Anna Margareta geb. v. Spieß zu Frechen, Herrin in Bodendorf. In diesem Brief, der am 28. Januar 1655 in Düsseldorf geschrieben ist, bittet Schlechtendahl sie, den Lehenbrief mit rotem Wachs zu besiegeln und zurückzuschicken. Er, Schlechtendahl, müsse nächsten Montag wegen des Herrn von Strünkede in Mülheim sein. Uebrigens müßten einige Gelder beieinandergebracht werden; was er von Herrn von Strünkede, an Lehngeldern empfange, könne dazu schon verwandt werden. Nach dem Lehnsprotokoll ist die Belehnung am 18. Juni (oder Januar?) durch den Bevollmächtigten Pastor Johann Baack in Gegenwart von Johann Maurmann und Peter Stellhake zu Mülheim in der Mauer erfolgt.

Schon im Jahre 1666 folgte eine neue Belehnung. Am 4. Juli 1666 erschien auf Haus Strünkede ein Bote der Styrumschen Lehnskammer, der ein vom 28. 6. 1666 datiertes Schreiben überbrachte, in dem der Freiherr Gottfried von Strünkede aufgefordert wurde, am 24. Juli zur Erneuerung „der unterhabenden Lehen" zu erscheinen. Die Bestätigung Gottfrieds von Strünkede an den Boten über Empfang und Inhalt des Schreibens besitzt noch das Styrumer Archiv. Entweder ist der Lehnstermin verschoben worden, oder die Strünkeder haben ihn mal wieder nicht wahrnehmen können, jedenfalls stellte Gottfried von Strünkede erst am 22. November 1666 eine Vollmacht für seinen Gerichtsschreider Johann Hostedde aus - 1645 war das Gericht Strünkede wiederhergestellt worden -, in der Hostedde berechtigt wurde, „die Belehnung zu empfangen, den Lehnsaidt in meine sehle außzuschweren, Lehenbrieff zu erheben, Reversal heraußjugeben, Und die gewöhnliche Jura zu erlegen, sich darob quitiren zu laßen, ond Vort alles zu thuen Bund zu Laßen, waß Ich selbst gegenwertig thuen Ind Laßen Konte oder solte". Der Lehnbrief tragt das Datum vom 25. November 1666. In ihm belehnt Maria Bernhardina von Limburg=Styrum, die ihren Getter Graf Moritz von Limburg=Styrum(s. oben) zeheiratet hatte, den Freiherrn Gottfried von Strünede, nachdem sein Bevollmächtigter, Gerichtsschreiber Johann Hostedde, in die Hände des Lehnskommissars und Amtmanns zu Styrum Franz Maximilian Hölling „mit uffgestrecketen fingeren“ bei Gott und seinem hl. Evangelium der Frau von Limburg, ihrem Sohn und seinen Nachkommen Treue gelobt hat.

Am 11. Januar 1681 ist Freiherr Gottfried von Strünkede gestorben. Seine Witwe Sybilla Gertrud von der Reck zu Horst, die durch die Einführung der reformierten Lehre auf Strünkede besonders bekannt geworden ist, ließ durch ihren Bevollmächtigten Rutger Theodor Morsaeus, der Bürgermeister von Bochum war, am 24. September 1681 bei der Gräfin in Styrum um Belehnung anhalten und um Angabe eines Termins bitten. Ihm ist nach einer Niederschrift des Kaplans Johannes Brecht - der Amtmann war nicht da - ein Termin in zwei Wochen angegeben worden. Doch wurde es so schnell mit der Belehnung nichts. Am 27. 2. 1682 ließ die Gräfin Maria Bernhardina zu Limburg auf Haus Strünkede eine Citation abgeben - sie trug das Datum vom Tage vorher und beweist, daß die fehlende Post durch einen Boten ersetzt wurde und der Verkehr zwischen Styrum und Herne nur einen Tag benötigte -, in der die Neubelehnung (nova investitura) auf den 5. März, morgens um 9 Uhr, auf dem Hause Styrum festgesetzt wurde. Ueber den Empfang dieser Citation stellte Rentmeister Johann Friedrich Schmal eine Bescheinigung aus. Nach einer Notiz der Styrumschen Mannkammer ist aber niemand an dem festgesetzten Termin in Styrum erschienen, weshalb ein neuer Termin auf den 3. April anberaumt wird. Ueber den Grund des Ausbleibens schreibt Rentmeister Schmal am 26. März, daß seine gnädige Frau abwesend gewesen sei und daher den Terminsbescheid nicht erhalten habe. Doch auch der 3. April bringt die Belehnung nicht. Das ersieht man aus einem Schreiben der Sybilla Gertrud Freifrau von Strünkede an den Styrumer Lehnskommissar von Hölling vom 23. April 1682, das lautet:

„Ich hatte nicht Vermeinet, daß der jenige, welchen Ich newlich zu erhebung oder ernewerung der Lehnstucken abgefertiget Vndt bevolmechtiget gehabt, mit so schlechter Verrichtung zurückgekommen were, Vielweniger daß man von Jahr zu Jahr, der Lehen Observantz und gewonheit zuwider, die Lehen gebürnüße oder daß hergeweide steigern Vndt hoher treiben wollen, Zumahlen die alte Lehenbriefe Vndt die darauff gesetzte notata Vndt die für und nach erfolgte quitungen, auch eingesandte Taxzettulen ... Vieleinandersmalß wie eß sich anjetzo veranlaßet, außweisen; der weniger nicht, weilen Ich in meinem betrübten Wittiben stande, mehr alß zu Viel wiederwillens befinde: So will Ich mich zwaren in alle billigkeit, aber auch weiters nicht, gerne anschicken, auch Mich gütlich abfinden, möchte aber gerne sehen, daß Bffs träglichste mit mihr Vndt meinen ohnmündigen Waisen gehandelt Vndt mihr vorhin, waß daß negste Vndt daß eigentliche sein soll, zu wißen gethan werden mögte, weil alßdan wiederim Vndt Bffs neüe einen Gevolmechtigten mit den billig meßigen gebürnüßen, Vndt den Reserval übersenden, Immittels der hoffnung lebend: Es werden Ew. Hoch Edelg. gestalt es auch auff eine bescheidentliche Recognition (= Erkenntlichzeigung!) nicht anckommen soll, mihr bey Ihro Hochgräfflichen Gnaden nicht zu wieder, sondern geneiget fallen, Vndt alles dahin richten, daß es zum Trüglichsten und gelindesten auß schlagen möge, In dero guter Zuversicht negst emp felung Gottes Verpleiben
Ew. HochEdel
Dienstfreundwillige
Sibilla Gert Ffr. von
Strunckede wittib
Am Tage vorher hatte die Freifrau von Strünkede bereits an die Gräfin von Limburg geschrieben (interessant ist, daß der Brief an den Lehnskommissar nur von ihr unterschrieben, der Brief an die Gräfin aber ganz von ihrer Hand geschrieben ist). Auch in diesem Briefe hatte sie sich beklagt, daß man ihr als „betrübter undt von allen seyten her nicht wenig geangstigter wittiben" und ihren alle noch minder jährigen Kindern entgegen dem Herkommen die Lehnsgebühr erhöht habe, und gebeten, „den gering sten Weg einzugehen“ und sie wissen zu lassen, wieviel sie eigentlich für die Recognition (= Anerkennung) der Lehnstücke entrichten solle.

Sehr bemerkenswert ist nun die Antwort der Gräfin von Limburg. Sie schreibt, es sei ihr, weil sie „der deutschen Briefe nicht erfahren(!)“ sei, berichtet worden, daß die Freifrau von Strünkede glaube, sie werde durch die Lehnkammer hinsichtlich der Jura beschwert. Sie habe die Sache nachsehen lassen und die Lehnskammer werde einen „umbständlichen bericht" nach Strünkede schicken. „Also erhoffe Ich, daß dieselbe (gemeint ist die Freifrau von Strünkede) nuhmehr solche Satisfaction und contentement befinden wirdt, daß Sie von selbsten erkennen kan, daß die sache nach billigkeit moberiret (= gemildert)". Unterschrieben ist der Brief „Marie B. Comtesse de Lymbourg et Styrom“ und adressiert „A Madame Baronne Douariere (= douairiere, d. h. verwittwet) a Strunkede, nee Baronne de Reck a Strunkede". Man sieht daraus, daß die Vorliebe für französisches Wesen in dieser Zeit, der Zeit des Sonnenkönigs Ludwig XIV., auch westdeutsche Adlige - übrigens hielt man sich damals auch auf Haus Strünkede französisches Personal und einen französischen Hauslehrer! - so weit gebracht hatte, daß man angeblich nicht einmal einen deutschen Brief richtig verstehen konnte.

Zurück (Fortsetzung folgt.) Dr. L. Reiners.

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Quellen