Die Errichtung der Missionsgemeinde Herne (Herner Anzeiger 1935)

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel

Die Errichtung der Missionsgemeinde Herne

Abtretung von Eickel - Was alles dazu gehörte - Im nächsten Jahre 75jähriges Jubiläum

Rund 300 Jahre hatte das katholische Leben in Herne geruht, als durch die Bahn und die Zeche so viel Katholiken nach hier gekommen waren, daß die Ablösung von der Pfarrei Eickel und die Gründung einer eigenen Missionsgemeinde sich als notwendig erwies. Den Wortlaut der Errichtungsurkunde, der u.a. bisher noch nicht veröffentlicht ist, bringen wir aus Anlaß der Behandlung der ersten Notkirche (siehe Aus der Geschichte der Bahnhofstraße IV) nachfolgend.
Der Wortlaut der Urkunde

"Nachdem die bedeutende Anzahl der in und um Herne in der Pfarre Eickel in der Grafschaft Mark (!) wohnenden Katholiken und die über eine Stunde betragende Entfernung dieses Ortes von der Pfarrkirche zu Eickel Uns bewogen hat, die Abhaltung eines sonn= und festtägigen Gottesdienstes in Herne im Jahre 1858 anzuordnen, nachdem dann zur besseren Befriedigung der religiösen Bedürfnisse der dortigen katholischen Einwohner im Jahre 1859 ein eigener Geistlicher in Herne angestellt, und demselben aals Vicar des Pfarrers zu Eickel die Wahrnehmung der Seelsorge und die Abhaltung eines regelmäßigen Gottesdienstes für die umwohnenden Katholiken übertragen, auch eine Schule dort errichtet und ein Lehrer zur Ertheilung des Unterrichts an die katholische Schuljugend bestellt, zuletzt ein gottesdienstliches Local erworben ist: haben Wir es jetzt mit Rücksicht auf die vermehrte Zahl der katholischen Glaubensgenossen und auch die erforderliche Kräftigung der Autorität des zur Uebung der Seelsorge und Leitung der kirchlichen Angelegenheiten bestellten Geistlichen auf die Vorstellung und das Gesuch des Pfarrers von Eickel für zweckmäßig und nothwendig erkannt, die in und um Herne wohnenden Katholiken zu einer eigenen kirchlichen Gemeinde zu verbinden, um einen selbständigen Seelsorger für sie zu bestellen, und verordnen zu dem Ende, indem Wir von Unserer bischöflichen Amtsgewalt und von dem Unserem in Gott ruhenden Amtsvorgänger in der Erections=Urkunde der Pfarre Eickel vom 25. Mai 1853 ausdrücklich gemachten Vorbehalte Gebrauch machen, wie folgt:

  1. Der Gottesdienst und die Seelsorge für die in Herne und der Umgebung wohnenden, dem Civilstande angehörenden Katholiken soll, so lange die errichtung eine förmlichen Parochie wegen Mangel der erforderlichen Dotation nicht ausführbar ist, durch einen selbständigen Missionar wahrgenommen werden, welcher von der geistlichen Behörde auf Widerruf angestellt wird. Derselbe soll zu seiner standesgemäßen Unterhaltung dasjenige Einkommen beziehen, welches dem bisherigen Vicar angewiesen war.
    Als Missionspfarrer für die neu errichtete Gemeinde wird hiermit der dort als Vicar fungierende Geistliche Herr Gustav Schmelzer bestellt.
  2. Der Missionar soll in Herne wohnen, dort den Gottesdienst, wie er in Pfarrkirchen vorgeschrieben und üblich ist, ordnungsmäßig abhalten, den religionsunterricht ertheilen, die h. Sacramente spenden und die übrigen einem Pfarrer zustehenden Amtshandlungen verrichten und von dort aus die Seelsorge innerhalb des ihm angewiesenen Bezirkes ausüben. Ob und an welchen anderen Orten in diesem Bezirk von Zeit zu Zeit an Sonn=, Feier= oder Werktagen Gottesdienste mit oder ohne Ausfall des Gottesdienstes in Herne gehalten werden soll, darüber wird die Bestimmung vorbehalten.
  3. Der seelsorgliche Bezirk des Missionars soll umfassen:
    1. die politische Gemeinde Herne, bestehend aus dem dorfe Herne, dem Köln=Mindener Bahnhofe Herne-Bochum, den Ortschaften (!) Altehöfen und Wischerstraße, der Sodinger Papier=Mühle und den einzelnen Häusern und Mühlen, welche links des Mühlenbaches[Anm. 1] liegen,
    2. die politische Gemeinde Baukau, bestehend aus der Bauernschaft Baukau, der Ortschaft Hasseln, dem Rittergut Strünkede und den Einzelhöfen Kulkmann, Koop und Funkenberg.
    3. die politische Gemeinde Hiltrop, bestehend aus der Bauernschaft Hiltrop, der Ortschaft Grumme[Anm. 2], den Einzelhöfen Hodde und Grümer und demjenigen Theile der Hiltroper Landwehr, welcher links des von Sodingen bis zu dem Wege von Bochum nach Castrop führenden Siepens gelegen ist[Anm. 3].
  4. Vorbezeichneter Bezirk wird hiermit von der Pfarre Eickel getrennt, und wird das Band, welches die innerhalb desselben wohnenden katholiken mit der Pfarre Eickel, dem Pfarrer und der Pfarrkirche bsiher verband, gelöst und für gelöst und aufgehoben erklärt.
    Alle dem Civilstande angehörenden Katholiken, welche innerhalb dieses Bezirks wohnen, haben einzig den Missionar zu Herne als ihren rechtmäßigen Seelsorger anzuerkennen und folglich alle bei ihnen vorkommenden pfarramtlichen Handlungen durch denselben verrichten zu lassen, und diesem, sowie dem Kirchendiener, diejenigen Gebühren zu entrichten, welche in der Pfarre Eickel üblich und gesetzlich sind.
  5. Der Missionar hat eigene Kirchenbücher zu führen, und in dieselben die verrichteten Parochialacta, als Taufen, Copulationen und Beerdigungen unter genauer Beachtung der stehenden Vorschriften einzutragen.
  6. Jede Abänderung der vorstehenden Bestimmungen, welche in Zukunft nöthig oder nützlich erachtet werden mögen, behalten Wir Uns und Unseren Amtsnachfolgern ausdrücklich vor. Insbesondere gilt dieses von dem in § 3 angegebenen Missionsbezirke. Sollte die geistliche Behörde diesen bezirk künftig verringern oder erweitern, so soll es hierzu weder der Zustimmung der Missionsgemeinde bedürfen noch soll diese von dem agbbetretenden Theile und umgekehrt der abgetretende Theil von dem übrigen Theile der Missionsgemeinde eine Entschädigung oder eine Theilung des etwa vorhandenen Kirchenvermögens zu fordern berechtigt sein.
Paderborn, den 22. August 1861
L.S. Der Bischof von Paderborn
(gez.) Konrad.



Ich will auf Ihren Bericht vom 30. v. Mts. für die Seitens des Bischoffs von Paderborn durch Erectionsurkunde vom 22ten August d. J. ausgesprochene Errichtung einer Mission in Herne, im Kreise Bochum, Regierungs=Bezirk Arnsberg, hiermit die staatliche Anerkennung unter Beilegung der Rechte einer juristischen Person an die neue Mission ertheilen.

Berlin, den 4t. December 1861.
(gez.) Wilhelm
(gez.) von Bethmann Hollweg [1]
  1. Damit ist wohl der Ostbach gemeint, der immer Grenze gegen die Pfarrei Castrop war.
  2. Das ist sicherlich nicht das Dorf Grumme, sondern die Flur "In der Grumme", wonach Grümer seinen Namen hat.
  3. Die hier gegebene Umgrenzung des neuen Gemeindebezirks deckt sich mit Ausnahme Holsterhausens, das bei Eickel bleibt, mit der Umgrenzung der evangelischen Gemeinde Herne, also auch mit dem vorreformatorischen Kirchenbezirk.

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Quelle

  1. Leo Reiners 16. November 1935 Herner Anzeiger