Else Drenseck: 8. Mai 1945 - Die Zeit danach

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel

Else Drenseck (geboren 24. Dezember 1911 in Herne; gestorben 13. Dezember 1997 ebenda; geboren als Else Emmerich) war eine deutsche Politikerin (SPD) und Geschäftsführerin des Kreisverbands Herne der Arbeiterwohlfahrt.

Else Drenseck ca. 1958 [1]

Autorin Helga Angsüßer, FridA, Herne, 2. Quartal 1995, "8. Mai 1945 - Die Zeit danach"

Mit der bedingungslosen Kapitulation vom 8. Mai 1945 und der Übemahme der Staatsgewalt durch die Alliierten hatte die Schreckensherrschaft der Nationalsozialis1en ein Ende gefunden. Ein Stimmungsbild aus dieser Zeit gibt uns die erste Bürgermeisterin unserer Stadt, Frau Else Drenseck:

Else Drenseck erinnert sich

FridA: Wie sah die persönliche Situation der Menschen in dieser Zeit aus?

E. Drenseck: Das kann ich am besten mit meiner finanziellen Lage beschreiben: Ich hatte als Witwe 92 Mark im Monat für mich und meinen Jungen. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. 92 Mark, davon habe ich 24,76 Mark Miete bezahlt und ein Kind großgezogen.

FridA: Wie ging es denn nun los in der Stunde Null nach dem Zusammenbruch?

E. Drenseck: Nach dem Krieg gab es eine Militärregierung. Bestimmte Leute wurden dafür verantwortlich erklärt, daß alles ordentlich lief und daß kein Gegenputsch gemacht wurde. Sie sollten für Ruhe und Ordnung in der Stadt sorgen. Das war auch gar nicht so schwierig, denn es waren ja alle noch so verschüchtert von den Nazis. Da hat sicht keiner gerührt; alle hatten Angst. Fast jeder hatte doch einen Verwandten im KZ gehabt oder Kannte solche Fälle. Man durfte nicht den Mund aufmachen.

FridA: War dies auch schon die Stunde für neue demokratische Parteien?

E. Drenseck: Es soll niemand meinen, wir hätten alle mit Begeisterung angefangen, eine Partei zu gründen. Man muß wissen, daß die SPD und die Arbeiterwohlfahrt vor 1933 zusammengehörten. Die AWO war eine Gliederung der Partei - ähnlich wie heute die Arbeitsgemeintschaft Sozialdemokratischer Frauen auch eine Gliederung der Partei ist. In der Zeit nach dem Krieg, als Parteien nocht nicht zugelassen waren, haben wir uns zunächst unter dem Namen Arbeiterwohlfahrt getroffen, denn die freien Wohlfahrtsverbände wurden zuerst zugelassen. Die SPD ist nachher wieder aus der AWO entstanden.

Dann haben sich beide Organisationen mit der Zeit verselbstständigt. Die Arbeiterwohlfahlt wurde als freier Wohlfahrtsverband von der Stadt unterstützt. Das war auch dringend nötig, denn man konnte ja keinem Menschen helfen, wenn man selbst nichts hatte.

Die SPD wurde erst 1946 in Herne zugelassen. Plötzlich drängelte sich alles, in die SPD aufgenommen zu werden. Da hätten wir an einem Tag unzählige Mitglieder aufnehmen können. Die haben Schlange gestanden. Alle, die für sich in Anspruch genommen haben, nicht bei den Nazis gewesen zu sein, haben sich jetzt in der SPD eine neue Heimat gesucht. Die haben alle geglaubt, daß die SPD die Regierung übernimmt und sie damit "reingewaschen" sind. Wir mußten uns nachher auch erkundigen, wenn wir Leute aufgenommen haben, die wir nicht kannten. Man hätte jedoch nie jemanden verraten, der sich auch als Nazi anständig verhalten hat. Man hätte gesagt, der war eben nicht stark genug durchzuhalten

FridA: Und wie ist es Ihnen persönlich ergangen?

E. Drenseck: Ich erinnere mich noch gut an einen bestimmten Vorfall: Ich hatte nach meiner Eheschließung im Jahr 1933 einen Antrag auf ein Ehestandsdarlehen gestellt. Dabei kam einer von den Nazis auf mich zu, um mich für seine Partei zu gewinnen. Er fragte, was ich früher gemacht habe und sagte auch, daß er sich schon über meinen Mann und mich erkundigt hatte. Ich habe den Mann abgewiesen und ihm gesagt, daß er nicht auf diese Weise versuchen soll, seine Leute zu finden. So würde er nämlich keine aufrichtigen Gesinnungsgenossen finden können, sondern nur Schiffbruch erleiden.

FridA: Gab es gleich nach dem Kriegsende auch politisch interessierte Frauen oder hatten die erst einmal andere Sorgen?

E. Drenseck: Wir Frauen waren von Anfang an in der SPD aktiv. Oft brachten auch die Männer ihre Frauen mit. Es waren meist ganze Familien, die sich engagiert haben. Frauenarbeitsgruppen gab es aber erst sehr viel später. Aber das ist schon die jüngere Parteigeschichte. Bis dahin war es ein so komplizierter, langer Weg, den man - wenn man ihn nicht selbst gegangen ist - heute gar nicht mehr nachvollziehen kann. [2]

Quellen

  1. Eingescannt von Herrn Heinz Drenseck
  2. Helga Angsüßer, FridA, Herne, 2. Quartal 1995, "8. Mai 1945 - Die Zeit danach"