Aus den Tagen unserer Väter - Ein Ehepakt aus dem Jahre 1793

Aus Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel

Am 19. März 1927 wurde in der "Wanne-Eickler Zeitung" folgender Artikel über einen alten Ehepakt veröffentlicht, welchen wir hier gerne wiedergeben. [1]

Aus den Tagen unserer Väter
Ein Ehepakt aus dem Jahre 1793.
Auf unsern heimatlichen Streifzügen stießen wir auf altes, kostbares Volksgut. Wir fingen an, diesen Schatz zu beben und beim Sichten und Prüfen sonderten wir als erstes Stück den unten folgenden Ehepakt zwischen der Witwe Darve in der Bickerdörne und dem Wilhelm Parsmann aus der Braubauerschaft aus. Die Bickerdörne ist der Stadtteil Unser Fritz und die Braubauerschaft der Stadtteil Gelsenkirchen=Bismarck.
Der in dem Ehepakt erwähnte Darve=Kotten besteht heute noch und ist im Besitze des Landwirts Laarmann an der Unser Fritzstraße. Dieser Hof war bei der Markenteilung 1770 dem adeligen Hause Dorneburg erb= und eigentümlich abgetreten worden. Der Freiherr von Untzer zu Dorneburg verpachtete diesen Kotten „auf Lebenlang abzunutzen und zu gebrauchen“. Die jährliche Pacht musste prompt auf Martinitag — 10. November— geleistet werden: Sieben Reichstaler Frkf. Courant, ein Berliner Malter Hafer zwei Gänse. Ferner musste der Mann jährlich 5 Mäh= oder Handdienste leisten, wenn die Gutsherrschaft es für nötig hielt, und musste die erforderlichen Gerätschaften dazu mitbringen. Frau und Kinder mussten gegen gewährte Bezahlung auf Verlangen 5 bis 6 Pfund Flachs oder Werg spinnen. Ferner mussten vom Pächter die Königliche Kontribution und andere Lasten getragen werden.
Wir bringen den Ehevertrag so, wie wir ihn fanden, haben nur die Rechtschreibung geändert und hin und wieder eine Erklärung in Klammern beigefügt. Wir danken auch an dieser Stelle Herrn Laarmann für sein freundliches Entgegenkommen. D. R.


Aktum im Gericht Eickel, 25. Oktober 1793.
Erschien die Witwe Darve[2] in der Bickerdörne und zeigte an, daß ihr Ehemann Johann Heinrich Darve[3], so unter dem von Mannsteinschen Regiment als Soldat gedient, in dem jetzigen Feldzuge geblieben und nach den hier bei abgebenden Attest der Rezeptur auf der Communiaten Totenliste als tot aufgeführt sei. Sie habe mit demselben 3 Kinder gezeuget, als

  1. Jobann Heinrich 8 Jahr,
  2. Gertrud 4 Jahr und
  3. Anna Maria 2 Jahr alt,

und da sie gesonnen sei, mit dem anwesenden Wilhelm Parsmann aus der Braubauerschaft zur zweiten Ehe zu schreiten, so übergab die mit demselben errichteten Ehepakten, im gleichen ein Inventarium ihres gesamten Vermögens, dessen Richtigkeit sie eidlich zu erhärten offerierte, mit Bitte, die übergebenen Ehepakten und die darin getätigte Einkindschaft von Obrigkeitswegen gerichtlich zu bestätigen.
Zugleich fistierte zu Vormündern über ihre vorgebachten unmündigen Kinder ihren Schwiegervater, den Johann Heinrich Darve und ihren Bruder, den Jobann Hermann Stratmann genannt Kleine=Albernhausen, welche dann in dieser Qualität zu verpflichten und zu ihren Verrichtungen anzuweisen gebeten haben wollte.
Hierdurch hat die Witwe Darve die Richtigkeit des übergebenen Inventarii eidlich bestärket, auch sind die Vormünder gehörig verpflichtet und zu ihren Verrichtungen angewiesen worden, und werden die übergebenen Ehepakten praevia Summaria Causae Cognitione Salvo tamen jure Cujus Cunque[4] hiermit von Obrigkeitswegen bestätigt. Zugleich ist resolviert dieses den Vormündern loco tutern Solemnis[5] mitzuteilen.
(Siegel)(Unterschrift.)


Inventarium
des Vermögens der Witwe Johann Heinrich Darve in der Bickerdörne.
I. An liegenden Gründen:

Der Darven Kotten ist ein Pachtkotten nach dem Hause Dorneburg bin gehörig, das darauf befindliche Haus gehört aber den Gewinnträgern zu.

II. An Aktivis oder ausstehenden Forderungen

verschuldet der Stratmann zu Röllinghausen der Witwe Darve an Brautschatz und zwar an Gelde in gemein Curant 24 rtb., 3½ Scheffel Roggen, 4 Scheffel Gerste und eine Milch gebende Kuh.

III. An Barschaften. Gold und Silber:

Einen silbernen Ring und zwei Stränge.

IV. An Zinn, Messing. Kupfer und Eisen:

a) zwölf zinnerne Löffel, b) einen dito Kump (Schüssel), c) zwei zinnerne Teller, d) ein gelbkupfern Kesselchen von 1½ Kanne, e) ein rotkupfernen Kessel von 2 Kannen, f) einen großen Kessel von 4 Eimer, g) noch einen Kessel von 8 Kannen, h) zwei eiserne Pötte jeder einen Eimer haltend, i) einen eisernen Löffel. k) ein Hahl (unbekannt), I) eine Mistgabel und Schottgabel, m) eine Blasepfeife und Feuerschüppe, n) eine Feuerzange, o) ein Beil und eine Art, p) einen Ofen mit Pfeifen und Deckel, q) eine Kuchenpfanne und Pfanneisen, r) eine hängende Lampe.

V. An bölzern Geräten:

a) eine Bettstelle, b) zwei Koffers, c) ein Schapp (Schrank), d) 5 bölzerne Stühle, e) 6 bölzerne Löffel, f) zwei Schüsseln, g) 12 Milchbecken, h) eine Butterkirne, i) eine Schiebkarre, k) ein Tisch, I) zwei Einmachsfässer, m) eine Logebudde (großes Holzgefäß zur Bearbeitung des Flachses), n) eine Brake(Breche, um die holzigen Flachsstengel zu brechen), o) ein Schwingbrett nebst Schwinge, p) ein Spinnrad und Haspel, q) 3 Dreschflegels, r) eine Stallharke und 2 Heuharken, s) eine Schüttgabel, t) eine Strohbank.

VI. An Leinwand, Bettwerk und Kleidungsstücken:

a) ein Mannsrock und 2 Kamisöler und Hut, b) eine Hose, c) einen Damasten Rump, d) 6 Hemden, e) ein Ober= und Unterbette mit 4 Kissen und Pfühl, f) ein Paar flachsen und ein Paar werken (Werg) Bettlaken, g) 10 Frauenhemden, h) ein schwarz Kleid nebst(unleserlich) und Kamisol, i) ein blaues Kleid und Kamisol, k) eine schwarze(unleserlich) und sarten (Satin) Schürze, I) ein damasten Kamisol, m) 12 Obermützen, 6 Untermützen, n) ein schwarz und 3 kulörte (farbige) Vortücher, o) ein seiden Halstuch, 1 weißes nebst 2 schlechten Tüchern, p) 8 Handtücher und 8 Tischlaken, worunter ein Gebild.

VII. An Ackergerätschaft:

a) eine Karre mit 2 Rädern ohne Beschlag, b) ein Pflug mit Zubehör, c) eine Egge, d) ein Paar Zugketten und 2 Pflugketten. e) ein vollständiges Pferdegeschirr für ein Pferd.

VIII. An Bestialien:

a) ein Pferd von 12 Jahr taxiert zu 20 r (Reichstaler), b) drei Milch gebende Kühe, c) 3 Rinder, ein 2jähriges und ein jähriges, d) 7 Gänse und 6 Hühner.

IX. An Passivis

werden insgesamt angegeben 15 rth. frkf. C (Reichstaler Frankfurter Kurant).

also aufgenommen Bochum, d. 25. Oktober 1793.
Diese ††† hat die Witwe Darve selbst gezogen[6]
Balt.



Zwischen der Witwe Jobann Heinrich Darve in der Bickerdörne geborne Stratmann als Braut und dem Wilhelm Varsmann in der Braubauerschaft als Bräutigam ist unter Bewilligung beiderseitiger Anverwandten, auch Zustimmung der über der Braut erster Ehekinder

Johann Heinrich 8 Jahr,[7]
Gerdruth 4 Jahr[8] und
Anna Maria 2 Jahr alt [9]

erwählten Vormünder Johann Heinrich Darve und Johann Hermann Stratmann genannt Kleine=Albenhausen nachstehende Eheberedung getätigt und geschlossen worden.

  1. Nimmt die Braut ihren Bräutigam zu sich auf den in Pacht und Leibgewinn unterhabenden Darven Kotten und bringet diesen nebst dem in dem Inventario verzeichneten Vermögen mit in diese Ehe.
  2. Bringet der Bräutigam in diese Ehe den Brautschatz und zwar an Gelde vierzig Reichstaler gangbar Geld, ingleichen vier Scheffel Gerste, zwei Scheffel Roggen und zwei Scheffel Weizen, nicht weniger eine Milch gebende Kuh und ein Rind, nebst zwei mageren schweinen, auch einen unsträflichen Brautwagen, wie auch ein Bette mit Zubehör und zwei flachsen Laken: sodann an verdienten Lohn und was sich sonst ersparet: fünfzig Rth. gangbar Geld.
  3. Behalten angehende Eheleute die Haushaltung und Verwaltung des Darven=Kotten a Dato noch 25 Jahre dergestalt, daß falls die jetzige Braut vor ihrem Bräutigam binnen diesen Jahren versterben möchte, es dem Letztern freistehen solle, sich mit gutsherrlicher Einwilligung und Zustimmung deren Vormundes anderweit auf dem Kotten zu verheiraten.
  4. Verpflichten sich angehende Eheleute ihren alten Schwiegervater, den Johann Heinrich Darve, bis zu seinem Ende frei zu beköstigen, auch denselben mit nötigen Kleidungsstücken sowohl Linnen als Wollen zu versehen, überdem demselben jährlich zwei Rth. gangbar Geld als einen Taschenstüber zu reichen, wogegen verselbe auch des Kottens Beste nach seinen Kräften wird befördern helfen.
  5. Ist zwischen den vorhandenen und denn in künftiger Ehe zu erzielenden Kindern eine völlige Einkindschaft beliebet und festgesetzt worden.
  6. Setzet der jetzige Bräutigam hiermit unwiderruflich fest, daß wenn auch diese Ehe mit keinen Kindern gesegnet werden möchte, mithin er ohne Erben vor seiner Braut versterben möchte, mithin er ohne Erben vor seiner Braut zu sterben kommen sollte, dennoch diese und ihre vorhandenen Kinder sein § 2 bemerktes sämtliches Vermögen allein haben und behalten, mithin nicht schuldig sein sollen, das Mindeste an seine Verwandten auszukehren oder zurückzugeben, und wird hier dem § 5 noch beigefügt, daß die vorhandenen Kinder bis auf das Letztlebende das Vorrecht am Kotten haben.
  7. Soll es dem ältesten Kinde, und falls dieses versterben möchte, den übrigen freistehen, zur Zeit der Großjährigkeit und wenn das 25. Jahr erreichet, sich mit Eltern und Vormünder Bewilligung auf dem Kotten zu verheiraten, und nebst freier Beköstigung und Kleidung des Kottens Beste helfen befördern.
  8. Wenn nach Verlauf der stipulaten Jahre die jetztgen angehenden Eheleute die Haushaltung abtreten, so behalten sich selbige nebst frei Essen und Trinken, so gut es künftige Besitzer haben, ein Scheffel Landes in dem Emscherkamp, wie auch zwei Stücke Gartenland mit dem Versprechen, dagegen des Kottens Beste nach ihren Kräften zu suchen.

Uebrigens verpflichten sich angehende Eheleute, die vorhandenen Kinder fleißig zur Kirche und Schule zu halten, hart in allem Guten zu erziehen.
Nachdem nun vorstehende Ehepakten den anwesenden Interessenten deutlich vorgelesen und genehmigt worden, so haben selbige diese Ehepakten so weit Schreibens erfahren unterschrieben, von den übrigen aber sind 3 † unterzeichnet worden.
So geschehen Bochum, d. 20. Oktober 1793.
Diese 3 ††† hat die Braut Witwe Darve gezogen,
Diese 3 ††† hat der Bräutigam gezogen.
Diese 3 ††† hat der Vormund Darve gezogen.
Balt.
Kleine=Abenhausen als Vormund.


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Quellen

  1. Vgl. Onlineausgabe auf Zeitpunkt.nrw
  2. Anna Hendrina Maria geb. Stratmann ~ 10. April 1751 in Eickel † um 1843
  3. verheiratet am 18. November 1785 in Eickel
  4. vorläufige Zusammenfassungen der Sache, jedoch mit Ausnahme des jeweiligen Rechts
  5. anstatt feierlich zu bestätigen
  6. Anmerkung 2025: Sie war dem schreiben also unkundig.
  7. Johann Henrich Darfe ~ 23. Juni 1785 in Eickel
  8. Catharina Gertrud Darfe * 27. Mai ~ 31 Mai 1889 in Eickel
  9. ∞ 1819 Georg Heinrich Nöthe gen. Engbert in Herne