1878 November 11 Mord im Wasserfass

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel

Aus alten Zeitungen sind mit unter wunderliche Begebenheiten herauszulesen. Doch auch Gewalttaten waren schon immer - vor allem wenn sie spektakulär waren - ein Meldung wärt.

So wie die Folgende:

Herne, Mitte Nov. Ein entsetzliches Verbrechen wird der "Elberfelder Ztg." von hier gemeldet. Eine Wittwe machte dreimal den Versuch, ihr drei Wochen altes Kind mit Gift aus dem Wege zu räumen, und als die Absicht nicht erreicht wurde, ertränkte die fünfzehnjährige Schwester das unglückliche Kind in einem Waschfaß."[1]

Essen, 24. Mai. Auf der Anklagebank saß die Witwe des Tagelöhners Theodor Kempkes aus Herne und deren 15jährige Tochter Maria, letztere wegen Mordes, erstere wegen Anstiftung zum Morde. Die Witwe Kempkes gebar am 23. Oktober v. J. [1878] ein außereheliches Kind. Dasselbe starb am 20. Tage nach der Geburt durch Ertrinken in einem Waschfaß. Da das Kind aber nicht von selbst in das Waschfaß gekommen sein konnte, lenkte sich der Verdacht wegen Mord auf die beiden Angeklagten. Schon in der Voruntersuchung hatte die unnatürliche Mutter angegeben, daß sie dem Kinde Phosphor, den sie von Streichhölzern angekratzt, eingegeben habe, und ihre Tochter gestand, dem Kinde hiervon 2 Zuckerlöffel voll in Zuckerwasser beigebracht zu haben. Da dies Mittel den Tod nicht herbeiführte, legte die Wittwe einen neusilbernen Löffel 2 Tage lang in Essig und sammelte den angesetzten Grünspan, welchen die Tochter in lauwarmen Wasser dem Kinde eingab. Doch auch dieses Mittel führte den Tod nicht herbei. Nun ließ die Rabenmutter von ihrer Tochter für 5 Pfg. Salzsäure holen, wovon die Tochter wiederum 2 Löffel voll dem Kinde beibrachte, der Rest wurde fortgeworfen. Da auch dies dritte Mittel nicht den gewünschten Erfolg hatte, reifte in den Angeklagten der Entschluß, das Kind zu ertränken. Schon bei einer früheren Gelegenheit, als die Tochter zu ihrer Tante gegangen war, soll letztere gesagt haben, es wäre besser, wenn das Kind in die Emscher geworfen würde. Am Tage vor der That einem Sonntage, überlegten die beiden Angeklagten, wie sie das Kind tödten sollten, wobei die Tochter äußerte, weg müsse das Kind, sie wollte nicht den ganzen Winter zu Hause bleiben und Hunger leiden und dazu das Kind verwahren. Die Mutter meinte, es sei nicht nöthig, das Kind in die Emscher zu werfen, dasselbe könne auch in einem Waschfaß sterben und hielt ihre Tochter an, diese Schandthat in den nächsten Tagen auszuführen. Das ruchlose Mädchen aber wartete nicht noch mehrere Tage, sondern ertränkte schon am folgenden Tage das unschuldige Kindchen in einem Wasserfaß. Die Geschworenen sprachen über beide das Schuldig unter Verneinung von mildernden Umstände aus. Der Gerichtshof verurteilte darauf die Wwe. Kempkes wegen Anstiftung zum Morde zum Tode, und wegen versuchten Mordes zu 10 Jahr Zuchthaus, deren Tochter Maria, wegen versuchten und vollendeten Mordes zu 10 Jahr Gefängniß. Die Verkündigung des Todesurtheils schien auf die erste Angeklagte wenig Eindruck zu machen. (Ess. Volkszt.)[2]


Genealogische Anmerkungen:

Peter Theodor Kempkes, * 18.10.1832 Bocholt, ~ 18.10.1832 St. Georg Bocholt[3], + 18.04.1875 Herne (Lungenentzündung) , ± 21.04.1875 Herne (Sterbefälle Bd. 6, S. 2 Nr. 13/1875) Tagelöhner, Heimarbeiter vorm. Zimmermann. (E: Zimmermann Hermann Kempkes und Theoodra Schmitz)
oo 16.05.1863 Bochum kath.[4]
Anna Maria Elisabeth (Lisette) Diekmann, * 1843 Recklinghausen, + unbekannt. (E: Wilhelm Dieckmann und Anna Maria Küper)
Kinder:

  • Maria Kempkes, * 1863 Bochum
  • Anna Sophia Kempkes, ~ 30.01.1870 Bochum

Das Opfer:

  • Wilhelm Kempkes, * 23.10.1878 Herne, ~ 3.11.1878 St. Bonifatius Herne[5] + 11.11.1878 Herne[6], ± 15.11.1878 Herne.

Der Todeseintrag im Kirchenbuch der St. Bonifatius Gemeinde (Sterbefälle Bd. 6, S. 33 Nr. 72/1878) führt unter der Rubrik „Krankheit, woran er gestorben“ aus: „gemordet durch die Mutter und altesten Tochter“.

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